Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
dürfen. Um die schlichten orangefarbenen Deckenlampen über den momentan nicht besetzten Tischen auf der rechten Seite des Gastraums schwirrten zahlreiche dicke Fliegen. Offenbar waren sie alle klug genug, einen Bogen um die klebrigen braunen Fliegenfänger zu machen, die wie abstrakte Kunstwerke um die Kabel der Lampen gewickelt worden waren.
An der Theke links neben der Tür saßen zwei Männer in robuster Arbeitskleidung. Beide drehten sich zu Alexandra um, bedachten sie mit einem kurzen abschätzenden Blick und wandten sich dann gleich wieder ab. Vermutlich handelte es sich bei ihnen um Landwirte aus dem Ort oder aus der näheren Umgebung, da ihre Gesichter von Wind und Wetter gegerbt waren, wie es bei Menschen der Fall war, die einen Großteil ihres Lebens unter freiem Himmel verbrachten und dabei schwere körperliche Arbeit verrichteten.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie zu den beiden, die ihr weiterhin den Rücken zeigten. »Ich möchte zum Klosterhotel ›Zur inneren Einkehr‹, aber der Weg wird durch einen Zaun versperrt. Wissen Sie zufällig, ob es eine Umleitung gibt, bei der ich nicht so einen riesigen Umweg in Kauf nehmen muss?«
Der eine Mann stieß den anderen an, sagte leise etwas zu ihm, dann begannen sie beide zu lachen, nahmen aber von Alexandra weiterhin keine Notiz.
Sie wollte gerade die Frage mit größerem Nachdruck wiederholen, als aus einem Nebenraum hinter der Theke eine Stimme ertönte:
»Habt ihr eigentlich schon mal was von Höflichkeit gehört?« Ein Perlenvorhang wurde zur Seite geschoben, und eine Frau erschien hinter dem Tresen. Sie trug die recht nachlässig blondierten Haare hochtoupiert, als wäre für sie die Mode irgendwann Anfang der Achtzigerjahre stehen geblieben. Dasselbe galt auch für die pinkfarbene Jeans und das hellgrüne Oberteil, die beide eindeutig etwas zu eng waren.
Die Wirtin lächelte Alexandra an. »Kommen Sie ruhig näher, junge Frau! Die zwei beißen nicht. Ich muss mich für den Hannes und den Karl entschuldigen. Diese Stoffel wissen einfach nicht, wie man sich benimmt.« Nach einem vorwurfsvollen Blick zu den zwei Männern sah sie wieder zu Alexandra. »Wissen Sie was? Wir zwei unterhalten uns einfach so über die Herrschaften, als wären sie gar nicht da. Und wenn wir schon dabei sind, kann ich ja auch gleich mal die Theke abwischen.« Ehe die Männer sich’s versahen, hatte die Wirtin ihnen die halb vollen Biergläser abgenommen und sie neben sich auf die Spüle gestellt. »Wer nicht da ist, kann auch nichts trinken, nicht wahr?«
Alexandra grinste, als sie vom Ende der Theke her beobachtete, wie Hannes und Karl empört die Augen aufrissen.
»Ach, hör schon auf, Angelika!«, protestierte der eine der Landwirte, der trotz seiner weißen Haare der Jüngere der beiden zu sein schien. »Gib mir …«
»Sieh an, du kannst ja doch reden, Hannes!«, unterbrach die Wirtin ihn in gespielter Begeisterung. »Dann bist du ja auch bestimmt in der Lage, der jungen Dame bei ihrem Problem zu helfen.«
»Seh ich etwa aus wie die Auskunft? Ich kann auch bei Harry mein Bier trinken. Da hab ich wenigstens meine Ruhe.«
»Mhm«, stimmte Angelika ihm zu. »Wenn du genug Geld dabeihast, um deinen Deckel zu bezahlen. Oder war das nicht der Grund, wieso Harry euch beide vor die Tür gesetzt hat?«
Der andere Mann, Karl, schüttelte frustriert den Kopf. Ihm musste noch mehr als seinem Zechkumpan an dem Bier gelegen sein, da er sich dazu durchringen konnte, sich zu Alexandra umzudrehen. »Sie sind fremd hier.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ja, deshalb brauche ich ja eine Auskunft.«
»Was er meint«, meldete sich nun auch Hannes zu Wort, »ist, dass Sie eine Fremde sind. Und wir in Lengenich haben’s nicht so mit den Fremden.«
»Pah! Ihr zwei habt’s nicht so mit Fremden«, korrigierte die Wirtin ihn.
»Nicht nur wir zwei«, widersprach Karl ihr. »Die meisten im Dorf …«
»Ja, ja, ich weiß«, schnitt ihm Angelika das Wort ab. »Nur dass die meisten im Dorf an den Fremden verdienen, also kann’s ja so schlimm auch wieder nicht sein.« Dann wandte sie sich an Alexandra. »Ich weiß nicht, ob Sie’s im Vorbeifahren gesehen haben, aber da vorn gibt es ein Schullandheim …«
»Das Gebäude, das aussieht wie eine Villa?«
»Ganz genau das«, bestätigte die Wirtin. »Das gehört der Stadt Bonn und wird das ganze Jahr hindurch von den Klassen der Bonner Schulen genutzt. Das bringt nicht nur Leben nach Lengenich, sondern auch Geld. Das Schwimmbad, der
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