Kassandra Verschwörung
auf ihre ursprüngliche Visitenkarte besonnen zu haben. Warum bloß?«
»Vielleicht sind ihr die Ideen ausgegangen, und sie beginnt wieder von vorn.«
»Vielleicht.«
»Mr. Elder, Sie sagen, diese Gruppe... beziehungsweise sie sei eine Killerin.«
»Genau.«
»Tötet sie für Geld oder für ein Ideal?«
»Für beides. Ideale kosten Geld.«
»Und was ist ihr Ideal?«
Elder schüttelte den Kopf. »Wenn ich das wüsste, hätte ich sie inzwischen vielleicht gefasst.« Er richtete sich plötzlich auf. »Es gibt zwei Möglichkeiten weiterzumachen. Die schnelle oder die langsame. Ich bevorzuge die langsame. Haben Sie heute Abend noch etwas vor?«
»Nein.« Das war eine Lüge, aber Barclay war neugierig geworden.
»Dann koche ich uns was zu essen. Kommen Sie!« Er erhob sich. »Sehen wir mal im Garten nach, was geerntet werden muss.«
Der Abend blieb mild, sodass sie an dem Picknicktisch im Garten hinter dem Haus speisen konnten. Abgesehen von dem sorgfältig gepflegten Gemüsebeet war der Garten naturbelassen. Doch es gab eine Ordnung in der Wildnis. Ein organisiertes Chaos, war der Gedanke, der Barclay in den Sinn kam.
Er wusste nicht, was er von Elder halten sollte. Einerseits schien er ihm intelligent, umsichtig, beeindruckend, andererseits wirkte er auf ihn wie einer der vielen verschrobenen alten Käuze, die der Secret Service hervorgebracht hatte. Die Geschichte, die er erzählte, schien in krassem Kontrast zu der Szenerie zu stehen, die sie umgab, während sie bis in die Nacht hinein im Garten sitzen blieben.
»Hiroshima war ihr erster Auftritt«, begann Elder träge. »Nur dass das nicht zutrifft. Das klingt wie ein Rätsel, ich weiß, aber ich komme noch darauf zurück. Ich habe den Bericht über die Ermordung Hassans verfasst.«
»Ich weiß, ich habe ihn gelesen.«
»Aber da konnte ich natürlich noch nicht wissen... niemand konnte etwas von der Hexe wissen. Dann gab es andere Zwischenfälle, andere Operationen. Die meisten wurden der terroristischen Szene zugeschrieben. Ich stelle mir die Hexe gern als reine Terroristin vor.« Er lächelte. »Aber ich bin sicher, dass sie das nicht ist.« Er schien abzudriften. Barclay fürchtete, Elder würde einschlafen.
»Und nach Hassan?«, fragte er.
Elder bewegte sich. »Nach Hassan... tja, da gab es eine Entführung in Italien. Ein britischer Geschäftsmann, der für irgendeinen Chemiemulti gearbeitet hat. Sie haben seine Tochter entführt. Ich bin hingeschickt worden, um mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Es war eine reine Farce. Die Bande ist entkommen, mit dem Lösegeld.«
»Und die Tochter?«
»Oh, sie wurde freigelassen. Aber das arme Kind ist seitdem ein nervliches Wrack.«
»Sie sagten Bande: Also war es nicht die Hexe?«
»Nicht die Hexe allein, nein. Es waren zwei Männer und eine Frau. Sie war damals noch in ihrer Trainingsphase, wissen Sie, eine Art Probezeit, während der sie gleichzeitig lernte. In ihrer Anfangszeit hat sie nicht allein gearbeitet.«
»Und seitdem?«
»Seitdem?« Elder zuckte mit den Achseln. »Das Problem ist, dass es so wenig Beweise gibt. Sieben bewaffnete Raubüberfälle auf dem europäischen Festland... drei Morde. Etliche weitere Mordversuche, entweder vereitelt oder misslungen. Und immer wurde hinterher eine Frau erwähnt, manchmal nur nebenbei in irgendjemandes Bericht, aber immer eine Frau, eine große, junge Frau. Die außergewöhnlichste Geschichte betrifft einen NATO-General.« Elder spielte mit seiner Gabel. »Sie wurde damals aus Gründen, die Sie gleich verstehen werden, vertuscht. Er war ein in Europa stationierter Amerikaner, aber er musste nach... sagen wir einfach... Asien fliegen – als Teilnehmer einer sehr heiklen Mission. Besagter General hatte ein Faible für brutalen, erzwungenen Sex. Oh, er war bereit, dafür zu bezahlen. Er hat so manchen Zuhälter und so manche Puffmutter reich gemacht. Die Geschichten, die über eine spezielle Prostituierte kursierten, hatten es ihm besonders angetan. Je grober es zur Sache ging, desto lieber mochte sie es angeblich. So hieß es.« Elder hielt inne und ließ seinen Blick durch den Garten schweifen, entweder um sich an dessen Schönheit zu erfreuen oder um zu überlegen, wie er das, was jetzt kam, formulieren sollte. »Er wurde nackt auf seinem Bett gefunden, sein Kopf war am Hals vom Körper abgetrennt und ihm zwischen die Beine gelegt worden. Es war so arrangiert, als ob die Leiche sich selbst einen bliese.«
Elder sah Barclay jetzt an und
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