Karparthianer 04 Magie des Verlangens
niemand hier, Mr. Carter«, berichtigte Gregori. »Nur Sie und ich. Da wollte ich rasch einen Blick in ihren Kopf werfen.« Er senkte die Stimme um eine Oktave, bis sie wieder sanft, überzeugend und völlig unwiderstehlich klang.
Carter brach der Schweiß aus. »Das lasse ich nicht zu!«, protestierte er, beugte sich aber gleichzeitig vor und starrte in Gregoris silbrig glitzernde Augen. Dabei sollte er doch angeblich vor telepathischen Übergriffen geschützt sein! Alle Mitglieder des Bundes verfügten über diesen Schutz. Die Stimme eines Vampirs konnte ihnen nichts anhaben, und sie waren auch nicht mit Blicken zu hypnotisieren. Niemand vermochte ihre Gedanken zu lesen oder ihnen die Erinnerungen zu rauben. Um sich gegen diese abscheulichen Tricks zu wappnen, hatten sich alle Bundesbrüder langen Hypnosesitzungen unterzogen. Außerdem arbeiteten sie seit dreißig Jahren an einem wirksamen Mittel gegen die Untoten. Wissenschaftler, erstklassige Wissenschaftler, hatten mithilfe von echtem Vampirblut eine Formel entwickelt.
Gregori durchbrach die erstaunlich starke geistige Barriere und untersuchte Carters Gedanken. Er entdeckte die For-schungsergebnisse der Vampirjäger und erfuhr, dass sie darauf brannten, ein lebendes Versuchsobjekt zu finden. Sie hatten das Blut einiger ihrer Opfer an sich gebracht, die sie vor dreißig Jahren gefoltert und ermordet hatten. Gregori atmete scharf ein.
Die Mörderbande war davon überzeugt, ein Mittel gefunden zu haben, das ihre Opfer kampfunfähig machte. Sie sollten gefangen, eingesperrt und nach Belieben untersucht und seziert werden. Dem Geheimbund gehörten viel mehr Sterbliche an, als die Karpatianer je geahnt hatten.
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Als Gregori die telepathische Verbindung löste, ließ er Carter absichtlich wissen, dass er sich Informationen beschafft hatte.
Carter fluchte und zog die Betäubungspistole. Die Pfeilspitze traf Gregori dicht über dem Herzen. Er spürte, wie die dünne Nadel in seine Haut drang und das Gift in seinem Blutstrom freisetzte.
Gregori! ertönte Savannahs entsetzter Aufschrei in seinen Gedanken. Lass mich zu dir kommen. Sie versuchte, die unsichtbare Mauer des Schutzzaubers zu überwinden, die er um sie errichtet hatte.
Beruhige dich, ma petite. Glaubst du etwa, dass ich es nicht darauf abgesehen hatte, dass dieser Dummkopf mich mit seinem Giftpfeil trifft? Ich bin der Heiler unseres Volkes. Wenn diese Organisation etwas besitzt, das uns schaden kann, muss ich ein Gegenmittel finden.
Verzweifelt kämpfte Savannah gegen die Blockade an, um zu Gregori zu gelangen. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie hatte Angst vor ihrer eigenen Hilflosigkeit. Das Gift verursachte Gregori Schmerzen und lähmte ihn allmählich, während es sich in seinem Blut ausbreitete. Krämpfe, Schweißausbrüche, Muskelzittern. Savannah fühlte mit ihm und war wütend über ihre eigene Unfähigkeit, zu ihm zu gelangen und ihm zu helfen.
Gregori blieb so ruhig und gelassen wie immer und studierte die chemische Zusammensetzung mit wissenschaftlichem Interesse. Er schenkte dem triumphierenden Reporter kaum Beachtung, sondern versenkte sich in seinen eigenen Körper und verfolgte den Weg des Gifts durch seine Adern.
Carter wäre vor Freude am liebsten auf und ab gesprungen, woran ihn seine prekäre Position auf der Mauer allerdings hinderte. Natürlich wusste er nicht, wie er den großen, kräftigen Mann in sein Auto schaffen und zum Labor transportieren sollte. Er würde seine Freunde anrufen müssen. Aber ansonsten war alles so einfach gewesen! Die Leute im Labor hatten Recht 187
behalten, das Gift wirkte großartig. All die Jahre der Forschung zahlten sich endlich aus. Und er würde den Ruhm ernten.
Er bohrte die Spitze seines Messers in Gregoris Brust, bis Blut aus der Wunde trat. »Du bist ja gar nicht mehr so selbstherrlich, Vampir«, höhnte er. »Und auch nicht mehr so eindrucksvoll.
Fühlst du dich ein wenig unwohl?« Er lachte leise. »Ich habe einmal gehört, dass die älteren Vampire Schmerz intensiver empfinden.« Wieder benutzte er das Messer und öffnete die kleine Stichwunde zu einem langen Schnitt. »Hoffentlich stimmt es. Ich hoffe, dass du einen langsamen, qualvollen Tod stirbst, wenn die Wissenschaftler dich in die Finger bekommen.
Und vergiss dabei nicht, wer in der Zwischenzeit mit Savannah spielt. Ich habe schon Pläne für deine kleine Hure.« Carter beugte sich vor, um Gregori in die Augen zu sehen. »Es ist nichts Persönliches, verstehst du? Alles
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