Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
Ihr alle sagt mir zwar, dass er gesund und munter ist, doch woher soll ich wissen, ob das stimmt?«
Marie strich ihr einige feine blonde Strähnen aus der Stirn.
»Aidan lügt nicht. Er würde einem Kind niemals etwas antun. Im Gegenteil, er riskiert jeden Tag sein Leben, um die Menschheit vor Vampiren zu beschützen.«
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»Gibt es diese Kreaturen wirklich? Vielleicht plagt mich ja nur ein schrecklicher Albtraum, aus dem ich nicht erwachen kann. Oder vielleicht habe ich hohes Fieber und Wahnvorstellungen.«
Alexandrias Stimme klang hoffnungsvoll. »Wie könnten Vampire in unserer Gesellschaft existieren, ohne dass man etwas davon wüsste?«
»Weil es Jäger wie Aidan gibt, die sie von ihrem Treiben abhalten.«
»Wer ist Aidan eigentlich? Ist er nicht auch ein Vampir? Ich habe gesehen, wie er sich von einem Vogel in einen Menschen und dann in einen Wolf verwandelt hat. Ihm sind Fänge und Klauen gewachsen. Er trank mein Blut, und ich weiß, dass er mich töten wollte. Allerdings ist mir nicht klar, warum er seine Meinung geändert hat.« Plötzlich spürte Alexandria ein heftiges Brennen in ihrem Körper, und jeder einzelne Muskel schien sich schmerzhaft zusammenzukrampfen. Selbst das dünne Laken, das Aidan über sie gebreitet hatte, fühlte sich schwer und viel zu warm an.
»Aidan wird dir alles erklären, aber ich versichere dir, dass er kein Vampir ist. Ich kenne ihn schon, seit ich ein junges Mädchen war. Er hat mich aufwachsen und eine Familie gründen sehen, und nun bin ich alt geworden. Er ist ein mächtiger, gefährlicher Mann, doch nicht für diejenigen, die zu ihm gehören. Er wird dir niemals Leid zufügen, sondern dich ohne Zögern mit seinem Leben verteidigen.«
Alexandria geriet in Panik. Sie wollte nicht zu Aidan Savage gehören, wusste aber, dass er sie niemals gehen lassen würde.
Schließlich wusste sie viel zu viel über ihn. »Ich will nicht länger hier bleiben, außerdem brauche ich dringend einen Arzt.«
Marie seufzte. »Kein Arzt kann dir jetzt helfen, Alex. Nur Aidan kann das. Er ist ein großer Heiler. Man sagt, dass es nur einen gibt, der noch besser ist als er.« Sie lächelte. »Aidan wird bald zurückkommen und deine Schmerzen lindern.«
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Ihr Körper wurde von einem so plötzlichen und heftigen Krampf geschüttelt, dass Alexandria beinahe vom Bett gefallen wäre. Sie schrie auf. »Du musst einen Arzt rufen, Marie, bitte! Du bist doch ein Mensch wie ich, oder nicht? Du musst mir helfen. Ich will nach Hause! Bitte, ich will einfach nur nach Hause!«
Mit aller Kraft versuchte Marie, sie auf dem Bett festzuhalten, doch die Schmerzen waren so groß, dass sich Alexandrias Körper wieder heftig zusammenkrampfte und sie vom Bett fiel.
Kapitel 4
Aidan ging durch die dunklen Straßen und atmete die Nachtluft ein. Eine leichte Brise ging und ließ ihn Beute wittern. In einer nahe gelegenen, schmalen Seitenstraße spürte er die Anwesenheit dreier Männer. Aidan roch ihren Schweiß und hörte ihr rohes Gelächter.
Sie waren Straßenräuber, die darauf lauerten, dass ihnen irgendeine verirrte Seele in die Arme lief.
Mit jedem Schritt wurde Aidans Hunger größer, und der Dämon in ihm erwachte, sodass sich das Bedürfnis, Nahrung aufzunehmen, wie ein brennend roter Schleier über jeden Gedanken legte. Er witterte die Nacht. Es hatte etwas gedauert, bis er sich an die Anblicke und Geräusche der Stadt gewöhnt hatte. Der Meeresduft, der vom Wind herangetragen wurde, der dichte Nebel und der Rhythmus des Nachtlebens waren so anders als in seiner Heimat.
Doch irgendjemand musste die Vampire unschädlich machen. Als die Untoten erfahren hatte, dass sie ihre Heimat verlassen konnten, um der Bestrafung durch die Karpatianer zu entgehen, hatten sie sich in alle Winde zerstreut. Aidan war freiwillig aus den Karpaten nach Amerika gekommen, um die Menschen dort zu beschützen. Er 69
hatte sich in San Francisco niedergelassen und betrachtete die Stadt mit ihren unterschiedlichen Menschen inzwischen als sein Zuhause.
In San Francisco gab es viele Museen, Theater und eine Oper.
Außerdem fiel es Aidan nie schwer, Nahrung zu finden. Lautlos näherte er sich der Seitenstraße. Die drei Gangster gingen auf und ab und flüsterten miteinander, ohne zu bemerken, dass Aidan sie beobachtete. Ihre Stimmen hallten laut durch seinen Kopf, obwohl er sein Gehör vermindert hatte, um die unzähligen Eindrücke zu mil-dern, die auf seine Sinne einstürzten. Die vielen Wahrnehmungen, intensiven
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