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Karte und Gebiet - Houellebecq, M: Karte und Gebiet - La carte et le territoire

Karte und Gebiet - Houellebecq, M: Karte und Gebiet - La carte et le territoire

Titel: Karte und Gebiet - Houellebecq, M: Karte und Gebiet - La carte et le territoire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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Computer sah die Sache leider
anders aus«, fuhr er fort. »Es ging schon damit los, dass er zwei aufeinander
folgende Kennworte benutzt hat, die nicht leicht zu knacken sind, Kennworte mit
Kleinbuchstaben und wenig verbreiteten Interpunktionszeichen … Und dann sind
alle Dateien verschlüsselt, und zwar in einer sicheren SSL -Double-Layer-Codierung
mit 128 Bit. Kurz und gut, da stehe ich auf dem Schlauch, ich habe ihn an
unsere Computerspezialisten geschickt. War der Typ paranoid oder was?«
    »Der war Schriftsteller«, bemerkte
Ferber. »Er wollte vielleicht seine Texte schützen, verhindern, dass sich ein
Hacker Zugriff zu seinen Manuskripten verschafft.«
    »Ich weiß nicht.« Messier schien das
nicht zu überzeugen. »So ein hoher Codierungslevel lässt eher an einen Typen
denken, der pädophile Videofilme austauscht.«
    »Das eine schließt das andere ja nicht
aus«, bemerkte Jasselin tiefsinnig. Diese simple Bemerkung ohne böse
Hintergedanken vergiftete die ohnehin gespannte Atmosphäre der Besprechung noch
ein bisschen mehr, da sie die betrübliche Ungewissheit, die diesen Mordfall
umgab, noch stärker zum Ausdruck brachte. Sie hatten, das mussten alle zugeben,
bisher absolut nichts: kein offenkundiges Motiv, keine Zeugenaussage, keine
Spur. Das drohte auf einen jener unangenehmen Fälle mit leerer Akte hinauszulaufen,
die – wenn es überhaupt je dazu kommt – manchmal erst nach Jahren durch reinen
Zufall aufgeklärt werden, etwa durch einen rückfälligen Mörder, der für ein
anderes Verbrechen festgenommen wird und im Verlauf der Ermittlungen einen
zusätzlichen Mord gesteht.
    Als Aurélie eintraf, wurde die
Stimmung ein bisschen gelöster. Sie war eine hübsche junge Frau mit lockigem
Haar und Sommersprossen. Jasselin fand sie etwas konfus und inkonsequent, bei Aufgaben,
die äußerste Genauigkeit erforderten, konnte man sich nicht immer
hundertprozentig auf sie verlassen, aber sie war dynamisch und stets guter
Laune, was bei Teamarbeit wichtig war. Sie hatte gerade die ersten Resultate
des Erkennungsdienstes erhalten und reichte Jasselin umgehend eine dicke Akte:
»Die Fotos, um die du gebeten hattest.« Es waren etwa fünfzig Hochglanzabzüge
im Format DIN  A4. Jedes Foto gab ein Rechteck mit einer etwas mehr als einen Meter
breiten Grundlinie vom Fußboden des Wohnzimmers wieder, in dem der Mord
stattgefunden hatte. Die Fotos waren scharf und gut belichtet, ohne Schatten,
praktisch aus der Vertikalen aufgenommen, und sie überschnitten sich kaum, das
Ganze gab den Fußboden des Raumes getreu wieder. Sie hatte auch ein paar
vorläufige Ergebnisse hinsichtlich der Waffe erhalten, mit der sowohl der Mann
als auch der Hund enthauptet worden waren, was, wie alle festgestellt hatten,
außerordentlich sauber und präzise vonstatten gegangen war: Sie hatte kaum
Blutspritzer verursacht, obwohl das Sofa und alles rundherum eigentlich voller
Blutflecken hätte sein müssen. Der Mörder hatte ein sehr eigentümliches Gerät
benutzt, einen Laserschneider, vergleichbar etwa einem Draht zum
Butterschneiden, bei dem die Rolle des Drahtes einem Argon-Laser zufällt, der
das Fleisch zerschneidet und gleichzeitig die Wunde ausbrennt. Dieses Gerät,
das Zehntausende von Euro kostete, wurde nur in chirurgischen Abteilungen von
Krankenhäusern eingesetzt, wo man es für schwierige Amputationen benutzte. In
Anbetracht der präzisen, sauberen Schnitte war auch der Rest der Leiche
vermutlich mit chirurgischen Instrumenten zerschnitten worden.
    Ein beifälliges Gemurmel ging durch
das Büro. »Dann führt die Spur wohl zu einem Mörder aus dem medizinischen
Bereich«, meinte Lartigue.
    »Möglicherweise«, sagte Ferber. »Wir
müssen sowieso überprüfen, ob in irgendeinem Krankenhaus so ein Gerät abhandengekommen
ist; wobei der Mörder es sich natürlich auch für ein paar Tage ausgeliehen
haben könnte.«
    »Welche Krankenhäuser?«, fragte
Aurélie.
    »Fürs Erste alle französischen
Krankenhäuser und natürlich auch Privatkliniken. Außerdem müssen wir uns beim
Hersteller erkundigen, ob es in den letzten Jahren nicht irgendeinen ungewöhnlichen
Verkauf gegeben hat, an eine Privatperson zum Beispiel. Ich nehme an, dass es
für diese Art von Geräten nicht viele Hersteller gibt, oder?«
    »Einen einzigen. Einen einzigen auf
der ganzen Welt. Eine dänische Firma.«
    Sie unterrichteten Michel Khoury,
der soeben eingetroffen war, über den Stand der Dinge. Er war libanesischer
Abstammung und im gleichen Alter wie

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