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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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Jakobsweg »spazieren«: Ich spürte die Sonne auf meiner Haut, hörte in meinem Kopf die Lieder, die ich gesungen hatte, und sah meine Gefährten vor mir auftauchen. Jedes Mal, wenn ich diese Inseln ansteuerte, hatte ich das Gefühl, klarere Sicht auf mich selbst zu bekommen. Für mich waren das Minuten, Stunden der Spiritualität. Es gibt ein sehr schönes Gebet von Willi Lambert, das meine Gefühle in diesen Momenten sehr gut widerspiegelt: »Gott, öffne mir die Augen, mach weit meinen Blick und mein Interesse, damit ich sehen kann, was ich noch nicht erkenne. Gott, öffne mir die Ohren, mach mich hellhörig und aufmerksam, damit ich hören kann, was ich noch nicht verstehe. Gott, gib mir ein vertrauensvolles Herz, das sich deinem Wort und deiner Treue überlässt und zu tun wagt, was es noch nicht getan hat. Gott, ich weiß, dass ich nur lebe, wenn ich mich von dir rufen und verändern lasse. Amen.«
    Es war erstaunlich, wie sehr ich in diesem Dialog mit mir selbst, inspiriert durch und mit Gott, immer mehr Zugang zu mir fand. Es wurde für mich mehr und mehr deutlich, welche Aspekte mir für meinen weiteren Weg wichtig waren und welche nicht. Zum Thema Studium war irgendwann ein klares Nein in mir, zum Thema Ausbildung zur systemischen Beraterin war ein ebenso klares Ja da. Ich reagierte mit mehr Gelassenheit auf meine eigenen inneren Vorwürfe, wenn ich wieder einmal zu streng mit mir selbst war, nur weil ich meinte, zu wenig Zeit am Schreibtisch zu verbringen und den Sommer zu sehr zu genießen. Ich gebe zu, das gelang mir nicht immer, aber dann sorgten Gu und meine Freunde schon dafür, dass ich gnädiger mit mir selbst war. Sie richteten meinen Blick darauf aus, was ich alles tat, und nicht auf das, was ich nicht tat.
    Mittlerweile waren die angeforderten Bewerbungsunterlagen aus Weinheim eingetroffen. Ich war beunruhigt. In den neuen Formularen wurden zwei Kriterien verlangt, die ich nicht erfüllte. Von dem einen wusste ich bereits, ich brauchte während der Ausbildung Praxisbezug. Hier hatte ich mir schon mögliche Lösungen einfallen lassen. Die andere Voraussetzung konnte ich aber beim besten Willen nicht herbeizaubern. Woher sollte ich ein abgeschlossenes Studium nehmen? Ich fasste den Entschluss, alles auf eine Karte zu setzen und mich trotzdem zu bewerben. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, so dachte ich. Außerdem hatte ich das Glück, dass ich die Bewerbung nicht einschicken musste, sondern sie persönlich bei einem Lehrtherapeuten des Institutes abgeben musste. Damit verbunden war ein Aufnahmegespräch, danach entschied die betreffende Person, ob die Unterlagen überhaupt weitergereicht wurden. Ohne diese Empfehlung wurde man nicht zugelassen. Ich hatte das Gespräch mit einer Ausbilderin, die ganz in der Nähe von Münster, in Hamm, arbeitete. Sie war wohlwollend, aber auch sehr kritisch und befragte mich ausführlich zu meinen beiden Defiziten in den Zulassungskriterien. Es nutzte nichts, schönreden konnte ich es nicht. Ich war einfach ehrlich. Ich hatte meine ursprünglichen Studienpläne, die sich damals nahtlos an meine Lehre anknüpfen sollten, aus guten Gründen nicht verwirklicht und es auch nie wirklich bereut. Ich war mit meinem bisherigen Lebensweg sehr zufrieden, weil mich meine vielfältigen und langjährigen beruflichen Erfahrungen zu dem Menschen hatten reifen lassen, der ich nun war. Genau das sagte ich ihr. Ich hatte den Eindruck, dass ihr meine Antwort gefiel. Meine Lösungsmöglichkeiten bezüglich der fehlenden Praxis schienen sie ebenfalls zu überzeugen. Walter, mein Exfreund, mit dem ich nach wie vor Kontakt hatte, hatte mir zugesichert, mich zu unterstützen. Als Personal- und Organisationsentwickler war er permanent in Beratungssituationen, sodass ich bei ihm als Hospitantin praktische Erfahrungen würde sammeln können. Des Weiteren hatte ich mich entschieden, in einer Form ehrenamtlich tätig zu werden, bei der beraterische Aspekte ebenfalls gefragt waren. Außerdem erwähnte ich in dem Gespräch, dass ich mich vielleicht selbstständig machen wolle. Am Ende bekam ich die Empfehlung. Sie begründete dies hauptsächlich so: »Frau Dankbar, Sie sind ein Mensch mit Brüchen und Kanten in ihrem Lebenslauf. Sie scheinen sich bereits gut mit sich selbst auseinandergesetzt zu haben, so jemanden wie sie tut einer Ausbildungsgruppe gut. Ihre Gruppe wird von Ihnen profitieren können. Deshalb bekommen Sie von mir die Zusage, auch wenn ihre Bewerbung untypisch ist.« Als ich im

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