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Kassandras Fluch

Kassandras Fluch

Titel: Kassandras Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Seite, das Gesicht schrecklich verzerrt. Einen Arm, den rechten, aufgestützt und ausgestreckt, bewegte sie ihre Finger, die ebenfalls die dunkelbraune Farbe angenommen hatten und wo sich die einst so geschickt gestylten Nägel lösten und als Krümel zu Boden regneten.
    Ein letzter Laut entließ der halb offene Mund, dann war es auch mit Fatima vorbei.
    Sie lebte nicht mehr. Vor uns lag eine alte Frau, der man ihre hundert Jahre abnahm.
    Ich schaute in Sukos Gesicht. Es war ebenso starr wie das meine.
    »Haben wir das gewollt?« fragte er.
    Ich hob die Schultern. »Nein, bestimmt nicht, nur hat das Schicksal den Weg vorgezeichnet.«
    »Welches Schicksal? Eines, das wir nicht kennen. Erst Spinosa, jetzt sie, und was erwartet uns bei der dritten Person?«
    »Der kalte Horror.«
    Suko stimmte mir zu und ließ den zweiten Teil des Steins in seiner Tasche verschwinden.
    Ich war schon auf dem Weg zur Tür, blieb aber stehen, weil ich von draußen etwas gehört hatte.
    »Ist was?« flüsterte Suko.
    Ich drehte mich um. »Hat Fatima nicht davon gesprochen, daß wir beobachtet wurden?«
    »Sicher.«
    »Da könnte sich etwas tun.« Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, als die Tür aufflog.
    So traten keine Gentlemen ein, und es waren auch keine Gentlemen, diese drei Typen, die mir schon auf dem Hinterhof aufgefallen waren. Nur einer von ihnen war bewaffnet, und zwar der Kerl in der Mitte. Er trug eine doppelläufige Schrotflinte, deren Läufe verkürzt waren, um die Streuwirkung zu erhöhen.
    Wenn er diese Kanone abfeuerte, konnte er ein Blutbad in der Garderobe anrichten…
    ***
    Die Männer standen unbeweglich, wir rührten uns ebenfalls nicht. Allerdings standen wir so, daß es ihnen schwerfallen würde, den Körper der Tänzerin ganz zu sehen, weil wir ihnen einen Großteil der Sicht nahmen.
    Sie sagten nichts, nur die Augen bewegten sich. Der Blick hatte etwas Wütendes und Lauerndes bekommen. Sie wußten nicht so recht, wie sie es anfangen sollten. Wenn ich sie einschätzen mußte, so sah ich in ihnen die Zuhälter des Viertels oder Ganoven, die irgendwelche Schutzgelder erpreßten.
    Der Typ in der Mitte, er war kleiner und kompakter als seine beiden Kumpane, stieß die Doppelmündung der Flinte vor. Als er sprach, bewegte er seine Lippen nach vorn, sie sahen aus, als wollten sie einen Schnabel bilden.
    »Weg, ein Stück«, radebrechte er.
    »Warum?«
    Er hob die Flinte. »Du sollst gehen, sonst zerfetze ich dich und Schlitzauge. Hier weint keiner um euch. Man wird nicht einmal merken, daß ihr nicht mehr da seid. In Istanbul verschwinden viele Leute. Einfach so, weg. Sie schwimmen im Meer unter der Brücke und tauchen niemals wieder auf.«
    Seine Kumpane hatten sich drohend hingestellt. Sie wirkten wie Mauern mit ihren kantigen Schultern.
    Ich schob mich nach rechts. Aus den Augenwinkeln hatte ich zu dem bewegungslos dastehenden Suko geschaut. Es war ihm ja nichts anzusehen, aber ich kannte meinen Freund gut genug. Der würde, wenn es nötig sein sollte, von einer Minute auf die andere explodieren und sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.
    Jetzt mußte der Kerl die Tote sehen. Ich behielt ihn unter Kontrolle. Sein Gesicht, es war plötzlich kein Gesicht mehr, glich einer staunenden Maske, in der die Haut zuckte, als sie aschfahl wurde. Ein Wort nur würgte er hervor. »Fatima!«
    Seine Aufmerksamkeit hatte etwas nachgelassen, auch die anderen Kerle waren von seiner Bemerkung abgelenkt worden. Als sie hinschauten, sagte er den Namen noch einmal. Diesmal allerdings heulte er wie ein Wolf. »Fatima!«
    Er fuhr herum, die Waffe schwang mit. Ich spürte die Läufe, als sie sich über meinem Gürtelschloß in den Körper bohrten. Der Finger lag um den Abzug. Wenn der Mann abdrückte, klebte ich irgendwo an der Wand, und zwar nicht mehr so, wie ich jetzt noch aussah. Deshalb hob ich sicherheitshalber die Arme und tat ungemein erschreckt.
    »Was hast du gemacht?«
    »Nichts. Sie ist tot.«
    »Ver… vermodert!« brüllte er. »Vermodert — ja, so heißt es doch. Vermodert!«
    »Richtig!«
    »Warum?« Er drückte härter zu. Ich stemmte mich gegen den Druck, weil ich nicht zu weit von Suko wegwollte, denn auf ihn achtete im Moment kaum jemand.
    »Das wissen wir nicht!«
    »Doch, ihr müßt es wissen. Ihr wart bei ihr. Sie arbeitete für uns, sie gab uns ab.«
    »Doch, ich weiß Bescheid!«
    Suko hatte sich mit einem trocken gesprochenen Satz gemeldet. Die beiden anderen ringerähnlichen Typen hielten keine Waffen in

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