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Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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fünf Flaschen Jack Daniels, sieben Flaschen Glennfiddich, einen Karton Bacardi, drei Flaschen Kaffeelikör, den Lin Sang so gerne trank, und zehn Kartons spanischen Rioja. Er durfte sofort aus seinem Dienstwagen aussteigen und seine fristlose Kündigung gleich in Empfang nehmen.
    Der Rausschmiss tangierte Toni in keinster Weise. Er kam seiner Rückkehr nach Röttenbach lediglich zeitlich etwas zuvor. Tang Kelin und er hatten die letzten Wochen detaillierte Pläne geschmiedet. Vielversprechende Pläne! Sie beschlossen, in das Geschäft mit verbotenen Fluorchlorkohlenwasserstoffen einzusteigen. Sie hatten sich bereits letztes Jahr darüber unterhalten. Damals aber eher oberflächlich in die Richtung »Was würde sein, wenn …«
    Zwischenzeitlich hatte es Tang Kelin, dieser Höllenhund tatsächlich geschafft, in ein Investitionsprojekt im fernen, fränkischen Röttenbach einzusteigen. Er wollte im Frankenland einen modernen Supermarkt eröffnen und betreiben – zum Schein. Eine große Lagerhalle sollte ebenfalls gebaut werden. Sie sollte zu einer Drehscheibe des europaweiten Vertriebs von FCKW werden. Für die Vertriebsorganisation hatte Tang Kelin bereits gesorgt. Nun brauchte er noch einen Supermarktleiter und Lagerverwalter, sowohl für die heiße Ware als auch für den Normalbetrieb.
    Toni Wellein war sofort Feuer und Flamme. Endlich konnte er es den Röttenbachern heimzahlen, die ihn immer nur verspottet und ihn einen Taugenichts genannt hatten. Seinen früheren Chef, diesen erzkonservativen, überkorrekten Johann Geldmacher, würde er in den Wahnsinn treiben. Dafür würde er, Toni Wellein, mit einer äußerst aggressiven Preisstrategie sorgen. Er würde die Röttenbacher FORMA-Filiale in den wirtschaftlichen Ruin treiben, er würde ihnen die Kunden scharenweise wegnehmen, und durch den Handel mit FCKW würde er bald in Geld schwimmen. Das war seine Forderung an Tang Kelin. Das hatte er mit dem Chinesen bereits vereinbart.
    Lin Sang kam mit nach Deutschland. Das war klar! Er hasste die deutschen, immer unpässlichen Frauen. Außerdem waren sie alle viel zu emanzipiert und kompliziert. Die Röttenbacher würden staunen. Er war der kommende Mann. Er würde diesen Fatzke Geldmacher, diesen Flachwichser, zeigen, was eine Harke ist. Das hatte er sich ganz fest vorgenommen. Er war wieder da, wieder im Spiel. Das Einzige, was ihn an der ganzen Angelegenheit störte, war die Tatsache, dass Tang Kelin ihm unter keinen Umständen erzählen wollte, wer die Vertriebsaktivitäten übernehmen würde.
    »Besser, du weißt nicht alles«, hatte er ihm nur gesagt, »wer nichts weiß, kann sich nicht verplappern.« Toni konnte damit leben, solange die Kohle stimmte.

    Umweltskandal

    Die Neun-Millionen-Einwohner-Metropole Harbin in der nordöstlichsten chinesischen Provinz Heilongjiang ahnte noch nichts von der Gefahr, welche auf sie zuströmte. Noch wuselten die Touristen um den Platz der 1907 erbauten russisch-orthodoxen Sophienkathedrale mit ihrem imposanten Zwiebelturm.
    Die Menschen drängten sich in der Fußgängerzone und erledigten ihre Einkäufe. Sonderangebote wurden aus einem Gewirr von Lautsprechern auf die belebten Straßen schreiend angepriesen. Spaziergänger machten sich auf ihren Weg zum Songhua Jiang-Fluss, an dessen Uferpromenade immer äußerste Betriebsamkeit herrschte. Von seiner Quelle im Changbai-Gebirge im chinesisch-nordkoreanischen Grenzgebiet, bis zu seiner Mündung in den russischen Grenzfluss Amur, legte der Songhua Jiangmehr als eintausendneunhundert Kilometer zurück. Die braunen Fluten des ruhig dahin fließenden Flusses waren es, welche die Stadt Harbin in den nächsten Tagen in helle Aufregung und Angst und Schrecken versetzen sollten. Was war geschehen?
    Viele hundert Kilometer flussaufwärts, unweit der Stadt Jilin , lag die marode Chemiefabrik der China National Petroleum Corporation im smogverhangenen Flussnebel. Es war früher Morgen. Die Arbeiter strömten, ihre klapprigen, alten Fahrräder vor sich her schiebend, durch die Werkstore. Die uniformierten Sicherheitsleute achteten streng darauf, dass sich kein Fremder Zugang zu dem Fabrikgelände verschaffte. Es war ein kühler Morgen, zu kühl für diese Jahreszeit. Überall auf dem Werksgelände, dampfte und zischte es aus Dutzenden von Rohren, Schornsteinen und Ventilen. Farbige Rauchfontänen schwängerten den eh schon smogverhangenen Morgenhimmel. Plötzlich erhellte eine grelle Feuersbrunst, gefolgt vom gewaltigen Donnerschlag einer

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