Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
von Assmann gehört hatte.
»Guten Morgen, Frau Berger«, riss eine leise Stimme Alexandra aus ihren düsteren Gedanken. Sie hob den Kopf und entdeckte Bruder Johannes neben ihrem Tisch. »Haben Sie Neuigkeiten von Kater Brown?«
Alexandra schüttelte den Kopf. Beim Anblick seiner besorgten Miene fiel es ihr zwar nicht leicht, den Mönch im Ungewissen zu lassen, aber sie konnte nicht riskieren, dass er etwas ausplauderte, was niemand wissen sollte. Vielleicht würde sich der Giftattentäter ja selbst verraten, solange er im Unklaren war, ob Kater Brown überlebt hatte. »Nein, leider nicht.«
»Sprechen Sie von dem schwarzen Kater, der Ihnen schon die ganze Zeit nachläuft?«, erkundigte sich Yvonne Tonger, die neben Tobias saß und die Frage des Mönchs mitbekommen hatte. »Ist er etwa entlaufen?«
»Nein«, antwortete Alexandra. »Offenbar wurde er vergiftet.«
Kaum hatte sie ausgesprochen, machte sich am Tisch erschrockenes Schweigen breit. Alle Angestellten sahen zu ihr herüber, und Alexandra nutzte genauso wie Tobias die Gelegenheit, um die Mienen der Leute genauer zu studieren. Einige waren sichtlich entsetzt, andere schauten ungläubig drein, und ein paar wenige – vor allem Groß, Dessing und Kramsch – demonstrierten völliges Desinteresse. Vielleicht lag es daran, dass die leitenden Angestellten zu sehr mit Wildens mutmaßlicher Nachfolge beschäftigt waren, dass das Schicksal einer Katze sie so kaltließ.
»Wussten Sie das nicht?«, fragte Alexandra verwundert in die Runde. »Ich dachte, das hätte sich längst herumgesprochen.«
»Das ist der Unterschied zwischen einem Kloster und einem Marktplatz«, warf Bruder Johannes ein und lächelte sanft. »Wenn Sie gefrühstückt haben, können wir wie verabredet in den Keller hinuntergehen. Sagen Sie einfach Bescheid, wenn Sie beide fertig sind.«
Als Bruder Johannes an seinen Tisch zurückkehrte, ließ Alexandra einen kritischen Blick über die versammelten Mönche wandern, die in ihr Frühstück vertieft waren und schwiegen. Keiner von ihnen sah in ihre Richtung.
Stattdessen bombardierten die Angestellten des Laurentius-Hilfswerks sie mit Fragen zu dem Giftanschlag, die Tobias und Alexandra so vage wie möglich beantworteten.
Nachdem sie zu Ende gefrühstückt hatten, gab Bruder Johannes ihnen ein Zeichen. »Kommen Sie bitte!«, sagte er, ging ihnen voran ins Foyer und nahm den Bund mit den Kellerschlüsseln vom Schlüsselbrett. Dann geleitete er sie zu der Kellertür.
Er schloss auf und betätigte einen Lichtschalter links neben dem Türrahmen. Eine Reihe von Deckenlampen flammten auf und sorgten in dem schmalen Treppenhaus für genügend Helligkeit.
Sie gelangten in den Keller, der deutlich besser beleuchtet war als in Alexandras Traum. Unbehagen machte sich in Alexandra breit, als sie sich dem angrenzenden Kellerraum näherten. Und fast meinte sie, wieder Wildens drohende Stimme zu hören: Du bist einfach zu neugierig …
Alexandra räusperte sich, weil sie glaubte, seine Hände um ihren Hals zu spüren.
Ein Schauer kroch ihr den Rücken herunter, und ihr stockte der Atem, als Bruder Johannes die Tür öffnete, die so in den Angeln quietschte, dass es ihr in den Ohren wehtat.
16. Kapitel
Mit einem Laut der Erleichterung ließ Alexandra die angestaute Luft entweichen. So unsinnig es auch war, hatte sie einen Moment befürchtet, wieder in ihrem Albtraum gefangen zu sein und von der Teufelskatze angesprungen zu werden. Aber nichts geschah. Mit ruhigen Schritten ging Bruder Johannes vor ihnen in den nächsten Raum, wo er das Licht einschaltete. Mehrere Neonröhren erwachten flackernd zum Leben und tauchten den Gewölbekeller in kaltes bläuliches Licht.
Dieser Kellerraum wies keinerlei Ähnlichkeit mit dem aus ihrem Albtraum auf, was Alexandra mit großer Erleichterung erfüllte. Anstelle von Steinsärgen wurden die Wände von langen Regalreihen beansprucht, in denen sich Kartons über Kartons stapelten.
Tobias blieb vor einem der Regale stehen und studierte die Beschriftung, die aus Zahlen- und Buchstabenkombinationen bestand. »Was ist da drin?«
»Das hier ist unser Archiv«, erklärte Bruder Johannes und machte eine allumfassende Handbewegung. »In den Kartons verwahren wir den Schriftverkehr mit allen möglichen Institutionen, kirchlichen wie weltlichen. Einiges davon ist ein paar Hundert Jahre alt.« Er drehte sich zu Alexandra um. »Es ist lange her, dass ich den Bestand geprüft habe, aber in den Regalen lagern sicher drei-,
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