Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
der Sand, auf dem Joshua und sie lagen, wurde bereits vom Salzwasser überspült. »Wir können nicht hier bleiben. Wenn die Flut kommt, werden wir ertrinken.« Das Sprechen fiel Alexandria schwer. Sie hielt Joshuas Kopf in ihrem Schoß und stellte dankbar fest, dass er nichts von den Geschehnissen zu bemerken schien.
»Die Höhle führt bergauf in den Felsen hinein. Je tiefer man hineingeht, desto trockener wird es.« Yohenstria legte den Kopf zur Seite und betrachtete Alexandria. »Du wirst leider einen unangenehmen Tag verbringen müssen, meine Liebe. Ich vertraue dir noch nicht genug, um dich bei mir zu haben, während ich schlafe, aber ich kann dich auch nicht frei in der Höhle herumlaufen lassen. Zwar glaube ich nicht, dass du von hier entkommen kannst, aber bisher bist du einfallsreicher gewesen, als ich dir zugetraut hatte. Also lässt du mir keine andere Wahl, als dich in der Höhle anzuketten. Es wird etwas feucht werden, doch ich bin mir sicher, dass du es überstehst.«
»Warum tust du das alles? Was versprichst du dir davon?
Warum tötest du uns denn nicht einfach?«, fragte Alexandria verzweifelt.
»Ich habe nicht die Absicht, dich sterben zu lassen. Ganz im Gegenteil. Du wirst werden wie ich, mächtig und unersättlich. Wir werden gemeinsam herrschen und unbesiegbar sein. Niemand wird in der Lage sein, uns aufzuhalten.«
»Aber muss ich mich dir denn nicht freiwillig anschließen?«, protestierte Alexandria hastig. Sie würde auf keinen Fall ein Leben mit ihm akzeptieren. Er würde sie schon dazu zwingen müssen. Es gab absolut nichts, mit dem er sie davon überzeugen konnte, seine abscheuliche Existenz mit ihm zu teilen. Doch während sie sich an 33
diesem Gedanken festhielt, spürte sie, dass sich Joshua in ihren Armen regte.
Der Vampir blickte auf sie hinunter. »Das wirst du auch, meine Liebe. Irgendwann wirst du um meine Aufmerksamkeit betteln, das kann ich dir versprechen.« Er beugte sich hinunter, packte Alexandrias Arm und zerrte sie auf die Beine.
Sie schwankte im Wind, während ihr die Gischt ins Gesicht spritzte, hielt Joshua jedoch noch immer mit aller Kraft fest.
Paul schüttelte den Kopf. »Für eine Sterbliche bist du wirklich ungewöhnlich stark. Dein Geist ist sehr widerstandsfähig gegen Kontrolle und Beeinflussung. Ein sehr interessanter Fall. Aber du solltest meine Geduld nicht zu sehr auf die Probe stellen, meine Liebe. Ich kann sehr grausam sein, wenn man mich provoziert.«
Alexandria hätte am liebsten laut aufgeschluchzt. Wenn sein Verhalten im Augenblick bedeutete, dass er geduldig mit ihr war, wollte sie sich nicht einmal vorstellen, was er unter Grausamkeit verstand. »Irgendjemand wird die drei Frauen vermissen. Man wird ihre Leichen finden. Und Henrys auch.«
»Wer ist Henry?«, hakte er misstrauisch nach. »Das sollten Sie wissen, schließlich haben Sie ihn umgebracht.«
»Ach, der törichte alte Mann? Er war mir im Weg. Außerdem hatte ich dich im Restaurant aufgespürt, fühlte aber deinen Widerstand. Irgendwie musste ich ja deine Aufmerksamkeit erregen.
Der alte Mann und der Junge gehörten zu dir. Sie erfüllten ihren Zweck.«
»Haben Sie Henry deshalb umgebracht? Weil Sie wussten, dass ich ihn mochte?«, fragte Alexandria entsetzt, während sie innerlich zu verbrennen schien. Das Blut des Vampirs verströmte eine schmerzhafte, abscheuliche Hitze in ihrem Körper. In ihrem Herzen aber trauerte Alexandria um ihren alten Freund Henry.
»Ich kann nicht zulassen, dass dich die Überbleibsel aus deinem alten Leben ablenken. Du gehörst mir, mir allein. Ich werde dich mit niemandem teilen.«
34
Alexandrias Herz klopfte schneller, und sie drückte Joshua unwillkürlich an sich. Der Vampir würde ihren Bruder irgendwann ermorden. Offensichtlich hatte er nicht die Absicht, den Jungen zu einem Teil des Lebens zu machen, das er sich vorstellte. Sie musste einfach einen Weg finden, Joshua zu befreien. Wieder schwankte sie und wäre gestürzt, wenn Yohenstria sie nicht festgehalten hätte.
»Das Sonnenlicht wird nicht so weit in die Höhle dringen, dass es dich verbrennen könnte. Komm, wir müssen hineingehen, ehe der Tag anbricht.«
»Ich darf mich nicht in der Sonne aufhalten?«
»Du wirst leicht einen Sonnenbrand bekommen. Noch ist die Verwandlung nicht ganz vollzogen.« Ohne sich darum zu kümmern, dass Alexandria sich kaum auf den Beinen halten konnte, zerrte der Vampir sie mit sich, während sie Joshua noch immer fest in den Armen hielt. Er verhielt
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