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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Geländer führte uns hinauf in einen großen Raum, von dem aus man in zwei Schlafzimmer und in ein Bad gelangte. Irgendwann in jüngerer Zeit hatte man an Shirley eine schlecht ausgeführte Schönheitsoperation vorgenommen. Für wenig Geld war ihr ein Rückzugsbereich für Teenager unters Dach implantiert worden. Die ideale Umgebung für zwei junge Frauen auf dem Weg in die Unabhängigkeit, Kath und Lydia würden vermutlich begeistert sein. Wir hätten endlich Platz für Übernachtungsgäste und einige von Robs und Chantelles Hochzeitsgästen, dann in sechs Monaten. Und wer weiß? Vielleicht auch für das eine oder andere Enkelkind.
    Während ich aus einem der Fenster im oberen Stock über die Stadt blickte, hatte ich das Gefühl, dass Shirley die Arme um mich legte wie eine alte Freundin. Sie erinnerte mich an das verrückte alte Haus, in dem ich aufgewachsen war – ein Zuhause voller Lachen und Geheimnisse, mit viel Raum für Kinder, um darin groß zu werden. Genau die Art Haus, von dem ich schon immer geträumt hatte. Und zur Krönung des Ganzen lag gleich über die Straße Spoonful, mein Lieblingscafé. Hier zu wohnen wäre ungefähr so, als würde ein Kokainsüchtiger Tür an Tür mit seinem Dealer wohnen.
    Ich drehte mich zu Philip, der geistesabwesend gegen eine Falte im Teppichboden trat. Er wirkte missmutig. Ich hasste es, wenn wir solche Machtkämpfe hatten. Er wurde dann immer schweigsam und reckte das Kinn vor, während ich anfing zu argumentieren und mich zu wiederholen. Ich hatte keine Energie für einen Streit.
    »Gefällt es dir denn gar nicht?«, fragte ich. »Die Zimmer sind ideal für uns. Wir können etwas daraus machen, außerdem bist du viel schneller im Büro und …«
    »Aber dieser Name …«, presste er zwischen den Zähnen hervor.
    »Es gibt ein paar ganz tolle Shirleys …«, sagte ich. »Shirley Bassey, Shirley Valentine, Shirley Temple. Und du stehst doch schon immer auf Shirley MacLaine …«
    Schweigen.
    »Das Haus braucht überhaupt keinen Namen.«
    »Dieses Schild lässt sich nicht entfernen.«
    »Es gibt nichts, womit ein Pressluftbohrer nicht fertig würde.«
    »Dir gefällt es also?«, fragte er geschlagen.
    Gefallen war gar kein Ausdruck. Je näher der Versteigerungstermin rückte, desto aufgeregter wurde ich. Mit Shirley hatte ich meine Seelenheimat gefunden. Jeden Tag ließ ich mir irgendeinen Vorwand einfallen, um dort vorbeizufahren. Eines Abends sah ich auf der Straße Kinder Kricket spielen. Eine Szene wie aus meiner Kindheit. In meinen Träumen wanderte ich durch die Zimmer und verwandelte sie in Hochglanzabbildungen aus einer Einrichtungszeitschrift. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich zu sämtlichen Besichtigungsterminen ging. Jedes Mal wenn ich über die Schwelle trat, leuchteten die Augen des Maklers ein bisschen heller.
    Wir ließen ein Gutachten erstellen, dem zufolge Shirley ein paar Mängel hatte, aber über eine gesunde Bausubstanz verfügte. Unter der Voraussetzung, dass sich das Namensschild überstreichen ließe, einigten Philip und ich uns auf einen Preis, der bei der in Kürze stattfindenden Versteigerung unser absolutes Limit sein sollte.
    Wegen eines nervösen Armzuckens halte ich mich von Versteigerungen fern. Jedes Mal wenn das Bieten anfängt, schnellt meine Hand automatisch in die Höhe. Deshalb holte ich mir am Tag von Shirleys Versteigerung im Spoonful einen Becher Kaffee und verzog mich damit um die Ecke, derweil sich Philip zu den potentiellen Käufern und neugierigen Anwohnern gesellte, die sich vor Shirley eingefunden hatten.
    Ich ging davon aus, dass nach fünfzehn Minuten alles vorbei sein würde und ich gefahrlos auftauchen könnte. Stattdessen drängten sich die Leute immer noch vor dem Haus. Es herrschte eine angespannte Stimmung, so ähnlich musste es gegen Ende eines Stierkampfs sein. Philip saß mit untergeschobenen Händen auf einer Betonmauer auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ein reiner Beobachterposten, wie ich enttäuscht feststellte.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Das ist … das ist …«
    Er war zu sehr von dem dramatischen Geschehen gefesselt, um zusammenhängend zu antworten.
    »Hast du ein Gebot abgegeben?«
    »Gleich am Anfang, aber die beiden Typen dort haben unser Limit weit überboten«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf zwei Männer, die sich eine Art Gladiatorkampf lieferten. Ihre Gebote hatten bereits eine absurde Höhe erreicht, und der Versteigerer spornte sie unablässig weiter an. Die

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