Kassandras Fluch
nahm einen der breitesten Gänge. Dabei visierte er einen schwarzen Opel Senator an, der mit der Schnauze zum Gang hin stand.
Obwohl wir uns hinter Golenkow befanden, erkannten wir, daß zwei Personen im Fahrzeug hockten.
»Ausgerechnet«, schimpfte der Russe. »Sie sollten beide Parkdecks beobachten.«
Er klopfte gegen die Scheibe.
Weder der Beifahrer noch der Fahrer rührten sich. Sie hockten da, als wären sie eingeschlafen.
»John, Suko«, sagte Golenkow, »ich habe das Gefühl, daß sie nicht mehr reden können.«
»Das glaube ich auch.«
Wladimirs Gesicht wirkte steinern, als er die Tür an der Fahrerseite aufzog. Viel Platz war zwischen den Wagen nicht mehr, so blieben wir zurück.
Da die Innenbeleuchtung brannte, konnten wir auch die beiden Männer besser erkennen. Wir hörten den Fluch des Russen. Er trat zur Seite und machte uns Platz.
Zuerst schaute Suko nach, dann ich.
Der Fahrer hing angeschnallt in seinem Gurt und schien dem Klatschen der Blutstropfen zu lauschen, die aus seiner Wunde am Hals flössen. Er war tot.
Der Beifahrer mußte sich gewehrt haben. Dennoch war er erwischt worden, aber er bewegte die Augen und stöhnte leise. Ich gab Golenkow ein Zeichen. »Versuch es, der Mann lebt noch. Vielleicht kann er dir etwas sagen. Er muß den Bulgaren gesehen haben.«
»Okay.«
Suko und ich sicherten ab. Wir schauten nicht in den Wagen. Unsere Blicke glitten über die Dächer der anderen hinweg und suchten nach einer verdächtigen Bewegung.
Nichts erkannten wir. Es blieb alles ruhig. Wer die Tiefgarage betrat oder verließ, war harmlos. Es geriet auch niemand in unserer Nähe, was uns sehr entgegenkam. Golenkow tauchte wieder auf. Vorsichtig schloß er die Tür. »Er hat es hinter sich«, sagte er mit leiser Stimme. »Der Bulgare ist ein Schwein, ein Hundesohn.«
»Konnte er noch reden?«
»Er stach mehrmals auf ihn ein.« Der Russe schüttelte den Kopf, als wollte er ein schlimmes Bild fortwischen. »Ja, er hat noch etwas gesagt. Es war leider nicht viel. Der Bulgare erklärte ihm, daß er seine Probe bestehen würde, was immer das auch sein mag.«
»Die Probe für Baphometh«, sagte ich.
»Dann hat es etwas mit dem Dom zu tun.«
»Bestimmt.«
»Und weiter?« Suko zeigte Ungeduld. »Hat er den Bulgaren beschreiben können?«
Wladimir hob die Schultern. »Nun ja, er hat es versucht. Der Mann soll eine dunkle Jacke tragen, grauschwarzes Haar haben, und ein altes Gesicht. Das war alles.«
»Nicht viel«, murmelte ich.
»Zu wenig«, stimmte mir auch Suko zu.
Golenkow ging zur Seite. »Womit könnte er sich denn einen Namen machen? Der kann doch keine Bomben an oder in den Dom legen, das ist unmöglich. So etwas schafft er nicht. Aber er weiß Bescheid, der muß mit einem Instinkt ausgerüstet sein, der schon an Wahnsinn grenzt. Sonst hätte er meine Leute nicht gefunden.«
»Ihm traue ich alles zu«, erklärte Suko. »Auch das mit den Bomben. Besonders schlimm ist für mich seine Menschenverachtung. Mich würde interessieren, ob er Helfer besitzt oder alles allein unternommen hat.«
»Das habe ich noch gefragt. Der Sterbende war sich nicht ganz sicher. Er schloß es nicht aus.«
»Jedenfalls müssen wir uns auf einen Mann mit dunkler Jacke und grauschwarzem Haar konzentrieren«, sagte ich. »Kommt, hier unten werden wir ihn kaum finden.« Wir rannten trotzdem nicht wie die Wilden nach oben, gingen gemächlich, sahen uns um und entdeckten nichts Außergewöhnliches.
Oben auf dem Platz, wo die Sonne schien, herrschte das Leben. Unter uns lagen zwei Tote.
Ziemlich ratlos standen wir beisammen, automatisch suchten wir nach einem Mann mit grauschwarzen Haaren und einer dunklen Jacke. Ältere Menschen gab es ebenso wie jüngere. Die Suche würde verflixt schwer für uns werden.
»Außen oder innen«, sagte Suko.
Ich nickte. »Daran habe ich ebenfalls gedacht.«
»Was meint ihr?« fragte Golenkow.
»Wir sollten in den Dom gehen.«
Der Russe wischte über sein Gesicht. »Glaubt ihr denn, daß der Bulgare sich dort versteckt hat?«
Ich lachte leise. »Versteckt, sagst du? Das hat er nicht nötig. Er wird schon als Siegertyp den Dom betreten, das glaube mal nur. Und er wird sich auch nicht von der Atmosphäre zwischen den Mauern abschrecken lassen. Der Bulgare besitzt die Unterstützung eines mächtigen Dämons, der wird ihn psychisch gestärkt haben und dafür sorgen, daß er Hindernisse locker überwindet.«
»Das macht mir fast Angst«, sagte der KGB-Mann.
Suko nickte. »Okay,
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