Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
weitem sehen. Der Ort glich einem Lichtermeer, wie Rajin es allenfalls in den Traumbildern des Weisen Liisho zuvor gesehen hatte. Zylinderförmige Luftschiffe aus Tajima waren an hohen Masten vertäut. Den Kapitänen war es derzeit nicht gestattet, ihre Waren ins Innere des Landes zu bringen; ein kaiserliches Gesetz verbot dies, damit den Besitzern von Last- und Laufdrachen innerhalb Drachenias keine Konkurrenz entstand. So mussten Waren, die Drachenias Häfen per Luftschiff erreichten, ebenso gelöscht werden wie jene, die in den Bäuchen der Seeschiffe transportiert worden waren.
Im Hafen selbst waren derzeit vor allem Fischerboote und kleine Dschunken für den Küstenverkehr sowie einige der schweren Dampfgaleeren aus Feuerheim zu finden. Kein einziges seemannisches Langschiff war in dem gut beleuchteten Hafen zu sehen, in dem offenbar auch in der Nacht ein geschäftiges Treiben herrschte.
Liisho hatte Rajin und Bratlor vor ihrer Abreise aus der Ruinenstadt Qô einiges über den Fürsten und seine Provinz erzählt. Mit Bedacht hatte Liisho dafür gesorgt, dass Rajin nichts über ihn – nicht einmal etwas über das Land, das er verwaltete – in den Traumgeschichten erfahren hatte. Der Weise hatte den Fürsten schützen wollen – schließlich war ja nicht gänzlich auszuschließen gewesen, dass Rajin in die Hände des Usurpators geriet.
Sie überflogen die Stadt, über der es selbst in der Nacht von fliegenden Drachen und eintreffenden tajimäischen Luftschiffen nur so wimmelte, und erreichten die Burg.
Burg und Stadt leiteten ihren Namen vom Familiennamen des Fürsten Payu Ko Sukara ab, der von hier aus das Land zwischen Südfluss und tajimäischer Grenze verwaltete. Südflussland nannte man dieses Gebiet – oder auch einfach nur Südfluss. Nominell war es Teil der Provinz Ostmeerland, aber aufgrund der Abgelegenheit dieses Reichsteils war Fürst Payu faktisch nur dem Kaiser in Drakor verantwortlich.
Ghuurrhaan und Ayyaam landeten im Burghof und wurden bereits erwartet. Diener und Wächter eilten herbei, darunter auch solche, die offenbar ausgebildete Drachenpfleger waren. Sie näherten sich von der Seite und warfen den beiden Drachen gewürztes Stockseemammut vor.
Rajin, Bratlor und Liisho kletterten von ihren Reittieren. Der Hauptmann der fürstlichen Leibwache trat vor und verneigte sich.
„Folgt mir!“, waren seine einzigen Worte.
Sie wurden durch das Portal des Haupthauses in den Audienzsaal des Fürsten geführt. Fürst Payu Ko Sukara wartete dort bereits. Er war ein Mann von erhabener Gestalt, mit silberdurchwirktem Haar, einem dünnen Oberlippenbart und edlen, hochwangigen Gesichtszügen. Er machte ein Zeichen, woraufhin sämtliche Diener und Wachen den Raum verließen. Alle Türen und Fenster wurden geschlossen. Das Licht von sieben Kronleuchtern – fünf großen und zwei kleinen — erfüllte den Raum. Sie hingen von der Decke, die mit einer Karte der Welt bemalt war. Die großen Leuchter standen für die fünf Reiche, die beiden kleinen für das Südflussland und Qô, denn der Fürstenpalast war in der Zeit vor der Zerstörung Qôs errichtet worden. Sowohl im Südflussland als auch auf der Insel hatte man in jenen Tagen die Hoffnung gehegt, sich irgendwann unabhängig machen zu können, und war für diese Bestrebungen bestraft worden. Qô hatte sich von Drachenia lösen wollen und war dem Zorn Kaiser Onjins anheim gefallen; Sukara und das Südflussland hingegen hatten sich vom Luftreich Tajima gelöst; doch nur um anschließend eine Beute Drachenias zu werden, zu dem das Gebiet seitdem gehörte.
„Seid gegrüßt, mein erhabener Fürst“, sagte Liisho.
„Ich erwidere Euren Gruß, Meister Liisho“, sagte Fürst Payu und unterzog dabei Rajin und Bratlor einer kritischen Musterung. „Ihr habt mir Großes angekündigt …“
„Und nicht übertrieben“, beteuerte Liisho und wies auf Rajin. „Vor Euch steht Rajin Ko Barajan, der rechtmäßige Erbe des Thrones von Drakor, den sein Vater, unser geliebter Kaiser Kojan, durch feigen Verrat und Mord verlor.“
„Wer ist der Mann neben ihm?“, fragte der Fürst.
Da Liisho keinerlei Neigung zu haben schien, den seemannischen Barbaren vorzustellen, sah dieser sich gezwungen, dies kurzerhand selbst zu tun. „Bratlor Sternenseher bin ich“, erklärte er in dem gepflegtesten Drachenisch, das er zuwege brachte. „Ich komme aus Winterland.“
„Aus Winterland?“, wiederholte Fürst Payu erstaunt. „Ein Barbarenfreund für einen Prinzen
Weitere Kostenlose Bücher