Katerstimmung (German Edition)
übertrieben aus mir heraus. Mit ihr würde ich jetzt sogar über einen platten Hollywoodstreifen plaudern. Wo immer im Kopf solche Ideen entstehen, das Zentrum des guten Geschmacks erklärt diese Areale zu verlorenen Gebieten.
«Was für ein Tiger?» Flirt not started.
« Hangover . Nicht gesehen?»
«Nein, aber was hat es mit dein Handy zu tun?»
Handy. Virus. Albanien. Tiger. Badezimmer. Alle noch übrigen Denkreserven versuchen krampfhaft, irgendeine sinnvolle Verbindung zu bauen. Es gibt keine.
«Nix, war nur ein Scherz.» Was genau war jetzt der Scherz? Egal, Miss Universe lacht schon wieder. Ich löse meinen Blick für einen Moment von ihrem Gesicht und lasse ihn über ihren Körper wandern. Sofort merke ich, dass das keine gute Idee ist. Könnte schnell dazu führen, dass sich die Space Invaders bis zur Gürtellinie vorarbeiten und auch die Kontrolle über meinen Unterleib erlangen.
«Ich nicht verstehe sehr gut.» Du verstehe sehr gut, aber ich nicht spreche sehr gut.
«Ach was … wie heißt du eigentlich?»
«Anna.» Anna. Ein Name so weich und warm wie schmelzende Schokolade in der Südseesonne. Und dann auch noch von vorne wie hinten lesbar. Heißt Palindrom. Ob ich ihr das sagen soll? Letzte Veteranen der Einheit Kommunikation widersprechen mit dem Hinweis, dass das besserwisserisch klingen könnte. Das ebenfalls noch halbwegs intakte Langzeitgedächtnis hilft mit einer passenden Songzeile aus den neunziger Jahren aus.
«Ich bin Max aus dem Schoß der Kolchose.» Oje. So ’ne Katastrophe, das ging mächtig in die Hose. Die positive Reaktion meines Gegenübers bleibt aus.
«Von wo?» Sieh da, Anna ist kein Hip-Hop-Fan.
«Kennst du nicht mehr? Freundeskreis. ‹Du bist von hinten wie von vorne A-N-N-A›?»
«Ich kenne das nicht, ich komme aus Spanien. Und es ist nur eine Enne. A-N-A.»
«Aso. Und was machst du in Deutschland?»
«Ich studiere Übersetzungen und arbeite so ein bisschen in ein Bar. Und du?»
«Ich arbeite beim Fernsehen, in einer Nachrichtenredaktion. Bei den News .»
«Ah, cool.» Perfekt, sie kennt die News nicht. «Und was machst du da?»
Soll ich ihr die Wahrheit sagen oder irgendeinen Quatsch?
«In ihrer Kindheit vergewaltigte Eisbärenbabys aufspüren, die Justin Bieber und/oder einen tanzenden Obama oben ohne während eines Tornados von einem Helikopter aus gefilmt verfolgen, und am Ende nach einem tragischen Busunfall BH-Mode testen. In einem brennenden Wald.» Ehrlich währt am längsten. Wobei ich einen so komplexen Satz in meinem momentanen Zustand, von Alkohol und einem Alien außer Gefecht gesetzt, nicht hinbekommen hätte, wenn ich das nicht wortwörtlich heute Mittag in der Mitarbeiterbefragung in das Feld «Tätigkeit innerhalb der Sendergruppe» geschrieben hätte. Ana findet es offenbar lustig. Zumindest lacht sie so sehr, dass sie sich verschluckt und für einen Moment entschuldigt.
Ich mache mich derweil auf die Suche nach Schnaps. Anders kann ich diese Schlacht nicht länger durchhalten. Die Außerirdische hat schon einige wichtige Funktionen des Organismus lahmgelegt. Wenn das so weitergeht, kriegt auch das Herz noch Probleme.
In der Küche finde ich Gin und eine Flasche Tonic, die aber leider leer ist. Egal. Udo Lattek hat auch mal Wodka Feige ohne Feige als sein Lieblingsgetränk bezeichnet. Dann gibt’s bei mir jetzt eben Gin Tonic ohne Tonic. Ich sehe Lenny in einer inzwischen größer gewordenen Runde stehen und nehme ihn beiseite.
«Lenny, ich hatte gerade einen der großartigsten Momente meines Lebens», flüstere ich ihm zu.
«That’s what she said!», schreit Lenny durch die halbe Küche, womit er offensichtlich einige Jungs zum Lachen bringen kann.
«Was?»
«Das ist ein neues Spiel. Das machen die in den USA, hat Chris erzählt, der hat da ein Jahr studiert. Wenn jemand was sagt, das genauso gut ’ne Alte im Bett sagen könnte: That’s what she said! Punkt für dich», berichtet Lenny freudig wie ein 14-Jähriger, der von dem Streich mit dem sezierten Schweineauge aus dem Biounterricht in der Geldrückgabe des Getränkeautomaten schwärmt. «Ich denk, ich werde es ‹That’s what she said 3000› nennen.»
«Aber ich dachte, das Spiel gibt’s schon?»
«Ja, aber nicht hier. Oil of Olaz heißt in den USA auch Oil of Olay. Und in England sogar …»
«Ehrlich gesagt ist mir das gerade völlig egal. Ich habe meine absolute Traumfrau gefunden. One in a million, once in a lifetime. Ich bin betrunken und verliere in ihrer
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