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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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strukturierte Leben und gleichwohl nicht zu wissen, was der Tag bringen würde, das Alleinsein und dennoch nicht einsam sein, die Anstrengung des Wanderns und sich trotzdem auf den täglichen Rhythmus freuen, das Nachdenken, das Bei-sich-Sein, aber auch die wunderbaren Gespräche mit den anderen Pilgern - Gu konnte meine Faszination und auch Sehnsucht verstehen.
    In die Fragen vieler Freunde und Bekannte zu meinen Reiseerfahrungen mischten sich die Fragen nach meinen beruflichen Plänen. »Was machst du jetzt?« »In welche berufliche Richtung willst du gehen?« Meine Familie und meine engsten Freunde waren hierin zurückhaltender, von ihnen fühlte ich mich weniger bedrängt. Sie wussten durch Gespräche, dass ich mir bereits viele Gedanken machte. Die Fragen anderer nervten mich jedoch zunehmend. Ich fühlte mich unter Druck gesetzt und jedes Mal wurde mir bewusst, dass ich jetzt zu dem großen Heer der Arbeitslosen gehörte. Durch die Tatsache, dass ich selbst gekündigt hatte, schien man von mir zu erwarten, dass ich sofort den »Masterplan« aus der Tasche ziehen würde. Einen »Masterplan«, der genau beschrieb, wie es mit mir weitergehen würde. Davon war ich weit entfernt. Ich hatte zwar Ideen, aber sie waren noch gänzlich unsortiert. Also versuchte ich, zu sortieren. Das war mühsamer, als ich gedacht hatte. Ich hatte zwar im Kopf, was ich alles für meine Zukunft wollte, aber das in konkrete Vorgehensweisen umzuwandeln, war mitunter ganz schön schwierig. Für die Arbeitsagentur hatte ich bereits meine Unterlagen zusammengestellt und abgegeben. Da ich keine aktuellen Bewerbungsfotos mehr hatte, ließ ich in einem ausgezeichneten Fotostudio Aufnahmen von mir machen. Es war ein seltsames Gefühl, sich fotografieren zu lassen, einen Lebenslauf zu schreiben und Zeugnisse kopieren zu müssen. Das letzte Mal hatte ich das alles erledigt, als ich von Nürnberg nach Münster zurückgezogen war, also vor 15 Jahren. In den vergangenen Jahren hatte ich die Bewerbungen gelesen und Einstellungsgespräche geführt. Nun stand ich wieder auf der Seite derjenigen, die Arbeit suchten. Es war auf der einen Seite spannend, weil ich voll Tatendrang und Energie war. Auf der anderen Seite war es aber auch ein wenig verstörend für mich. Ich hatte Abhängigskeitsgefühle. Sie waren diffus, aber sie waren da. Ich hatte irgendwie das Empfinden, dass es nicht allein auf mich ankam, sondern dass ich auf das Wohlwollen anderer Menschen angewiesen sein würde. Ein Gedanke, der mir unangenehm war. Auch deshalb versuchte ich, selbst sehr aktiv zu sein. Ich recherchierte im Internet zum Thema systemische Familientherapie und über das Institut für Familientherapie e.V. Weinheim (IFW) in Weinheim. Beides hatte mir Hans-Jakob am letzten Abend in Santiago empfohlen. Was ich dazu las, sprach mich an. Mich interessierte die Ausbildung zur systemischen Beraterin, weil ich zum einen meine langjährige Berufserfahrung im Umgang mit Teams und Mitarbeitern darin einbringen konnte. Zum anderen würde ich durch die unterschiedlichen, teils sehr ungewöhnlichen Denk- und Praxismodelle ganz neue Perspektiven und Ansatzpunkte für den beruflichen Alltag im Umgang mit Menschen kennenlernen. Die Aus- und Weiterbildungen an diesem Institut waren alle berufsbegleitend. Der Praxisbezug sollte dadurch weiterhin gegeben sein und die Lehren sollten sofort Anwendung finden. Ein Vorteil, wie ich fand. Es gefällt mir, wenn ich etwas Erlerntes direkt umsetzen kann, um mich so ausprobieren und das theoretisch erworbene Wissen in der Realität überprüfen zu können. Das Problem war nur, ich hatte momentan keinen Praxisbezug. Ich ließ mich dadurch nicht entmutigen und forderte trotzdem Bewerbungsunterlagen beim Institut an. Im Oktober sollte ein neuer Ausbildungsgang beginnen, die Anmeldefristen dafür liefen bald ab. Den fehlenden Praxisbezug würde ich in irgendeiner Form schon lösen, da war ich mir ganz sicher.
    Ich beschäftigte mich immer mehr mit dem Gedanken, Menschen zu beraten und sie in bestimmten Lebenssituationen begleiten zu wollen. Die Ausbildung passte dazu. Oder sollte ich vielleicht doch studieren? Ich besorgte mir Informationsmaterial zu den Studiengängen Psychologie, Sozialwesen, Sozialpädagogik, Erziehungswissenschaften und auch katholische Theologie, gleichzeitig ging ich zur allgemeinen Studienberatung. Die Frau dort war sehr nett und schien sich über die Studienberatung hinaus sehr für mich zu interessieren. Sie war es auch, die zum

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