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Karrieresprung

Karrieresprung

Titel: Karrieresprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Irritationen gewesen. Vielleicht mied Knobel deswegen den Kontakt zu ihm.
    Knobel fiel auf, dass ihr Vater nie Lisas Mutter erwähnte. Auch Lisa tat es nicht. Als er sich einmal nach ihrer Mutter erkundigte, blieb Lisas Antwort knapp. Er erfuhr lediglich, dass ihre Mutter nach der Trennung der Eltern aus der Familie ausgeschieden war. Knobel verstand nicht recht und unterließ weitere Nachfragen.

    Kurz darauf verließ Knobel das verhasste kleine Studentenzimmer im Bochumer Uni-Center und zog bei Lisa ein.
    Gelegentlich hielt ihr Vater leuchtende Monologe über die Vorzüge des Anwaltsberufs.
    Lisa nahm seine trostreichen und optimistischen Visionen dankbar und aufmerksam auf. Es schien, als seien diese wesentlicher und gehaltvoller als alles, was sie tagsüber erarbeitet und eingepaukt hatte. Knobel saß dann meist still neben ihr und umarmte sie, als wollte er sie an seine Existenz erinnern, während sie unverwandt ihrem Vater lauschte.
    Knobel hatte nicht einmal eine einigermaßen konkrete Vorstellung von der Palette der möglichen Berufe, zu denen das ungeliebt gebliebene Studium den Zugang ebnen konnte. Der einzige Beruf, der ihm nun aus den Schilderungen von Lisas Vater vertraut und deshalb verheißungsvoll erschien, war der des Anwalts. In den abwechslungsreichen und sogar durchaus spannenden beruflichen Episoden, die er zu erzählen wusste, blieben hingegen die Schilderungen des richterlichen und staatsanwaltlichen Umfeldes merkwürdig blass.
    Allmählich erweckte der idealisierte Glanz in Knobel den Wunsch, sich als Anwalt zu versuchen. Dabei verschwieg Lisas Vater die Härten seines Berufs keineswegs. Streng und sachlich wie immer erhob er sie sogar zur Herausforderung. Knobel zauderte indes vor der kommenden Aufgabe, obgleich er gewillt war, sich in ihr zu beweisen.

    Die Reden des Vaters pflegten mit einem sanften Kuss auf Lisas Stirn zu enden. Er sagte dann »Liebes« zu ihr, was er sonst nicht tat, und als das Examen bevorstand, erweiterte er dieses Ritual um die tröstende Versicherung, dass egal, was immer auch passiere, in seiner Kanzlei ein Büro für sie bereitstünde. Auf Stephan erstreckte er dieses Angebot nicht, aber er deutete vage und zugleich verheißungsvoll seine langjährigen Verbindungen zu seinem Studienfreund Dr. Hübenthal an.

    Lisas Vater verband keine Ideale mit seinem Beruf, die aus einem besonderen Interesse an Recht und Gerechtigkeit erwachsen wären. Es wurde nicht klar, ob er darin überhaupt jemals ein Motiv für seine Wahl erblickt hatte. Der Mann dirigierte gern und behielt die Dinge in der Hand. Sein Beruf ließ ihn seine Dominanz geradezu idealtypisch ausleben. Er fand Gefallen an der Macht und an verdeckt operierenden Strategien, die den Gegner wehrlos überraschten. Er blieb unnachgiebig, wenn der Gegner, den Verlust des Prozesses fürchtend oder des Streitens müde werdend, sich auf ihn zu bewegte und Schritt für Schritt eisern verteidigte Positionen aufgab und schlug die versöhnlich entgegengestreckte Hand aus. In der Tat war Lisas Vater ein guter Anwalt, und er erinnerte ihn an Dr. Hübenthal.
    Knobel hingegen mied den Konflikt, in dem er sich hätte exponieren müssen, litt unter Verteidigung und Angriff, ohne dass es ihm an Positionen fehlte, die er vertreten konnte, aber er scheute, sie werbend darzustellen. Zumeist zog er kein klares Resümee, sondern bezog die gegenteilige Ansicht abwägend mit ein.
    Fest vertretene Standpunkte imponierten ihm, aber es war ihm gleichermaßen schwierig, sich dauerhaft zu einer Position durchzuringen. Manchmal war ihm eine Lösung zu schlicht, manchmal mied er sie wegen ihrer Konfliktträchtigkeit, manchmal suchte er auch nur den versöhnenden Ausgleich. Das Prinzipielle lag ihm nicht. Wenn überhaupt, so entdeckte er gerade deswegen bei sich eine gewisse Berufung zur Tätigkeit des Anwalts, oder er glaubte sie nur zu erkennen, weil er den unüberwindlich scheinenden Graben zur Mentalität und Machtfülle von Lisas Vater nicht anders zu schließen vermochte.

    Stephan Knobel begann seine Tätigkeit bei Dr. Hübenthal & Partner mit aller Entschlossenheit, und er nahm sich heimlich Lisas Vater zum Vorbild.
    Lisa hatte in der Zwischenzeit unter familiärer Anleitung ihren vorbestimmten Platz in der Kanzlei ihres Vaters eingenommen, und Knobel litt still darunter, sich mit ihr im Wettbewerb messen zu müssen.
    Einige Male hatte er mit ihr über seine Angst sprechen wollen, in ihrem Schatten zu stehen und ihrem vorgezeichneten Erfolg

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