Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
hustend.
Sanft drückte Aidan ihren Kopf nach vorn. »Atme, cara. Es ist nicht so schwer, wie du denkst. Ein und aus. Ruhig weiteratmen.
Marie, bitte bring Joshua ins andere Zimmer.«
»Was ist denn mit Alex?«, fragte Josh ängstlich.
Alexandria kämpfte verbissen gegen die Panik an. Sie würde es nicht zulassen, dass Joshua in diesen Wahnsinn hineingezogen wurde. Sie richtete sich auf und lächelte I ihm zu, schwach, aber liebevoll. »Alles in Ordnung, ich | bin nur noch etwas wackelig, wie Aidan gesagt hat. Viel- | leicht hat er Recht, obwohl ich ihm diese Genugtuung eigentlich nicht gönnen wollte. Er ist sowieso schon viel zu überheblich. Geh mit Marie, kleiner Bruder. Ich bleibe hier sitzen und ruhe mich aus, bis ich den Weg ins Bett schaffe.«
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Joshuas Augen blitzten. »Aidan kann dich doch tragen. Er ist sehr stark. Er könnte es bestimmt tun, weißt du, wie im Film.« Joshua erwärmte sich immer mehr für den Einfall.
»Klar könnte ich das.« Aidan zwinkerte dem Jungen zu.
Er sah so sexy aus, dass es Alexandria schon wieder den Atem zu rauben schien. »Ich glaube, das lassen wir lieber«, erklärte sie streng.
Aidan stand plötzlich ganz still und schien sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf die Anwesenden. Alexandria spürte es auch
- eine Störung in der Atmosphäre, etwas Böses, das langsam, aber sicher auf sie zukam. Es schien sich wie ein dunkler Fleck am Himmel auszubreiten, und die Luft im Zimmer wurde so stickig, dass Alexandria kaum atmen konnte. Sie hörte ein Flüstern in ihrem Geist, eine Beschwörung in einer fremden Sprache, die sie nicht verstand, deren Bedeutung ihr aber trotzdem klar wurde. Etwas rief nach ihr und wollte sie aus dem Haus locken.
Ein leiser Angstschrei entrang sich ihrer Kehle, kaum hörbar, außer für Aidan, der sich sofort zu ihr umwandte. Angstlich klammerte sich Alexandria an seinen Arm. Er ist da draußen.
Beschützend zog sie Joshua an sich und drückte ihn dabei zu fest, ohne es zu bemerken.
Lass dir vor Joshua nichts anmerken, cara. Die Stimme, die ihren Geist erfüllte, war so klar und sanft, dass es Alexandria gelang, in dem Chaos aus Furcht und Verwirrung einen Kern der Stärke zu finden. Er kann nicht ins Haus gelangen. Er versucht nur, dich hinauszu-Alexandria hielt sich an Aidans Arm fest. Sie atmete tief durch und lächelte Joshua zu. Verwundert blickte der Junge sie mit seinen großen blauen Augen an. Auch Marie und Stefan beobachteten Alexandria besorgt.
Sanft löste Aidan den Jungen aus ihrem Griff. »Marie, Stefan, schließt bitte sofort alle Türen und Fenster und bringt dann Joshua ins Bett.«
Das Ehepaar reagierte ohne Zögern. Es hatte schon einmal einen Angriff gegeben, und sie wussten um die Gefahr, auch wenn sie sie 127
nicht so spüren konnten wie Aidan und Alexandria. Hastig ließen sie Joshua Gute Nacht sagen.
»Behaltet Joshua heute Nacht bei euch. Ich muss noch weg«, erklärte Aidan, als die drei das Zimmer verließen. Dann strich er Alexandria zärtlich über die Wange. »Cara, ich muss draußen nach ihm suchen und dafür sorgen, dass er uns nicht mehr bedroht. Du bleibst hier. Falls mir etwas zustoßen sollte, musst du mit Joshua nach Europa reisen, in die Karpaten. Dort suche nach einem Mann namens Mikhail Dubrinsky. Stefan und Marie werden dir dabei helfen. Versprich mir, dass du es tun wirst.« Nur so kannst du Joshua in Sicherheit bringen. Er verriet ihr nicht, dass die Verbindung zwischen ihnen schon so stark war, dass sein Tod auch ihr Überleben gefährden würde. Aidan erlaubte sich nicht einmal, darüber nachzudenken. Er durfte nicht sterben. Nicht, nachdem er gerade den Sinn seines Lebens gefunden hatte.
Aidans Stimme, sein Blick und sein Einfluss auf ihre Gedanken waren so unwiderstehlich, dass Alexandria zögernd nickte. Obwohl sie nicht wusste, wer Aidan Savage war oder was er mit ihr vorhatte, wollte sie nicht, dass er das Haus verließ und nach der Kreatur suchte, die in der Dunkelheit lauerte.
»Ich dachte, Paul Yohenstria sei tot«, flüsterte sie. Ihre Furcht erschien ihr wie ein lebendiges, eigenständiges Wesen in ihrem Innern.
Er ist tot, cara. Es gibt noch einen anderen. Aidans Worte waren nur in ihren Gedanken zu hören, und zum ersten Mal erkannte Alexandria die telepathische Verbindung zwischen ihr und diesem geheimnisvollen Mann. Er konnte mit ihr sprechen und jederzeit ihre Gedanken lesen. So wie du meine lesen kannst. Du kannst mich jederzeit finden, wenn du nach mir suchst.
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