Kater mit Karma
Arbeitsfläche in der offenen Küche, gelber Marmor mit braunen Einsprengseln. Ungewöhnlich, zugegebenermaßen. Ein ausgehängter Telefonhörer gab ein Dauerpiepen von sich, wie ein Überwachungsmonitor, der das langsame Sterben eines Patienten anzeigt.
Obwohl Shirley innen wie außen heruntergekommen war, hatte sie etwas, das mich ansprach. Müde, grobknochig und möglicherweise von bedenklicher Substanz, hatten wir eine Menge gemeinsam. Es war, als begegnete man einer Frau mit traurigen, sanften Augen – jemand, der eine Freundin fürs Leben werden sollte.
»Wenn man die Wände in einer wärmeren Farbe streicht und ein paar Bilder aufhängt … und sieh doch mal!«, sagte ich und deutete auf die verglasten Flügeltüren.
Leider öffneten sie sich nur auf einen lehmigen Hof, der von einem einzelnen Baum beherrscht wurde. Ich musste zugeben, dass der hintere Garten sogar noch trister war als der vorne. Der Fertigrasen war völlig verdorrt. Melbourne wurde seit Jahren von einer anhaltenden Dürre geplagt. In der Zeitung hatte ich Berichte über Kinder gelesen, für die Regen etwas so Ungewohntes war, dass sie zu weinen anfingen, wenn er, was selten genug vorkam, aufs Dach trommelte. Wasser war so streng rationiert, dass die Haushalte wieder beim Verbrauch von 1950 angelangt waren. Das obligatorische Zähneputzen weckte Schuldgefühle. Wir hatten eine Zeitschaltuhr in der Dusche. Manche Leute fingen ihr Duschwasser mit einem Eimer auf, um anschließend ihre Gärten damit zu gießen. Eimer voll Wasser und menschlichen Hautzellen sind schwerer, als sie aussehen. Freunde von uns hatten sich beim Herumwuchten den Rücken verrenkt.
Ich vermisste den Geruch von Regen, die Weichheit und lebenspendende Kühle. In der trockenen Luft begannen meine Augen zu brennen.
Während unserer weiteren Besichtigungstour durch das Haus fand Philip für jeden Punkt, den ich zu Shirleys Gunsten anführte, zwei, die gegen sie sprachen.
»Der Essbereich hat eine gute Größe. Hier wäre genug Platz für den Eichentisch«, sagte ich und wusste im nächsten Moment, dass es ein Fehler gewesen war, mich auf Eichentischterritorium zu begeben. Der Tisch war ein Relikt aus meiner ersten Ehe und man sah immer noch die Rillen an den Kanten, wo ihn Sam und Rob im Vorschulalter mit einer Säge traktiert hatten. Obwohl Philip nie etwas gesagt hatte, war ich mir ziemlich sicher, dass er meine Liebe zu dem Tisch nicht teilte.
»Was ist, wenn wir uns wieder eine Katze zulegen?«, gab Philip zu bedenken. »Hier in der Gegend gibt es viele große Straßen …«
»Vergiss es!«, fauchte ich und wünschte, die Leute würden endlich aufhören, mich wegen einer neuen Katze zu nerven.
Wie sollte ich mein Herz jemals einer anderen Katze öffnen, die ich ja doch nur wieder verlieren würde? Sollte diese andere Katze ebenso lange leben wie Cleo, wäre ich bei ihrem Tod siebenundsiebzig. Außerdem hatte Philip recht: In der Straße hier sah es aus wie im Wilden Westen, an jedem zweiten Laternenpfahl hing ein Zettel mit der Überschrift »Belohnung« und dem Foto einer abgängigen Katze.
Er zuckte die Achseln, ging zurück in die Diele und verschwand in einem der anderen Zimmer. Manchmal wünschte ich, er wäre etwas weniger starrköpfig. Andererseits, wenn ich etwas Formbares gewollt hätte, hätte ich einen Klumpen Plastilin heiraten müssen.
Ich ging zurück ins Kinderzimmer und blickte durch die Äste des Apfelbaums auf die Straße. Auf der gegenüberliegenden Seite schlenderte ein Mann den Gehsteig entlang. Ich kniff die Augen zusammen, um sicherzugehen, dass ich richtig sah. Er trug einen blaukarierten Morgenmantel – um zwei Uhr nachmittags. Keine Frage, hier war ich genau richtig.
»Sieh dir das an!«, rief Philip vom anderen Ende der Diele. »Das Wohnzimmer hat Stuck an den Wänden!«
Mit einem bangen Gefühl folgte ich seinem Ruf. Die pickeligen weißen Wände mit dem abgetretenen grünen Teppich verliehen dem Zimmer etwas von einem Eisbärengehege. Es war etwa halb so groß wie ein Basketballfeld, leer und frostig. Ich fuhr mit der Hand über die kalte Wand und überlegte, wie man hier wohl Bilder aufhängen könnte – mit Hilfe von Eispickeln?
»Sieh dir die in die Wand eingelassenen Spiegel über dem Kamin und das Relief über den Fenstern an«, sagte ich und fragte mich im Stillen, wie sich dieses Wohnzimmer bewohnbar machen ließe. »So viel Liebe zum Detail findet man heutzutage selten.«
Eine Treppe mit einem gelb gestrichenen
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