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Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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wie der Heilige St. Martin, die andere Hälfte seines Umhangs verwunderten Blickes in den Händen hielt. Der Talar des Geistlichen sah aus, als wäre er durch den Fleischwolf gedreht worden. Fetzen und Fäden hingen herab, dass es eine wahre Pracht war. Ulrike Rentlo war ebenfalls auf dem halbseitigen Pressefoto zu sehen. Manche der katholischen Szene zugehörigen Bildbetrachter waren der Meinung, sie grinse so schadenfroh wie ein Honigkuchenpferd. Dabei war sie nur froh, dass dem katholischen Kollegen bei seinem Absprung nichts passiert war.
    Der riesige Parkplatz des Supermarkts war teilweise abgesperrt und für die Attraktionen der teilnehmenden Vereine reserviert. Da stand die riesige Hüpfburg der Raiffeisenkasse Seebachgrund und wackelte mit ihren Türmen. Im Innern hüpften Kindergartenkinder wie eine Horde wild gewordener Teufel hin und her.
    Der Stammtisch »Alte Bräuche« hatte ebenfalls einen eigenen Stand errichtet und ein Sprachquiz organisiert. »Aar juh fid in Fränglish?« wurde da gefragt. Fünfzehn Sätze, aus der Feder von Danny Eagle mussten aus dem »Fränklischen« ins Hochdeutsche übersetzt werden. Sätze wie »Shower mall hair – do left a eagle” oder »Dare red can died net.”
    Gleich nebenan hatte sich der Backofenvereinniedergelassen und verkaufte frisch gebackenes Bauernbrot. Der vereinseigene, im Jahr 1996 nach alten Plänen neu errichtete Backofen stand in der Schlossgartenstraße, gleich hinter der Brauerei Sauer. »Der Sauerteig, das unbekannte Wesen« stand auf einem großen, selbstgemalten Schild.
    Die Wanderfreunde Röttenbach veranstalteten ein lustiges Sackhüpfen rund um das Gewerbegebiet.
    Der »Aktionskreis für eine faire Umwelt« hielt Gas gefüllte Luftballons für die Kleinsten bereit und verteilte die Adressenzettel an die Eltern.
    Am neu errichteten Spielplatz, direkt vor dem Sandkasten, übte sich eine Reihe Zehnjähriger im Gurkenweitwurf. Der örtliche Gartenbauverein hatte zu dem Wettbewerb eingeladen. Als zweite Disziplin stand Melonenweitstoßen für die Heranwachsenden zur Auswahl.
    Auch die Gemeindebücherei Röttenbach war vertreten und bot Lesewettbewerbe für die Erstklässler an. »Wos hassdn ›In day show dammer my face way.‹«, wollte Heidi Schmidtke, die Leiterin der Bücherei, von Evi Holterbauer wissen, die sich gerade geistig auf den ersten Lesewettbewerb vorbereitete. »Was solln dees Gschmarri haaßn?«, stellte die Angesprochene als Gegenfrage. »Dees willi ja grood vo dier wissen«, meinte Heidi Schmidtke. »Iech seh scho, du hasd aa kane Ahnung. Vielleicht wassd ja was ›Broader, is day blowed washed fed‹ haassn soll? Dees schdehd jedenfalls beim Schdammdisch Alde Bräucheogschriebn. Soll mer ins Hochdeidsche iebersedzn.« »Do habbi edsz kaa Zeid fier den Kwadsch«, meinte Evi Holterbauer entnervt. Sie blätterte in dem Buch »Ritter Rost und das Gespenst« und legte die zugehörige Musik-CD schon mal in das Abspielgerät.
    Jupp Hochleitner saß inmitten der feiernden Gäste bei seinem vierten Weizen und erzählte seiner Tischnachbarin Fanny Doldinger seinen Lieblingswitz: »Hoggn die klaane Emma und der klaane Fridz in der Bodwanna. Sachd der klaane Fridz ›Emma, du hasd ja gor ka Schnerbferla‹. ›Na‹, sachd drauf die klaane Emma, ›iech hab an klan Schlidz. Den hadmer der liebe Godd mid aan klaan Messerla nei gschniddn‹. ›Um Godds Willn‹, sachd do drauf der klaane Fridz, ›dann musser bei der Oma mit der Haggn neighaud ham‹.«
    Jupp Hochleitner wieherte über seinen eigenen Witz wie ein Zirkusgaul und rülpste wie eine brunftige Wildsau. Das Weizenbier im Magen garte und trieb. »Fanny, waaßd du, wus do zum Biesln gehd?«
    Ein weiterer alteingesessener Röttenbacher war ebenfalls auf dem Weg zur Einweihungsfeier. Er war spät dran und hatte es eilig. Er hatte – nach längerem Suchen – soeben noch einen freien Parkplatz gefunden. Gerade wollte er seinen zehn Jahre alten VW Golf rückwärts in die Lücke einparken, als ein schwarzer Mercedes der S-Klasse mit Waiblinger Nummernschild vor ihm in die freie Lücke einfuhr. Das Autokennzeichen WN-R-1000 war, wie in Stein gemeißelt, in Hubertus Sappers Gehirn abgespeichert. Ihm schwoll der Kamm. Er kannte diese beiden Gestalten, die gerade der Luxuskarosse entstiegen. Ein blasses Chamäleon und ein Buddha mit tomatenrotem Kopf. »Horchds amol her, iehr zwaa Alliens«, rief er ihnen durch das offene Seitenfenster zu, » iehr seid mier vielleichd a boar Orschgsichder! Habd

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