Kassandras Fluch
grinste breit. »Ein Pluspunkt für dich.«
»Wenn ich Bulgare sage, bekomme ich dann auch einen?«
»Richtig, Suko.«
»Du willst ihn also fangen?«
»Ja.«
»Wir ebenfalls.«
Golenkow wartete, bis die Bedienung das Wasser gebracht hatte, und zahlte gleich alles. »Er ist zu einer verdammten Gefahr geworden, Freunde, und zwar nicht nur für euch, auch für uns. Er ist aus dem Untergrund aufgetaucht und hat es verstanden, seinen Arm dorthin auszustrecken und Hilfe zu erwarten, wo man mächtige Dämonen vermutet.«
»Baphometh!« präzisierte ich.
»Du weißt schon mehr?«
»Nicht viel, vielleicht weniger als du. Aber wir haben Informationen bekommen, daß hier am oder im Dom etwas geschehen soll. Was das ist, können wir nicht sagen.«
Der Russe nickte und dachte dabei nach. »Auch meine Infos sind mehr als spärlich. Ich gehe davon aus, daß er sich bei den anderen Kreisen einen guten Einstieg verschaffen will.«
»Bei Baphometh!«
»Der steckt dahinter?«
»Wir gehen davon aus«, sagte Suko.
Golenkow schaute über den Platz. »Menschen«, murmelte er, »nichts als Menschen, Unschuldige, die für den Bulgaren zu einer leichten Beute werden können.«
»Wie gefährlich ist er?« wollte ich wissen.
»Gefährlich ist falsch, John. Dieser Mann ist absolut tödlich. Der ist gnadenlos.«
»Schön. Andere Frage: Wie sieht er aus?«
»Wenn ich das wüßte…«
»Was?« Ich beugte mich vor. »Du weißt nicht, wie der Bulgare aussieht? Das gibt es doch nicht.«
»Nicht genau. Ich habe in unseren Dossiers nachgeschaut. Daß er ein alter Doppelagent ist, steht fest. Daß er nicht mehr zu den Jüngsten gehört, wissen wir ebenfalls. Aber sein genaues Aussehen ist uns unbekannt.« Er holte ein Foto hervor, eine sehr verwaschene Aufnahme, die mehr einen Schatten als ein Gesicht zeigte.
»Ist er das?«
Golenkow nickte mir zu, bevor ich das Foto an mich nahm. Suko schaute von der Seite her auf das Bild und schüttelte den Kopf ebenso wie ich.
»Darauf kann man kaum etwas erkennen.«
»Das ist es ja eben«, nickte Golenkow.
Ich ließ es noch nicht los. Der Bulgare war nur ein huschender Schatten, der aus dem Bild laufen wollte, mehr nicht. Daß er dunkles Haar besaß, war gerade noch zu erkennen, aber von seiner Figur sahen wir nichts, und natürlich keine Gesichtszüge oder irgendeinen markanten Punkt, der aufgefallen wäre.
Ich legte das Bild auf den Tisch. Wladimir steckte es sehr schnell wieder ein. »Das ist wenig«, sagte ich, »fast überhaupt nichts. Schau dich mal um. Wie viele dunkelhaarige Menschen laufen hier über den Platz? Dann kannst du vergleichen.«
»Zu viele«, gab Suko grinsend zur Antwort.
»Der ist wie ein Schatten.« Wladimir schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Schon die ganzen Jahre über war er nicht zu fassen. Der hat den KGB ebenso geleimt wie die CIA und andere Geheimdienste. Bei den Japanern steht er auf der Abschußliste ganz oben, die Israelis sind auch nicht gut auf ihn zu sprechen. Wie wir hörten, soll er jetzt bei Gaddhafi eingestiegen sein.«
»Mit seiner Templer-Magie?«
»Warum nicht? Der Bulgare ist ein Mensch, der das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet, wenn ich das mal so sagen darf. Er beweist dem Libyer durch seine Tat hier, wie gut er ist und kann anschließend machen, was er will.«
»Welche Tat?«
»Das weiß ich nicht.«
Suko fragte etwas anderes. »Bist du eigentlich allein gekommen oder in Begleitung?«
»Ich habe noch zwei Leute mitgebracht. Sie sollten sich in der Tiefgarage umschauen.«
»In der unter uns?«
»Ja.« Golenkow holte ein flaches Sprechfunkgerat mit eingebauter Antenne hervor und versuchte, Verbindung mit seinen Leuten aufzunehmen, was ihm nicht gelang.
»Schlafen die, verflucht?«
»Müssen sie schlafen, Wladimir?«
Der Russe hatte den Unterton in meiner Stimme genau verstanden. Er krauste die Stirn. »Bezahlt haben wir, nicht?« Dabei stand er schon auf.
»Wir gehen mit!« entschied ich.
Bis zur Treppe, die in den Bauch der Garage führte, waren es nur ein paar Schritte. Golenkow lief sehr schnell los, mußte dann an die Wand, denn eine Familie, mit Einkaufstüten bepackt, kam uns entgegen. In der ersten und zweiten Ebene hockten Golenkows Leute und lauerten auf den Bulgaren.
Der Geruch einer Tiefgarage ist fast überall auf der Welt gleich. Abgase und anderer Mief legten sich auf die Lungen. Hier unten roch es zudem noch nach frischer Farbe, denn einige Säulen waren gestrichen worden. Golenkow lief vor. Er
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