Katerstimmung (German Edition)
ist, ist die 8 eine Verdoppelung der 4.»
Psychoexperte: «Deuteroische Eskalation. Meinen Sie, es handelt sich um eine psychopathische Ekstase?»
Chefermittler: «Nein, die Schriftführung ist linear. Das deutet auf ein systematisches Vorgehen hin.»
Gutaussehende Frau (stellt nur informationsleere Phrasen in den Raum): «Da weiß jemand genau, was er tut.»
Alter Weiser: «Das Jahr 84 war im chinesischen Kalender das Jahr des Holz-Affen.»
Psychoexperte: «Affen haben in den meisten Fällen ein komplexes Sozialverhalten entwickelt, Einzelgänger sind selten.»
Gutaussehende Frau: «Ein Schrei nach Liebe. Die Absenderin möchte nicht mehr länger alleine sein.»
Superbrain: «Monophobie.»
Quotenschwarzer: «Die ist eben heiß auf den Typen.»
Alter Weiser: «Sie will aus U W machen, aus 4 8. Sie sucht den Mann an ihrer Seite.»
Chefermittler: «Higgins, stellen Sie eine Übersicht aller ledigen Frauen im Zielgebiet zusammen. Mill, kümmern Sie sich um die mikrochemische Analyse der Tinte. Ich fliege mit Inspector Toddner nach China, um mehr über diese Holz-Affen herauszubekommen.» 45 Minuten später wäre der Fall gelöst.
Mein Handy reißt mich schlagartig wie eine Werbepause aus der fiktionalen High-Speed-Welt des FBI.
«Ja?»
«Max? Ich bin’s, Lenny. Alles klar bei dir?»
«An sich schon. Ich glaube, ich habe eine ziemlich heiße Liebesnacht mit der Spanierin hinter mir.»
«Ist das dein Ernst?»
«Lust auf ein Rätsel?»
«Hä?»
«Ein Mann liegt mit Sahneresten auf dem Oberkörper allein in einem fremden Bett, an das seine Hände mit einem BH gefesselt sind. In seiner Hosentasche befindet sich ein Zettel mit der Aufschrift ‹W84U Ana›. Was ist passiert?»
«Alter, bist du fertig. Du weißt nichts mehr?»
«Hab ein totales Blackout, seit ich mit der aufs Zimmer gegangen bin. Du musst mir unbedingt helfen, die wiederzufinden. Frag doch mal deine Mona, wer das war.»
Lenny zögert einen Moment mit der Antwort. Ein so entschlossenes Vorgehen meinerseits ist er offensichtlich nicht gewohnt.
«Du bist ja echt krass drauf.»
«Lenny, die Frau ist der Hammer. Ich würde ans Ende der Welt laufen, um die noch mal zu sehen.»
Lenny zögert wieder. Sich dermaßen auf eine Frau zu fokussieren ist Mister Romantic 1–3 vermutlich so fremd wie einem jemenitischen Hirsebauern der Gedanke an die Homo-Ehe.
«Okay, dann frag ich jetzt mal Mona.»
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er sich dafür zum Telefon bewegen muss oder nur auf die andere Seite des Bettes, frage aber lieber nicht nach.
«Ach so, und hast du eine Idee, was W84U heißt?»
«Kein Plan, haste schon gegoogelt?»
Ich mache mir wenig Hoffnung, dass mir Superbrain Google in diesem Fall weiterhelfen kann. Trotzdem tippe ich das kryptische W84U in die Suchleiste unter den bunten Buchstaben. Zu meiner Überraschung bekomme ich mehrere tausend Treffer. Gleich einer der ersten führt mich zur Seite der Zeitschrift Eltern . Ein Banner möchte mich auf das neue Heft mit dem Titelthema «Konflikte offensiv angehen!» aufmerksam machen. Dann entdecke ich den Artikel mit der Überschrift «LOL, OMG und Co: Die Netzsprache unserer Kids». Schon der einleitende Satz «Wenn Kinder das Internet für sich entdecken, stellen sich Eltern viele Fragen» macht mich aggressiv. Solche selbsterfüllenden Prophezeiungen züchten jene Angst-Eltern heran, die sich ständig zu viele Fragen stellen und stupide Erziehungsratgeber kaufen. Aber in einer Liste unter dem Artikel finde ich tatsächlich «W84U». Oh Mann, das kann man auch ohne FBI rausbekommen. Es steht für «Wait for you».
Da auch die anderen Treffer, von einer rumänischen Dating-Agentur bis zu einem ominösen Anbieter von Familiengruften, alle auf dem gleichen Wortspiel fußen, gibt es keinen Zweifel: Ana wartet auf mich. Mein Herz schlägt plötzlich so schnell wie das einer besorgten Mutter, die bei ihrer 12-jährigen Tochter einen Knutschfleck entdeckt und sich viele Fragen stellt. OMG. Oder sogar wie das der Tochter eine Stunde zuvor. LOL.
Minutenlang pfeife ich den Triumphmarsch aus Aida, während ich mir in der Küche Milchreis zum Frühstück zubereite. Eine Horde rot-weiß verkleideter Männer unten auf der Straße greift die Melodie auf, ergänzt sie jedoch um einen merkwürdigen Text, in dem mich einige Wörter dazu bewegen, das Fenster lieber zu schließen. Der 1. FC Köln hat heute Heimspiel. Als irgendwann endlich mein Handy klingelt, begrüße ich Lenny mit einem
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