Karpatenfürst - Landers, K: Karpatenfürst
Messer zuckte. Ihre Fangzähne ragten bereits über die Unterlippen hinaus.
„Zieh dich aus“, befahl Petre dem Jungen. Roman schüttelte den Kopf und schluchzte. Dann versuchte er, sich umzudrehen, um dem Vampir zu entfliehen, doch der war schneller.
„Und bist du nicht willig, so …“
Den Satz beendete Petre nicht, denn Daniela sprang schützend vor Roman.
„Sich an Kindern zu vergreifen, ist leicht. Aber kannst du es auch mit einem Größeren aufnehmen?“ Sie baute sich vor Petre auf und sah ihn drohend an.
Fast hätte sie über das verdutzte Gesicht ihres Gegenübers gelacht, der es anscheinend nicht gewohnt war, wenn ihm ein anderer Paroli bot.
Unzählige Male hatte sie Vampiren gegenübergestanden und ihren Blick erwidert, bevor sie ihnen der Garaus machte. Sie hatte nicht vor, es dieses Mal anders zu handhaben.
„Willst du dich etwa für den Kleinen anbieten?“ Ein süffisantes Lächeln umspielte seine schmalen Lippen.
„Renn zum Zelt“, presste Daniela hervor, ohne sich zu Roman umzuwenden. Zum Glück verstand der Junge sofort, drehte sich um und rannte zum Zelt der Alten.
Petre musterte Daniela mit unverhohlenem Interesse. Sein Blick glitt über ihren Körper, dessen Konturen unter der viel zu weiten Kleidung nur zu erahnen waren. Anscheinend gefiel ihm, was er sah, obwohl er die Nase über ihren Körpergeruch rümpfte.
„Ah, noch ein Knabe. Nicht übel, wirklich nicht übel, ein ausgesprochen hübsches Gesicht. Schläfst du zwischen den Ziegenböcken? Du stinkst. Die Huren sollten dich waschen.“
„Das geht dich gar nichts an.“
„Ah, jetzt verstehe ich. Der Gestank soll uns fernhalten.“ Wieder grinste er breit. Er trat auf sie zu und versuchte, mit seinem bezwingenden Blick ihr Handeln und Denken zu beeinflussen. Der einfältige Vampir ahnte wie die anderen nicht, dass seine vampirischen Fähigkeiten an ihr verpufften. Stattdessen gelang es ihr, in seinen Geist einzudringen. Die Bilder, die sie auffing, erfüllten sie mit Entsetzen. Dieser Petre hatte zahllose Kinder auf dem Gewissen. Er hatte sie missbraucht und von ihrem Blut getrunken. Daniela konnte die Angst seiner Opfer körperlich spüren, wie sie sich in ihrer Verzweiflung gegen ihn vergeblich wehrten. Sie hörte ihre Verzweiflungsschreie und dann die Stille nach ihrem letzten Atemzug. Unter den Opfern war auch Anna gewesen, Hanas vermisste Tochter. An dem Tag, an dem sie verschwand, waren die Dceras auf Vampirjagd gegangen und hatten das Kind und eine Gefährtin zum Schutz zurückgelassen. Die Dceras hatten sie mit zerschmettertem Kopf aufgefunden. Deutlich sah sie die großen, dunklen Augen vor sich, die sich vor Furcht weiteten. Tränen rannen über das schmutzige Kindergesicht. Nein, nicht Anna! Das war mehr, als sie ertragen konnte.
Daniela erstarrte, um den Vampir glauben zu lassen, dass er seine Wirkung nicht verfehlte. Sie musste ihn nur genügend herankommen lassen, um ihm das Silbermesser, das sie unter der weiten Jacke verbarg, in sein totes Herz zu stechen. Es war ihr schlagartig gleichgültig, ob sie seine Brut damit im Lager aufscheuchte und enttarnt werden konnte, sie musste Annas Tod rächen und ihren Mörder vernichten.
Der Vampir trat näher an sie heran, aber nicht nah genug. Anscheinend hielt ihn der Gestank auf Distanz. Nun komm schon, nur noch einen Schritt und es ist vorbei.
Warum zögerte er? Diese Frage wurde beantwortet, als er auf sie zusprang und zu Boden riss. Durch den schnellen Angriff verlor sie das Messer. Er kniete sich auf ihre Oberschenkel und drückte sie mit einer Hand auf ihrer Kehle zu Boden. Mühsam rang sie nach Luft. Mit der anderen riss er die Jacke auf, dass die Knöpfe durch die Gegend sprangen, und fingerte an der Knopfleiste ihres Hemdes.
Danielas Blick suchte das Messer. Es lag nicht weit von ihr entfernt. Hatte der Vampir es auch gesehen? Doch der schien mit dem Erkunden ihres Körpers beschäftigt zu sein. Das war ihre Gelegenheit.
Reiß dich zusammen und denk nicht an die schmierigen Finger dieses Blutsaugers.
Aber der Ekel in ihr schwappte immer wieder nach oben. Nur mit Mühe unterdrückte sie das stärker werdende Gefühl, um einen klaren Kopf zu bewahren, so wie es ihr auf der Jagd nach Vampiren immer gelungen war.
Langsam streckte sie ihren Arm weiter aus und ihre Hand tastete im Gras nach dem Messer. Ihre Fingerspitzen berührten die Klinge, aber es reichte nicht, um es zu greifen. Sie wagte einen kurzen Blick. Es fehlte nur ein Fingerbreit. Verdammt. Wie
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