Kaspar - Die Reise nach Feuerland (German Edition)
ihn an der Schulter. »Mir kann der Wald nämlich nichts anhaben«, erklärte er.
»Das hätte dir aber auch früher einfallen können«, brummte Niko, als Tofie ihm die Hände fesselte und ihn mit Lars Händen verband.
Tofie hatte das Seil um seinen Bauch gebunden. Shan folgte Tofie dichtauf – dann kamen Sebastian, Juana, Lars und Niko.
»Na, toll. Sieht ja fast so aus, als würden wir eine Bolognese tanzen«, scherzte Niko, der wohl auch resistent gegen die Magie des Waldes zu sein schien.
Sebastian erinnerte sich an seinen zehnten Geburtstag, als er mit seinen Freunden die Schule schwänzte, um Fußball zu spielen, und anschließend fuhr er mit dem Bus in die Stadt. Er kaufte sich eine große Tüte Süßigkeiten und ließ es sich bei einer Flasche Cola gut gehen. Er erinnerte sich, wie er nach Hause kam und seine Mutter ihn zur Rede stellte. Sebastians Erlebnisse tauchten für alle sichtbar wie in einem Film vor ihm auf.
»Boh, ist ja wie 3-D Kino«, staunte Niko, der immer noch bei klarem Verstand war.
Bei Sebastian ließ die Wirkung des Waldzaubers langsam nach und er bekam mit, wie vor Juana das grimmige Gesicht von Herrn Henry Titus erschien. Dann sah er, wie Juana einen nassen Schwamm auf den Stuhl des Lehrers legte, und als der Lehrer das Klassenzimmer betrat - Niko wie üblich vor der Klasse niedermachte - setzte er sich direkt auf den nassen Schwamm. Unter schallendem Gelächter seiner Schüler verließ Herr Titus eilends das Klassenzimmer.
»Aha, Juana war das also gewesen«, staunte Niko, »und ich hab dafür die Dresche von Herrn Werwolf bekommen.«
Sebastian sah, wie Shan als Adler über Wälder und Steppen flog.
Lars spielte mit Kaninchen im Garten und knuddelte sie.
»Diese Viecher hab ich auch gern - zum Fressen gern«, lachte Niko.
Tofie blieb an einem Abhang stehen. Er blickte zurück auf den Wald der Erinnerung.
»Geschafft«, schnaufte er. »Dort unten liegt der Wald der Hexen.«
Tofie deutete den steilen Hang hinab.
»Und wie sollen wir dort runterkommen? Gibt es nicht einen anderen Weg, der nicht so steil ist?«, fragte Sebastian.
»Shan kann sich in einen Adler verwandeln und uns sicher herunterbringen«, antwortete Tofie.
***
Als Shan sie den Hang hinabgeflogen hatte, standen sie nahe am Wald der Hexen, der trotz seines grünen Blattwerks einen finsteren und gespenstischen Eindruck auf Sebastian machte.
»Ab hier ist größte Vorsicht geboten«, flüsterte Tofie.
»Ich habe befürchtet, dass du das sagen würdest«, sagte Lars.
Ein gleißender Lichtblitz nahm Sebastian die Sicht. Er schien direkt aus dem Baum vor ihm zu kommen.
Tofie erstarrte für einen Augenblick. Dann duckte er sich, wich zurück und sagte laut: »Ein Spion! Duckt euch!«
Tofie sprang hinter einen Busch. Sebastian und die anderen folgten ihm schnell.
»Ich glaube, er hat uns nicht entdeckt«, sagte Tofie.
»Was war denn das für ein Ding?«, fragte Juana.
»Ein Lichtspion«, antwortete Tofie, »gefährliche Dinger – entdecken sie einen Eindringling, werden die Hexen sofort gewarnt.«
»Und du bist sicher, dass das Lichtding da uns nicht gesehen hat?«, fragte Niko.
»Ja, ich bin mir so ziemlich sicher – glaube ich«, antwortete Tofie.
Der Lichtspion hing einen Moment in der Luft, schwirrte umher und erlosch.
»Ich glaube, wir können jetzt weitergehen«, sagte Tofie.
»Glaubst du es oder weißt du es?«, fragte Niko und fing sich einen ernsten Blick von Tofie ein.
»Ich weiß es«, antwortete er deutlich.
Eine Nebelschwade überzog den Waldboden und brachte eine eisige Kälte mit, die langsam eine Eisschicht auf dem Boden bildete. Kleine Baumstümpfe ragten in der Ferne wie Grabmäler aus dem Boden empor. Sebastian kam es vor, als würde er über einen Friedhof schreiten, und als ob jeden Moment eine Totenhand aus dem gefrorenen Waldboden herausschnellen müsste, um nach ihm zu greifen.
»Ich habe Angst«, wisperte Niko.
»Ich auch«, gab Sebastian zurück.
»Danke, Kumpel.«
»Wofür?«
»Für deine beruhigenden Worte.«
Der Nebel verdichtete sich und stieg empor. Eine dünne Eisschicht bildete sich auch auf den Baumrinden.
»Ein dämonischer Eiszauber«, warnte Tofie, »daran hätte ich denken müssen.«
»Ist er gefährliche?«, fragte Lars.
»Kommt darauf an, wieviel Kälte du vertragen kannst, Lars«, antwortete Tofie.
»Der war mal mit seinen Eltern in der Karibik und hat gefroren«, wandte Niko ein. »Nicht wahr, Lars?«
»Du bist ja gut gepolstert«,
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