Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
einfach kein Ende nehmen, und Tag für Tag bot sich dasselbe trostlose, graue Bild. Oft regnete es so heftig, dass man kaum vor den Eingang des Kuppelbauds treten konnte, um nach den beiden Drachen zu sehen, die schon seit Wochen nichts mehr gefressen hatten.
In diesem Punkt war Liisho jedoch recht zuversichtlich. „Das werden sie nachholen, sobald das Wetter wieder besser ist. Glaubt mir, ihre Laune wird durch diese Fastenzeit zwar nicht bessern, aber einen Schaden tragen sie ansonsten nicht davon. Einmal habe ich den Fehler gemacht, meinen getreuen Ayyaam mit ein paar guten Stücken aus meiner Vorrateskammer zu versorgen. Das hätte ich nicht tun sollen. Das arme Geschöpf hat es gar nicht vertragen, und trotz der frischen Meeresbrise hing eine Wolke beißenden Gestanks über der Stadt …“ Der Weise seufzte. „Schon die Erinnerung verursacht mir Übelkeit. Aber das Schlimmste war, dass diese Wolke grauenhaft riechender Gaswolken auch feuergefährlich war und ich nicht einmal meine Flamme anzünden konnte, ohne Gefahr zu laufen, eine tödliche Verpuffung auszulösen. Die Insektenstiche nach diesen Nächten konnte ich später nicht einmal mehr zählen …“
Zwei Tage, nachdem Liisho diese Erzählung zum Besten gegeben und damit die Stimmung keineswegs gehoben hatte, zeichneten sich erstmals wieder etwas deutlichere Formen auf dem magischen Pergament ab, das Rajin noch immer aufbewahrte und ständig bei sich trug. Hoffung und Sehnsucht keimten gleichermaßen in ihm auf, und er blickte immer öfter auf das Pergament.
In einer sturmdurchtosten Nacht, in der sich die andauernden Gewitter mit ihrem Donnergrollen auf schaurige Weise mit den Schreien der Vergessenen Schatten mischten, entrollte Rajin, der keinen Schlaf finden konnte, das magische Dokument. Die Flamme, die aus der Schale in der Mitte des Raumes emporzüngelte und die Insekten vertrieb, spendete genügend Licht, um auf dem Pergament einen Schemen zu sehen, der wenige Augenblicke später zu einem erschreckend lebendigen Bild einer jungen Frau wurde.
Nya!
Am liebsten hätte er ihren Namen gerufen und sie angesprochen. Aber im letzten Moment verkniff er sich das. Nicht noch einmal wollte er die Magie des Verlorenen Lebens herausfordern. Mochte der Todverkünder Ogjyr wissen, was für untote Kreaturen durch seine Antwort womöglich hier in Qô geweckt worden wären …
Nya bewegte sich, so als würde sie etwas oder jemanden suchen und sich in einer Umgebung befinden, in der sie sich nur schwer zurechtfand. Dann aber wandte sie den Kopf und sah Rajin direkt an.
„Bjonn!“, sagte sie, und ein Lächeln ließ ihr Gesicht für einen Moment erstrahlen. „Oh, Bjonn, ich bin so froh, dich zu sehen.“
Rajin sah sie nur an. Er durfte ihr nicht antworten und ihr auch keine Fragen stellen.
„Bjonn, mein geliebter Bjonn … Du hörst mich anscheinend nicht …“
Sie sah sich um, so als wäre jemand hinter ihr. Der Hintergrund des Bildes bestand nur aus Dunkelheit, doch Nya zuckte zusammen, als würde sie dort jemanden erblicken.
„Bjonn, ich kann nicht weiter sprechen! Der Magier des Kaisers … Nein …“
Das Bild wurde dunkel.
Bratlor und Liisho hatten Rajin beobachtet, während er im Licht der Flamme auf das entrollte Pergament starrte, wobei sich sein Blick plötzlich verändert hatte.
„Du hast sie gesehen, nicht wahr?“, erkannte Bratlor sofort.
Rajin nickte.
„Immerhin hast du Selbstbeherrschung gezeigt“, stellte Liisho fest, aber es klang nicht wie ein Lob. „Was geschehen wäre, hättest du mit ihr gesprochen, kannst du dir kaum vorstellen. Hier schlummert mehr verlorenes Leben als an irgendeinem anderen Ort der Welt. Glaub mir, ich bin viel herumgekommen und habe mich ausführlich mit den Zeugnissen der Vergangenheit beschäftigt.“
„Es war schwerer, mich selbst unter Kontrolle zu halten, als die über einen Drachen zu erringen“, sagte Rajin tonlos.
„Ja, da magst du recht haben“, murmelte Liisho. „Das musste ich auch einst erfahren …“ Bei diesen Worten war sein Blick nach innen gekehrt und verlor sich in der Vergangenheit. Allerdings schien der Weise nicht gewillt, seine Bemerkung näher zu erläutern.
Rajin ließ das Pergament zunächst ausgerollt, in der Hoffnung, Nya noch einmal zu sehen. Selbst die ineinander verlaufenden Farben und unklaren Formen wären ihm ein Trost gewesen, aber da war nur Schwärze. Schließlich fragte er: „Wer ist dieser Magier?“
„Der derzeitige Hofmagier
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