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Karrieresprung

Karrieresprung

Titel: Karrieresprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Gelernte bei weitem nicht auszureichen vermochte, um das Bestehen des Examens auch nur als einigermaßen wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Man fühlte sich in die Schulzeit zurückgeworfen und wollte Schüler sein. Lisas erwachsene Welt war dafür zu groß.

    In dieser ernst und bleiern gewordenen Zeit löste sich der Kreis um Lisa.
    Knobel blieb mit Lisa zurück, die sich mit stoischer Ruhe einige Stunden am Tag dem Lernen und ansonsten ihrer Freizeit hingab. Er folgte ihr, fand Gefallen und Geborgenheit in diesem Rhythmus, der gegen das hektische Treiben der anderen immun zu sein schien und wohlig an seine häusliche Ruhe im elterlichen Haus erinnerte, in der er behütet und manchmal noch kindlich träumend seine Schulzeit verbracht hatte.
    Lisa bestimmte, wann gelernt wurde. Er entdeckte in der jungen Frau vorgelebte Lebenstauglichkeit, die er begierig in sich aufsog und zu seiner eigenen zu machen beschloss.
    Fortan mied Knobel den Kontakt zu den anderen Kommilitonen, und Lisa schwor ihn trotzig auf ihren Weg ein.
    Als sie begannen, ihre freie Zeit gemeinsam miteinander zu verbringen, entwickelte sich eine Vertrautheit zwischen ihnen, die sich mehr, als sie es selbst wahrhaben wollten, gerade aus jener Gemeinsamkeit speiste, aus der heraus sie Lisas Weg verteidigten. Sie verstanden sich gut. Es streichelte ihn, wenn sie ihn bekräftigte, und er litt, wenn sie ihm widersprach. Wenn sie laut und wütend wurde, relativierte und modifizierte er und suchte nach Verbindendem. Knobel war seit jeher ein leiser Mensch.

    An einem Samstag Anfang Mai fuhren sie mit dem Fahrrad hinaus. Ihr Weg führte sie zunächst durch Dortmunds Süden. Sie passierten Kirchhörde und Lücklemberg, kämpften sich die lang gezogene Steigung des Theodor-Freywald-Weges bergan, ließen den Landgasthof Dieckmann linkerhand liegen, durchquerten Syburg und erreichten schließlich auf steil abfallender Straße das Ruhrtal. Er genoss das Fahren auf ihm unbekannten Wegen und die Kühle des umschmeichelnden Fahrtwindes, atmete den Duft des leuchtend gelben Rapses. Lisa fuhr unermüdlich weiter, und er folgte ihr still und zufrieden.

    Sie mochten eineinhalb Stunden gefahren sein, als Lisa unvermittelt am Feldrand anhielt und das Fahrrad in den Grassaum fallen ließ. Er dachte, dass sie des Fahrens überdrüssig sei und überlegte, ob er ihr die Rückfahrt vorschlagen solle. Erschöpft setzte er sich neben sie. Sie schwitzten unter der Mittagssonne. Lisas Haar war nass, und Gewittertierchen krochen über ihre feuchte Stirn. Er lehnte sich an sie, roch erregt ihren Schweiß und genoss ihren heftig atmenden Körper, der ihn warm massierte. Langsam strich er mit seiner klebrigen Hand über ihre Stirn und tupfte mit zitterndem Zeigefinger eines der kleinen Insekten auf, das auf ihr linkes Augenlid krabbelte. Er betrachtete sie eine Weile, strich zart ihre Wangen und war ungläubig stolz, dass sie ihn gewähren ließ. Unsicher glitt seine Hand über ihr feuchtes Shirt, ertastete schließlich ihren Bauch und massierte ihn kreisend, bis er ihre weichen Brüste berührte, sie schließlich ganz in seiner Hand fühlte und zärtlich kneten durfte, während er sie scheu auf den Mund küsste. Lisa atmete heftiger und ließ sich in das trockene Gras fallen. Sie blickten sich still und neugierig an, als seine Hand sanft ihren Körper erkundete, und er begann, ihre warme Haut wieder und wieder mit seinen Lippen zu liebkosen.
    Lisa war keine Schulfreundin, der er heimlich bei allen Klassenarbeiten geholfen, bereitwillig die Hausaufgaben gemacht und sich auf diese Weise als stets verlässlicher und immer zuhörender Freund empfohlen hatte, ohne dass es ihm gelang, damit zum Mann und als solcher interessant zu werden. Lisa war erwachsen, seine erste Frau, und er nahm an, dass sie seine große Liebe sei.
    Seither waren sie ein Paar. Bis heute schmeckte er in der Erinnerung ihren Schweiß, ihre feuchte Haut, ihre Erregung, die zitternde Spannung, am Wegesrand entdeckt zu werden, und einen männlichen Stolz der Eroberung.
    Immer wieder suchten sie sich in Gedanken in diese stillen und so gewaltigen Minuten zurück, die sich in der Phantasie zu einem Rausch auswuchsen und in ihrer geheimnisvollen Heftigkeit doch nicht wiederkehren wollten.

    Von nun an war er noch häufiger bei ihr. Ihr Vater nahm ihn freundlich und doch distanziert auf. Er hatte den Eindruck, dass er seine mangelnde Zielstrebigkeit im Studium missbilligte. Der Weg ihres Vaters war geradlinig und ohne

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