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Kassandras Fluch

Kassandras Fluch

Titel: Kassandras Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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fegten über die Köpfe der anstürmenden Männer hinweg, bevor sie im dunklen Nachthimmel verschwanden.
    Schreie, Fluchen — niemand stürmte mehr weiter. Sie hechteten zu Boden, waren geschockt, und wir bekamen die Chance zur Flucht. Irgendwann unterwegs schleuderte Suko die Schrotflinte weg, er benötigte sie nicht mehr.
    Dann nahmen wir die Beine in die Hand. Es wurde keine Jagd mehr, wir verliefen uns auch nicht, denn wir hatten uns den Weg gut gemerkt. Suko fing an zu lachen, als er den Kopf schüttelte, wir uns an eine Wand lehnten und uns selbst gratulierten.
    »Und jetzt?« fragte ich.
    »Haben wir einen Schluck verdient, würdest du sagen, Alter.«
    »Ja.«
    Allmählich wich die Spannung. In einem uralten Taxi ließen wir uns zum Hotel hochfahren. Es lag auf einem Berg, mit einem sagenhaften Blick über die gewaltige Stadt und das Wasser.
    Im Zimmer stellten wir uns unter die Dusche, zogen leichte Bierkleidung an und trafen uns in einer Außenbar. Bei diesen Temperaturen herrschte wahnsinnig viel Betrieb, und uns kam es vor, als hätten wir eine andere, eine künstliche Welt betreten. Trotz der Gefahren war das andere Istanbul echter gewesen.
    Wir hatten alkoholfreie Drinks bestellt, Mixgetränke mit viel erfrischendem Fruchtsaft, wobei wir auf Eis verzichtet hatten. Mit den hohen Gläsern stießen wir an.
    »Worauf?« fragte Suko, bevor er trank. »Ich würde sagen, auf den zweiten Teil des Jobs.« Mein Freund nickte. »Und was ist mit dem dritten Teil?«
    »Das wird uns sicherlich Sir James Powell sagen können.«
    Suko nickte. »Wenn wir das geschafft haben, könnten wir den Fall eigentlich zu den Akten legen — oder?«
    Ich mußte lachen. »Glaubst du wirklich daran?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht, weil ich das Gefühl habe, daß es dann erst richtig zur Sache geht…«
    Der Alpensee lag eingepackt in wattigen Nebel, und über ihm schwebte eine Stille, die man kaum beschreiben konnte. Es war einfach wunderschön, ihn in dieser frühen Morgenstunde zu sehen, wenn das Licht der aufgehenden Sonne noch hinter den Bänken aus Dunst lag, sie anstrahlte, aber nicht durchkam und die Wolken zu hellen, manchmal glänzenden Wolkentürmen machte.
    Auch die Berge waren noch nicht zu sehen. Als kantiger Hintergrund waren sie eingetaucht in den morgendlichen Dunst. Am Ufer des Sees hielt sich der Nebel besonders dicht.
    Wind herrschte kaum, deshalb kräuselten sich auch keine Wellen auf der Oberfläche. Flach wie ein Spiegel lag er, nur hin und wieder, wenn Fische vorwitzig ins Frei sprangen und wieder eintauchten, entstanden kleine, kräuselnde Welleninseln.
    Am Südufer, wo die Berge den See nicht einschlossen, war genügend Platz für die braunen Stege, die als lange Finger einen Teil des Schilfs überwanden und noch in das freie Wasser hineinstachen. Sie waren äußerst wichtig für die Menschen, die mit ihren Booten ausfuhren, um hinauszugleiten in die Stille.
    An diesem Morgen war nur einer unterwegs. Der Mann löste sich aus dem Dunst am Steg und ruderte mit kräftigen Bewegungen der Seemitte entgegen.
    Es würde wieder ein sehr warmer Septembertag werden, das stand fest. Jetzt um diese frühe Stunde war es noch kühler, deshalb hatte der etwa sechzigjährige Mann auch eine wetterfeste Jacke übergestreift. Er war für sein Alter noch sehr agil und kräftig. Das Gesicht wirkte wie aus dem Berg herausgeschlagen, so kantig, und auch die Augen paßten dazu. Sie blickten kalt wie Gletscherseen. Das wenige Haar hatte er durch eine Schiebermütze verdeckt, der Mund bildete einen Strich. Er atmete ruhig durch die Nase, während er die Ruderblätter durch das Wasser zog, die beim Eintauchen kaum spritzten, was wiederum zeigte, daß der Mann die Ruderei verstand.
    Er wußte, wie weit er zu rudern hatte, um sich die Fische zu fangen, die er am Mittag in die Pfanne legen wollte. Er war auf der Jagd nach Rotbarben und ging davon aus, daß er drei von ihnen am Angelhaken haben würde.
    Der Mann, der in dieser idyllischen Gegend sein Haus gebaut hatte, ging einem Geschäft nach, das in einem krassen Gegensatz zu dieser ruhigen, majestätischen Bergwelt stand.
    Er hieß Kramer und handelte mit Waffen. International ein mittlerer Hai, aber Kramer war schon lange im Geschäft, kannte sich aus und hatte treue Kunden, zu der auch die gefährlichste Verbrecherorganisation der Welt gehörte, die Triaden!
    Eine chinesische Mafia, die dabei war, von Hongkong aus ihren Siegeszug um die Welt anzutreten, ihre Landsleute unter Druck

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