Karparthianer 04 Magie des Verlangens
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aber versuche nicht zu fliehen. Ich bin am Ende meiner Kräfte.
Ich empfinde für niemanden außer dir irgendetwas. Es wäre sehr gefährlich.«
»Also soll ich mein Leben aufgeben, damit du deins weiter-führen kannst ?«Ihre Tränen tropften auf ihren Handrücken.
»Du kannst auch nicht ohne mich leben, Savannah. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Einsamkeit dich zerstören würde.«
Er hob ihre Hand an seine Lippen und kostete ihre Tränen.
Dann senkte er die Stimme. »Leugne es nicht, Savannah. Ich kann spüren, wie Sehnsucht und Einsamkeit in dir wachsen.«
Savannahs Herz klopfte schneller, als Gregori mit der Zungenspitze ihre Fingerknöchel liebkoste. Sie war fest entschlossen, sich von seiner angeborenen Sinnlichkeit nicht verführen zu lassen, so sehr ihr Körper auch nach ihm verlangen mochte.
«Und wie viel Zeit bleibt mir, bis das geschieht, Gregori? Ein, zwei Jahrhunderte, fünf? Noch mehr? Du weißt es nicht, stimmts? Das kommt daher, dass unsere Frauen nicht selbst ihr Schicksal bestimmen dürfen. Keiner von uns sollte für das Leben des anderen verantwortlich gemacht werden.«
»Wir sind Karpatianer, ma petite, keine Menschen, auch wenn dich deine Mutter nach der Art der Sterblichen erzogen hat. Ich trage die Verantwortung für dein Leben und du für meins. So lebt unser Volk nun mal, und nur so können wir die Sterblichen vor unserer dunklen Seite beschützen. Unsere Frauen werden geliebt, beschützt, respektiert und wie die Schätze behandelt, die sie sind.« Gregori rieb sein Kinn über Savannahs Kopf, und sie fühlte sich seltsam getröstet von der Liebkosung. Eine Haarsträhne fing sich in Gregoris Bartstoppeln, sodass die beiden noch enger miteinander verbunden waren. »Was ist nur in deine Mutter gefahren, dass sie dir diesen Unsinn der Sterblichen in den Kopf gesetzt hat, anstatt dich auf deine wahre Bestimmung vorzubereiten.«
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»Warum hältst du es für Unsinn? Weil sie wollte, dass ich selbst entscheiden kann, was ich will? Dass ich mein eigenes Leben bestimmen und Freiheit erleben kann? Ich will niemandem gehören.«
»Keiner von uns kann es sich aussuchen, Savannah.« Gregori drückte sie fester an sich, und sein warmer Atem strich über ihr Ohr. »Gefährten werden füreinander geboren. Und Freiheit ist ein Wort mit vielen Bedeutungen.« Gregoris Stimme klang so wunderschön und sanft, dass sie nicht zu seinen nüchternen Worten zu passen schien. »Schlaf jetzt und vergiss deine Ängste für eine Weile.«
Savannah schloss die Augen, als sie Gregoris Lippen sanft an ihrem Hals spürte. Sie genoss seine Liebkosung, ließ sich ganz von dem Gefühl einhüllen und verabscheute sich dafür. »Du solltest schlafen, Gregori. Ich möchte nachdenken.«
Gregori streifte ihre Haut mit den Zähnen, an der Stelle, an der ihr Puls flatterte. Dann liebkoste er Savannah mit der Zungenspitze. »Ich möchte nicht, dass du grübelst, ma petite.
Höre auf mich, oder ich muss dich in Schlaf versetzen.«
Savannah wurde blass. »Nein!« Wie alle Karpatianer wusste auch Savannah, wie verwundbar sie sein würde, wenn die Sonne aufging und sie einschlief. Wenn Gregori sie wirklich in den tiefen Schlaf der Karpatianer versetzte, wäre sie ganz in seiner Gewalt. »Ich werde schlafen.« Savannah verlangsamte ihren Atem und Herzschlag.
Gregori lag neben ihr und konzentrierte sich auf die Hauseingänge, die er mit uralten wirkungsvollen Zaubersprüchen sicherte. Danach kümmerte er sich um die Gatter der Wolfs-gehege. Sie öffneten sich, und die Wolfsmischlinge schwärmten aus, um die oberen Stockwerke des Hauses und das Grundstück zu bewachen. Savannah glaubte noch immer, ihm entkommen zu können, doch sie ahnte nicht, wie mächtig er 42
wirklich war. Da Gregori sich geschworen hatte, Savannah niemals anzulügen, wollte er sie nicht mit schönen, aber leeren Worten beruhigen. Sein grenzenloser Wissensdurst hatte ihn all die Jahrhunderte der Finsternis halbwegs unbeschadet überstehen lassen. Er hatte auf Savannah, seine Gefährtin, gewartet, noch bevor sie zur Welt gekommen war. In dem Augenblick, in dem er Mikhail Dubrinskys Gefährtin Raven berührt hatte und ihr sein altes, heilendes Blut gegeben hatte, um ihr Leben zu retten und die Wunden zu heilen, die ihr einige törichte Vampirjäger zugefügt hatten, hatte er gewusst, dass sie seiner Gefährtin das Leben schenken würde. Das Kind, das in ihr heranwuchs, würde eines Tages ihm gehören. Und Gregori hatte alles getan, um dafür
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