Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
ihn nicht fallen! Gib ihn mir!« Schmerz und große Furcht lagen in ihrer Stimme, die den Unhold freuten und anstachelten.
Er lachte leise, während Joshua plötzlich aus seiner Trance erwachte. Seine Züge verzerrten sich vor Angst, und er schrie auf.
Dann rief er nach Alexandria, die seine einzige Rettung war. Der Unhold wehrte Alexandria mühelos mit einer Hand ab, während er Joshua über dem Meer baumeln ließ.
Sie zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. »Gib ihn mir. Du brauchst ihn nicht. Er ist doch nur ein Kind.«
»Aber er ist sehr wichtig, denn nur er kann mir zu deiner Einwilligung verhelfen.« Der Wahnsinnige lächelte und hob Joshua wieder auf die Klippe zurück. Er machte eine Handbewegung, und der Junge hörte auf zu schreien, einmal mehr im Bann dieser bösen Kreatur. »Du wirst bei mir bleiben und zu dem werden, was ich bin.
Gemeinsam werden wir über mehr Macht verfügen, als du dir vorstellen kannst.«
»Aber ich will überhaupt keine Macht«, protestierte Alexandria und arbeitete sich vorsichtig näher an den Mörder heran. »Warum behauptest du, dass ich diejenige bin, nach der du gesucht hast? Bis heute Abend wusstest du überhaupt nicht, dass ich existiere. Du kennst ja nicht einmal meinen Namen.«
»Alexandria. Es ist leicht, die Gedanken des Jungen zu lesen.
Zwar bestehst du darauf, mich als Sterblichen anzusehen, doch ich bin so viel mehr als das.«
»Was bist du?« Alexandria hielt den Atem an. Sie fürchtete sich vor seiner Antwort, denn tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie keinen Menschen vor sich hatte. Er war tatsächlich das Ungeheuer 26
aus den alten Legenden. Er konnte Gedanken lesen und Menschen hypnotisieren, um sie zu sich zu locken. Er hatte Henry das Herz herausgerissen, einer Frau das Genick gebrochen und einer anderen das Blut aus dem Körper gesaugt - vor Alexandrias Augen. Kein Zweifel, sie hatte es nicht mit einem Menschen zu tun.
»Ich bin der Albtraum der törichten Sterblichen, der Vampir, der sich von ihrem Blut ernährt. Du bist die Frau, die an meiner Seite an meiner Macht teilhaben wird.«
Er schien es völlig ernst zu meinen, und Alexandria schwankte zwischen einem Weinkrampf und hysterischem Gelächter. Selbst Thomas Ivan hätte keinen so bizarren Dialog erfinden können.
Dieser Mann schien tatsächlich zu glauben, was er sagte. Schlimmer noch, auch Alexandria begann allmählich, ihm zu glauben.
»Das . . . das ist kein Leben für mich.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern, und sie konnte nicht fassen, dass sie mit einer so unsinnigen Äußerung versuchte, Joshuas und ihr eigenes Leben zu retten. Doch welche Antwort gab es schon auf diesen Wahnsinn?
»Glaubst du, dass du mich ungestraft verspotten kannst?« Er umklammerte Joshuas Schultern so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Alexandria schüttelte den Kopf und versuchte, Zeit zu gewinnen.
»Nein, ich meine es ernst. Ich liebe den Sonnenschein, und Vampire treiben sich ja hauptsächlich nachts herum. Ich trinke meistens nicht einmal Alkohol, von Blut ganz zu schweigen. Aber ich kenne eine Bar, in der du viele Frauen finden kannst, die solche Sachen mögen.
Sie tragen schwarz, beten den Teufel an und behaupten, dass sie das Blut ihrer Freundinnen trinken. Ich dagegen bin viel zu konservativ.«
Wie war es möglich, dass sie hier in aller Seelenruhe eine Unterhaltung mit einem wahnsinnigen Mörder führte? Wo blieben die Sicherheitskräfte? Hatte denn niemand Henrys Leiche gefunden?
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Wieso kam ihr niemand zu Hilfe? Und wie lange würde es ihr gelingen, den Unhold abzulenken?
Sein leises Gelächter verhöhnte sie. »Niemand wird dich retten, meine Liebe. Ich kann die Sterblichen nicht nur zu mir bringen, sondern auch von mir fern halten.«
»Warum ich?«
»Es gibt nur wenige Frauen wie dich. Dein Geist ist sehr stark, deshalb kannst du auch nicht kontrolliert werden. Du kannst wirklich hellsehen, nicht wahr? Nur eine Frau wie du kann meine Gefährtin werden.«
»Ich weiß nicht, ob ich diese Fähigkeit besitze. Manchmal weiß ich Dinge, die andere Leute nicht wissen«, gestand Alexandria ein und fuhr sich nervös durchs Haar. »Ich wusste zum Beispiel, dass du hier bist, falls du darauf anspielst.« Irgendjemand würde sie hier finden. Sicherlich suchte Thomas Ivan schon nach ihr. »Bitte lass mich Joshua nach Hause bringen . . . oder wenigstens an einen sicheren Ort. Du brauchst ihn nicht, schließlich geht es dir um mich.
Und ich verspreche dir,
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