Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
Vom Netzwerk:
Einige der Mädels würden das heute ungern veröffentlicht sehen. Aber als Gentleman genießt man und schweigt.«
    »Wo haben Sie die Aufnahmen gemacht?«
    »Hier in der Hütte. So eine Berghütte zieht Frauen an wie Motten das Licht. Als ich fünfundvierzig war, hab ich die hübschen Fünfundzwanzigjährigen hergebracht. Ist heute nicht mehr ganz so leicht. Und wenn eine mal mitgeht, hat sie einen Großvaterkomplex. Das macht dann auch keinen Spaß. Wie Sie sehen«, er deutete auf die neueren Fotos, »habe ich in letzter Zeit die Erotik der Fünfzigjährigen entdeckt.«
    »Sie haben früher mit Polaroid fotografiert?«
    »Sehen Sie sich doch um! Das sind erwachsene Frauen, keine Kinder. Ich bin nicht pädophil.« Er sah einen Augenblick nachdenklich zu seinem Fotolabor.
    »Kann ich mal dieses Foto haben?«
    »Mach ihm bitte die Handschellen wieder ab«, sagte Mike zu Kreuthner.
    »Wieso? Der hätt mich fast erschossen.«
    »Er hat hier das Hausrecht, und du hast keinen Durchsuchungsbeschluss gehabt. Und Gefahr im Verzug war’s auch keine, wie wir jetzt festgestellt haben.«
    »Es war aber eindeutig a Putativnotwehr«, verteidigte Schartauer ihr Vorgehen.
    »Ihr sollt keine Volksreden halten, sondern tun, was ich euch anschaff«, sagte Mike und hielt Dieter Millruth das Polaroidfoto hin, während Kreuthner die Handschellen löste. »Was wollen Sie damit?«
    »Da ist ein Wandkalender im Hintergrund.« Millruth deutete darauf. »Vielleicht kriegen wir raus, wann das Foto gemacht wurde.«
    Mike reichte Millruth das Foto, der damit zum Fotolabor ging.
    »Ich nehme an, das hier«, Mike machte eine alles umfassende Handbewegung, »ist der Grund, warum Ihre Frau von der Hütte nichts weiß.«
    »Und das wird auch so bleiben. Sonst mach ich Ihnen die Hölle heiß.«
    »Von der Hütte an sich weiß sie seit knapp einer Stunde. Sie sollten vielleicht aufräumen, bevor Sie sie hier rumführen.«
    Dieter Millruth hatte das Polaroidfoto unter eine Lampe gelegt und betrachtete es mit einer großen Lupe.
    »Und? Können Sie was erkennen?«
    Dieter Millruth winkte Mike zu sich und forderte ihn mit einer Geste auf, selbst zu sehen.
    »Freitag, neunzehnter Juni 1998«, stellte Mike fest. »Ein Abreißkalender. Das muss nicht das genaue Datum sein. Aber ungefähr wird es schon hinkommen.«
    »Das ist Lenis Zimmer. Soweit ich weiß, war sie immer sehr sorgfältig mit ihrem Kalender. Weil sie oft darauf wartete, dass ihre Mutter oder ich von Dreharbeiten wiederkamen.«
    »Und was sagt uns das Datum?«, wollte Wallner wissen.
    »1998 war ich von Mitte Juni bis Ende Juli mit einer Operettenaufführung auf Tournee. Ich war in der Zeit keinen Tag zu Hause. Ich weiß es deshalb so genau, weil mich meine Frau auf der Tournee wegen des Unfalls von Hanna Lohwerk angerufen hat. Da war ich in meinem Hotelzimmer in Rostock – mit einer Dame aus dem Chor.« Er zögerte einen Augenblick und sah mit zusammengekniffenen Augen zur Decke. »Warten Sie, der neunzehnte Juni, Freitag. Das
war
der Tag! Der Tag des Unfalls.«
    Wallner ging nachdenklich im Keller umher. »Wie alt waren Ihre Söhne damals?«
    »Henry ist Jahrgang achtundsiebzig. Also war er zwanzig. Adrian zwei Jahre älter. Zweiundzwanzig. Warum?«
    »Irgendjemand muss dieses Foto gemacht haben.«
    »Sie glauben, einer von beiden hat sich an seiner eigenen Schwester vergriffen? Jetzt wird’s ziemlich abseitig.«
    »Wäre nicht der erste Fall. Der Jüngere hat wohl ein etwas schwieriges Verhältnis zu Frauen, meine ich herausgehört zu haben?«
    »Henry ist ein Spätstarter. Jennifer war seine erste Freundin. Mit zweiunddreißig. Aber daraus zu schließen, dass er …«
    »Ich schließe gar nichts. Ich mache mir nur Gedanken. Wo sind Ihre Söhne jetzt?«
    »Henry ist gleichzeitig mit mir hergefahren. Er wollte sich mit Adrian weiter oben am Berg treffen.«
    »He Freunde«, Kreuthner war hereingekommen. »Ich war noch mal oben. Das hier war unter der Sitzbank auf der Terrasse.« Er hielt ein Adressbüchlein hoch.
    »Wem gehört das?«, fragte Mike.
    »Steht natürlich net drin. Aber es gibt da mehrere Loibls, nur keine Jennifer. Schätze, das ist die Verwandtschaft von ihr.«
    »Das heißt, sie war hier. Sonst hätte man ihr Handy nicht geortet.« Mike sah hilfesuchend zu Wallner. Aber der war in eigene Gedanken versunken.
    Als er Mikes Blick bemerkte, sagte er nur: »Lass uns fahren.«

Kapitel 64
    E ine halbe Stunde nachdem die Kommissare die Villa am Schliersee verlassen hatten, waren

Weitere Kostenlose Bücher