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Karte und Gebiet - Houellebecq, M: Karte und Gebiet - La carte et le territoire

Karte und Gebiet - Houellebecq, M: Karte und Gebiet - La carte et le territoire

Titel: Karte und Gebiet - Houellebecq, M: Karte und Gebiet - La carte et le territoire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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dieser mehr oder weniger
rechteckigen Blöcke verwiesen weitere mit Pfeilen versehene Sternchen auf neue
Blöcke, sodass das Ganze fast wie ein Rankengeflecht wirkte. Die Schrift war
schief, fast unleserlich. Houellebecq ließ Jed in der ganzen Zeit, in der er
diese Aufnahmen machte, nicht aus den Augen und seufzte mit sichtbarer
Erleichterung auf, als er sich vom Tisch entfernte. Beim Verlassen des Raumes schloss
er die Tür sorgfältig hinter sich.
    »Das ist nicht der Text über Sie,
damit habe ich noch nicht angefangen«, sagte er, während sie in die Küche
zurückgingen. »Das ist ein Vorwort für die Neuauflage von Jean-Louis Curtis bei
Omnibus, ich muss es dringend abliefern. Möchten Sie ein Glas Wein?« Er sprach
jetzt mit übertriebener Fröhlichkeit, vermutlich um den kühlen Empfang
vergessen zu lassen, den er Jed bereitet hatte. Die Flasche Château Ausone war
fast leer. Mit einer ausladenden Geste öffnete er einen Schrank, in dem etwa
vierzig Flaschen zu sehen waren.
    »Argentinien oder Chile?«
    »Chile, zur Abwechslung.«
    »Jean-Louis Curtis ist heutzutage
völlig in Vergessenheit geraten. Er hat etwa fünfzehn Romane, Kurzgeschichten
und eine hervorragende Sammlung von Pastiches verfasst … La France m’épuise enthält
meiner Ansicht nach die gelungensten Pastiches der französischen Literatur: Die
Texte im Stil von Saint-Simon und von Chateaubriand sind perfekt, auch Stendhal
und Balzac hat er sehr gut imitiert. Und trotzdem bleibt heute nichts mehr
davon, niemand liest ihn mehr. Das ist ungerecht, er war ein ziemlich guter
Autor, zwar in einem etwas konservativen, etwas klassischen Genre, aber
immerhin hat er versucht, auf redliche Weise seine Arbeit zu tun, oder
zumindest das, was er als seine Arbeit betrachtete. La
Quarantaine ist ein sehr gelungenes Buch,
finde ich. Es kommt eine echte Nostalgie darin zum Ausdruck, ein Gefühl des
Verlusts beim Übergang der traditionellen französischen Gesellschaft in die
moderne Welt, das kann man bei der Lektüre des Buches sehr gut nachvollziehen; er
verfällt nur selten in die Karikatur, außer in manchen Beschreibungen linker
Priester. Und auch Un jeune couple ist ein ganz erstaunliches Buch. Er behandelt darin
dasselbe Thema wie Georges Perec in Die Dinge , aber im Vergleich zu diesem gelingt es ihm, sich
dabei nicht lächerlich zu machen, und das ist schon enorm. Natürlich ist er
nicht so virtuos wie Perec, aber wer war das schon in seinem Jahrhundert? Man
mag sich auch darüber wundern, dass er sich für die Belange der Jugend eingesetzt
hat, für die Hippie-Horden, die zu jener Zeit offenbar mit einem Rucksack durch
Europa zogen und die ›Konsumgesellschaft‹, wie man damals sagte, ablehnten.
Natürlich lehnte er die Konsumgesellschaft ebenso sehr ab wie diese, nur dass
seine Ablehnung auf einer viel solideren Grundlage basierte als die der
Hippies, wie sich in der Folge nur allzu deutlich gezeigt hat. Im Gegensatz zu
ihm akzeptiert Perec die Konsumgesellschaft und betrachtet sie zu Recht als den
einzig möglichen Horizont, seine Betrachtungen über die Freude beim Besuch des Flughafens
Orly sind in meinem Augen völlig überzeugend. Im Grunde hat man Jean-Louis
Curtis völlig zu Unrecht als Reaktionär eingestuft, er ist ein guter, wenn auch etwas
trauriger Autor, der davon überzeugt ist, dass die Menschheit sich kaum
verändern kann, weder in die eine noch in die andere Richtung. Mit Italien
verband ihn eine große Liebe, und er war sich deutlich bewusst, mit was für
einem unerbittlichen Blick die romanischen Völker die Welt betrachten. Na ja,
ich weiß nicht, warum ich Ihnen das erzähle, Sie haben mit Jean-Louis Curtis
nichts am Hut, zu Unrecht im Übrigen, das sollte Sie interessieren, ich spüre
bei Ihnen auch eine Art Nostalgie, aber Sie scheinen eher der modernen Welt
nachzutrauern, der Zeit, in der Frankreich noch ein Industriestaat war, oder
irre ich mich da?« Er holte Chorizo, Dauerwurst und Weißbrot aus dem Kühlschrank.
    »Das stimmt«, erwiderte Jed nach
langem Überlegen. »Ich habe industrielle Erzeugnisse schon immer gemocht. Ich
wäre nie auf den Gedanken gekommen, beispielsweise … eine Wurst zu
fotografieren.« Er streckte die Hand nach dem Tisch aus und entschuldigte sich
sofort. »Also, Wurst ist sehr gut, das meine ich damit nicht, ich esse gern
Wurst … Aber sie zu fotografieren, nein, das nicht. Da sind diese
Unregelmäßigkeiten organischen Ursprungs, diese Fettäderchen, die von Scheibe
zu Scheibe

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