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Kastner, Erich

Kastner, Erich

Titel: Kastner, Erich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die verschwundene Miniatur
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Lauf kundschaft gekommen. Meine Frau mußte ins Geschäft. Und als sie wieder in die Stube kam, war der junge Mann nicht mehr da. Sie hat natürlich gedacht, es hat ihm zu lange gedauert, und sich nicht weiter den Kopf zerbrochen. Und erst jetzt, als ich anrief, hat sie gemerkt, daß die Miniatur gar nicht mehr überm Sofa hängt! Der Kerl hat sie ganz einfach vom Nagel geholt und ist durch die Tür, die zum Hausflur führt, verschwunden.«
    »Wieder dieser junge Mann!« brüllte der Kommissar außer sich und warf den großen Zimmermannsbleistift wütend in den Papierkorb.
    Herr Steinhövel lächelte wehmütig. »Ich bin sonst eigentlich ein Freund von tüchtigen jungen Leuten. Aber dieser junge Mann, muß ich gestehen, ist mir doch ein bißchen zu tüchtig.«
    Der Kommissar hob den Kopf. »Er muß nach dem Warnemünder Überfall gemerkt haben, daß er versehentlich eine Kopie gestohlen hatte. Deswegen ließ er die Miniatur, als er die Bande in seiner Wohnung einschloß, gleich mit dort. Ihm war dadurch zweierlei gelungen. Er hatte die Konkurrenten vom Halse. Und außerdem konnte er damit rechnen, daß wir die Kopie eine Zeitlang für das Original halten würden. So hatte er wieder Vorsprung! Er fuhr zu Frau Külz und stahl in aller Seelenruhe das Original, das wertlos und unbeachtet an der Wand hing.«
    »Und woher konnte dieser… dieser junge Mann wissen«, sagte Fräulein Trübner, »daß sich die zweite Miniatur bei Herrn Külz befand? Der junge Mann war doch längst nicht mehr in Warnemünde, als ich Herrn Külz die vermeintliche Kopie schenkte! Das ist doch alles sehr unglaubhaft!«
    Der Kommissar winkte den Einwand ab. »Er hat’s ganz einfach versucht! Irgendwo mußte die zweite Miniatur ja schließlich sein.
    Außerdem dürfen Sie das eine nicht vergessen: Gauner haben oft mehr Glück als anständige Menschen.«
    Fleischermeister Külz murmelte: »Immer diese Theorien!« Dann versank er erneut in trübe Gedanken.
    »Was meine Sekretärin eingewendet hat«, erklärte Herr Steinhövel, »hat fraglos etwas für sich. Mir scheint, daß wir noch nicht alles wissen.«
    »Theorien«, murmelte Papa Külz. »Lauter Theorien.« Plötzlich erhob er sich und trat vor den Sammler hin. »Eins aber stimmt! Die Miniatur ist weg! Herr Steinhövel, ich schulde Ihnen eine halbe Million. Keine Widerrede! Auf der Bank habe ich sechstausend Mark. Sie gehören Ihnen. Außerdem gehört Ihnen mein Geschäft. Es geht nicht schlecht. Die Lage ist gut. Ich ziehe mit meiner Frau zu den Kindern.«
    »Um des Himmels willen!« rief der zierliche alte Kunstsammler und hob abwehrend die Hände. »Was soll ich denn mit einer Fleischerei anfangen?«
    »Das ist Ihre Sache«, antwortete Külz. »Verkaufen Sie den Laden! Ich habe mein Leben lang keine Schulden gemacht. Dabei soll es bleiben. Ich habe keine Ruhe mehr, solange ich noch einen Hosenknopf besitze, den ich nicht dringend brauche. Alles, was ich habe, gehört ab heute Ihnen. Ein paar Anzüge darf ich vielleicht behalten. Sie würden Ihnen sowieso nicht passen. Wir machen es später schriftlich.« Er setzte sich wieder und holte mit zittrigen Fingern eine Zigarre aus dem Etui.
    »Sie sind ja nicht bei Troste!« meinte Herr Steinhövel. »Erstens haben Sie doch geglaubt, die Imitation zu besitzen. Und zweitens bekommen wir ja das Original wieder! Nicht wahr, Herr Kommissar?«
    »Selbstverständlich!« behauptete der Beamte unsicher.
    »Das glauben Sie doch selber nicht«, sagte Oskar Külz. »Wenn dieser junge Mann wirklich ein Gauner ist, dann sehen Sie Ihren Holbein nie wieder! Darauf können Sie Gift nehmen!«
    »Von der Polizei scheinen Sie nicht viel zu halten«, meinte der Kriminalkommissar.
    Herr Oskar Külz hörte den Einwurf überhaupt nicht, sondern nickte dem alten Kunstsammler nachdenklich zu. »Wir machen es später schriftlich«, wiederholte er ernst.
    Länger als eine Stunde fuhr der Komponist Struve schon hinter dem glattrasierten Herrn her! Die beiden Chauffeure hatten sehr bald begriffen, daß es sich um keine Spazierfahrt handelte. Vor allem dem einen Chauffeur wurde das erschreckend klar. Als er nämlich halten wollte, um sich bei seinem Fahrgast zu erkundigen, wozu man ihn ziellos durch Dutzende von Haupt-und Nebenstraßen hetze, bemerkte er im Spiegel, daß der vornehme Herr einen Revolver aus der Tasche zog, die Waffe entsicherte und in nicht mißzuverstehender Weise auf die lederne Chauffeurjoppe anlegte.
    In den wichtigsten Situationen des Lebens bedarf es

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