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Karwoche

Karwoche

Titel: Karwoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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gewesen sein. Und wenn man empfindsam ist, kriegt man eben Depressionen. Für Depressionen geht man zum Therapeuten, und dort fällt einem ein, dass man missbraucht worden ist. Das hat man ja oft genug gelesen.«
    Leni liefen die Tränen übers Gesicht. »Du bist so ekelhaft.«
    »Ich hab damit nicht angefangen!«, schrie Adrian sie an. »Du hast angefangen und widerliche Lügen über mich verbreitet. Also erwarte nicht, dass ich dir helfe. Und noch was: Selbst wenn an diesem Quatsch irgendetwas dran sein sollte, was mit Sicherheit nicht der Fall ist – selbst wenn! Dann würde ich mir an deiner Stelle überlegen, ob ich wirklich meine Familie zerstören muss. Nur um billige Rache zu nehmen.«
    »Du meinst, ich soll alles runterschlucken und mein Maul halten?«
    »Ja, Herrgott. Du hast zwölf Jahre ganz gut damit gelebt. Wenn’s denn wahr wäre. Was soll dabei rauskommen, wenn du es jetzt rausposaunst?«
    »Gerechtigkeit. Wie wär’s damit?«
    »Gerechtigkeit? Für wen? Es würde in allen Zeitungen stehen, Mamas Karriere wäre ruiniert. Meine wahrscheinlich auch. Und auf Henry würden sie im Krankenhaus mit dem Finger zeigen. Du würdest Menschen ruinieren, die nichts mit der Sache zu tun haben. Nur damit es dir ein bisschen besser geht. Und ob es das täte, wage ich stark zu bezweifeln.«
    Leni blickte mit offenem Mund in die Runde. Dieter starrte zu Boden und schüttelte ohne Unterlass seinen Kopf. Katharina weinte, und Jennifer suchte Henrys Hand, fand sie aber nicht, denn Henry verschränkte die Arme vor der Brust. Wolfgang ging zu Leni, nahm sie kurz in den Arm und strich ihr übers Haar. Dann wandte er sich an die anderen.
    »Okay, das war jetzt ziemlich viel auf einmal. Wir haben leider alle einiges getrunken. Oder vielleicht auch zum Glück. Was ich meine, ist: Morgen früh sieht die Welt wieder anders aus. Dann sollten wir in Ruhe über alles reden. Was immer Leni passiert ist – und ich glaube natürlich nicht, dass Dieter …«, er suchte nach einem passenden Ausdruck, »… etwas Falsches getan hat. Vielleicht gab es etwas anderes in Lenis Kindheit, das sie geschockt hat und von dem wir nichts wissen.« Jeder außer Jennifer wusste, dass Wolfgang auf den Unfall anspielte, den Leni verursacht und der Hanna Lohwerks Gesicht entstellt hatte.
    Wolfgang reichte Leni ein Glas Wein. Sie trank es in einem Zug aus. »Leni – wir sind immer noch deine Familie, auch wenn du gerade ziemlich ausgeteilt hast.«
    »Es tut mir leid für dich«, schluchzte sie.
    »Kein Problem. Du hast ein paar Dinge angesprochen, über die wir ohnehin mal hätten reden sollen. Vielleicht nicht an Weihnachten und vielleicht nicht über alle auf einmal.« Er reichte ihr ein Papiertaschentuch.
    »Ich hab wohl nicht mehr viele Freunde hier, wie?« Leni schneuzte in das Papiertaschentuch.
    »Egal. Das sind Verwandte. Die bleiben dir.«
    Leni lachte und heulte. »Was soll ich denn jetzt machen?«
    »Ich bring dich ins Bett, okay?«
     
    Wolfgang kam nach einer Viertelstunde wieder hinunter in den Salon und fand die Familie schweigend vor.
    »Wie geht es ihr?«, fragte Katharina.
    »Geht schon. Sie ist schnell eingeschlafen. Ihr dürft das nicht so ernst nehmen. Sie hat viel getrunken.«
    »Ich wusste gar nicht, dass sie eine Therapie macht. Warum erzählt sie uns das nicht?« Katharina schenkte sich aus der Rotweinflasche ein. Sie zitterte, dass der Flaschenhals ans Glas schlug. Wolfgang nahm ihr die Flasche ab und goss ein.
    »Du hättest es nicht gut gefunden.«
    »Warum glaubst du das?«
    »Weil du nicht akzeptieren willst, dass in dieser Familie etwas nicht stimmt. Wozu sollte deine Tochter eine Therapie brauchen.«
    »Ja. Vielleicht hast du recht.«
    Wieder kehrte Schweigen ein. Jeder war beflissen, sein Glas mit Alkohol zu füllen. Dieter zündete sich eine weitere Zigarre an. Katharina drehte ihm den Kopf zu. Er sagte nichts, blies mit spitzem Mund den Kienspan aus und prüfte die Glut.
    »Willst du nicht irgendetwas sagen?« Katharina saß Dieter in einem Ohrensessel gegenüber, die Hände auf den Lehnen, die Augen halb geschlossen.
    »Ich will wenigstens Weihnachten in meinem Haus rauchen.«
    »Und sonst?«
    »Was sonst? Soll ich mich zu diesem Unsinn äußern, den deine Tochter mir vorwirft? Ist jemand hier, der eine Erklärung haben will?«
    »Wie sähe die aus?«, fragte Adrian.
    »Dieser Therapeut hat ihr irgendeinen Stuss eingeredet. Die manipulieren die Leute, bis sie irgendwas erzählen, was ihnen in ihren Psychokram

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