Kater mit Karma
aufgelegtem Hörer noch immer vor sich hinblökte. Einige unserer Möbel passten perfekt hierher, andere nicht. Die grünen Sofas machten sich recht gut am Ende des Wohnzimmers und der steinerne Buddha, der in unserem alten Haus auf einem Fensterbrett gestanden hatte, schien sich in der Nische daneben auch wohl zu fühlen. Während ich die Statue abstaubte, musste ich an den Tag denken, an dem ich sie in einem Gartencenter gekauft hatte – nicht aus religiösen Gründen, sondern weil ich fasziniert war von der Ruhe, die ihr Gesicht ausstrahlte, und hoffte, dass etwas davon auf mich abfärben würde.
Wie sich zeigen sollte, würde ich jede Menge Ruhe und Gelassenheit brauchen können. Jedes Haus hat das eine oder andere Geheimnis. Shirley hatte vor uns verborgen, dass sie eine Brutstätte für Motten war. Ganze Schwärme flatterten uns aus den Zimmern entgegen und strichen mit ihren weichen braunen Flügeln über unsere Gesichter. Alfred Hitchcock hatte die Chance auf einen Horrorfilm verpasst.
Während ich den Umzugsleuten dabei zusah, wie sie die halbrunde Bank in einer Staubwolke unter dem Baum in der hinteren Gartenwüste abstellten, hoffte ich, dass wir keinen Fehler gemacht hatten.
Philip und ich fragten uns laut, ob wir die »Einliegerwohnung« im oberen Stock nicht für uns hätten beanspruchen sollen. Die beiden Schlafzimmer (eines davon hätte ein sehr hübsches Arbeitszimmer abgegeben) waren erstaunlich geräumig, boten einen wunderbaren Blick über Baumwipfel und Gärten, und vom Wohnbereich aus sah man die Wolkenkratzer in der City, oft mit einem orangeroten Sonnenuntergang als Hintergrundkulisse. Stattdessen verfrachteten wir unser Doppelbett und die Anti-Schnarch-Kissen in das Zimmer gegenüber von Marquis de Sade. Mit dem unbenutzbaren Kamin, den nackten weißen Wänden und fehlenden Schränken wirkte unser neues Schlafzimmer zwar etwas spartanisch, war dafür aber sonnig. Ich stellte unser Hochzeitsfoto auf den Kaminsims und hoffte, dass es uns bald gelingen würde, diesem Zimmer ein Upgrade in Sachen Persönlichkeit zu verschaffen. Wir beschlossen, die Schränke im düsteren Marquis-de-Sade-Kabinett zu benutzen, in dem auch unsere Kommoden, mein Stepper und Philips Heimfahrrad Platz finden sollten.
Ich putzte das ehemalige Kinderzimmer, strich die Wände rot und nahm es als Schreibzimmer in Besitz. Mein erstes »Arbeitszimmer« war der Eichentisch in der Küche gewesen. Dann war ich aufgestiegen, mit einem Schreibtisch in einer Ecke des Schlafzimmers. Das hier war mit Abstand der beste Arbeitsplatz, den ich in dreißig Jahren Schreiben jemals gehabt hatte. Er lockte mich weg von Der Schwächste fliegt! und half mir, die Abgabetermine für die Kolumnen einzuhalten, die ich seit Jahrzehnten am laufenden Band produzierte. Außerdem hatte ich vor kurzem damit begonnen, ein Buch über Cleo zu schreiben.
Einer der Gründe, warum ich fand, wir bräuchten keine neue Katze, war der, dass Cleo, während ich über sie schrieb, lebendiger denn je schien. Wenn ich in meinem neuen Arbeitszimmer vor dem Computer saß, spürte ich beinahe, wie sie um meine Knöchel strich. Trotzdem hatte mein Vertrauen in meine Schreibkünste gerade den absoluten Tiefpunkt erreicht. Ich hatte ein Exposé des Buches an verschiedene Verlage und Herausgeber geschickt, aber niemand schien sich dafür zu interessieren. Ich beschloss, mich für einen Wochenend-Schreibworkshop anzumelden, vielleicht würde mir das ja helfen.
An diesem Wochenende war ich vom Talent der anderen Teilnehmer, allesamt Amateure, so beeindruckt, dass ich die meiste Zeit schwieg. Zum Abschluss sollten wir der Runde unsere Buchideen vorstellen. Ich kritzelte ein paar Absätze über Cleo zusammen und hielt meinen Vortrag als Letzte. Als ich damit fertig war, herrschte Totenstille. Dann begannen die Leute Fragen zu stellen. Sie wollten wissen, was aus der Katze geworden war und aus unserer Familie. Einige sagten, sie würden das fertige Buch kaufen. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass die Geschichte von Cleo und Sam Potential hatte.
Der Kursleiter erzählte mir vom Friday Pitch, einer Initiative des Verlags Allen and Unwin in Sydney, die Autoren die Möglichkeit bot, jeden Freitag per E-Mail ihre Buchprojekte vorzustellen, mit dem Versprechen, dass sie in der darauffolgenden Woche eine Antwort erhalten würden. Angesprochen waren eigentlich Belletristik-Autoren, aber ich beschloss, frech zu sein und ihnen meinen autobiographischen Text zu
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