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Katerstimmung (German Edition)

Katerstimmung (German Edition)

Titel: Katerstimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Reinartz
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Wortführerinnen aus – die brabbelnde und prustende rheinische Frauenmeute besteht dagegen meist aus vier bis sieben Wortführerinnen mit starkem kölschen Dialekt. Wenn ich Produzent einer Sitcom wäre und noch Einspiellacher bräuchte, ich würde in die nächste Regionalbahn Richtung Eifel steigen.
    Die Gruppe stellt sich am Gepäckband direkt neben mich, was für meine Aufmerksamkeit spätestens dann eine große Herausforderung wird, als der erste Koffer mit einer La-Ola-Welle begrüßt und gackernd vom Band genommen wird. Für den herzlichen Empfang bedankt sich der Koffer mit einer Runde Schierker Feuerstein Kräuter-Halb-Bitter . In den folgenden Minuten empfangen die mannsentledigten Feierweiber auch die anderen fünf Koffer euphorisch, was diese mit Köhler Liesel Waldbeere , Wildbrunner Jagdbitter , Strothmann Waldmeister Sahne , Altenburger Schwarzgebrannter und Schlumpkönig Zielwasser belohnen. So kann man seinen Urlaub auch einläuten.
    Von Ana fehlt hingegen weiter jede Spur. Als nur noch ein Dutzend Fluggäste auf seine Koffer wartet, wird klar, dass uns Ana entweder durch die Lappen gegangen ist oder auch in diesem Flugzeug nie saß. Sofern die echt noch in die nächste Apotheke muss, geht es um jede Stunde. Am zweiten Tag wirkt die Pille danach nur noch halb so gut. Hat mir zumindest damals das Rentier am Morgen nach der Karnevalsparty «Schunkelschuppen» in der Vadruper Mehrzweckhalle erzählt.
    Ich wäre jetzt gerne Jack Bauer in 24 . Der kriegt seine Probleme auch immer an einem Tag gelöst. Und irgendwie spektakulärer. Wenn die Katastrophe so gegen halb vier nachts passiert ist, steht meine Uhr jetzt etwa bei 16:08:21. Da! Am anderen Ende der Halle läuft irgendetwas Schwarzhaariges mit braunen Oberarmen Richtung Ausgang. Vielleicht sollte ich es auch mal mit mehr Action probieren.
    Ich setze zu einem Sprint an, rutsche aber auf den leeren Fläschchen des Frauenpower-Kleinschnapssortiments aus und finde mich auf dem kalten Flughafenboden wieder. Ich mache kurz die Augen zu in der Hoffnung irgendwie neben Ana aufzuwachen. Als ich sie wieder öffne, lächelt mich aber nur ein trottelig aussehender Schütze mit Armbrust an. 25 Jahre erste Sahne? Verfolgst du mich bis nach Spanien, Dieter? Nein, es ist kein Werbeplakat, sondern nur das Etikett des Schlumpkönigs , das auf dem Glasfläschchen neben mir klebt. Zielwasser habe ich bei meiner Jagd auf Ana jedenfalls nicht getrunken. Drei Schüsse ins Nirgendwo. Lenny beugt sich inzwischen über mich: «Alter, du hast ja losgelegt wie ’ne Rakete!» – «That’s what she said. 1–0», stöhne ich und mache noch mal kurz die Augen zu.

    In der Metro Richtung Innenstadt ist es zwar noch heißer als in der Straßenbahn heute Vormittag in Köln, dafür kann ich dieses Mal sitzen und mein Bauch etwas freier atmen. Viele andere Körperteile geben mir hingegen durch regelmäßige Schmerzstöße zu verstehen, dass die wilde Spanierin und der harte Flughafenboden nicht zu ihren besten Freunden gehören. Wenn jemand in Vitali Klitschkos Anwesenheit dessen Blinis als grauenhaft bezeichnet und weder Wladimir heißt noch eine Milchschnitte zur Versöhnung dabeihat, wird er sich die folgenden Tage vermutlich genauso fühlen.
    «Was ist denn jetzt der Plan?», fragt Lenny, und mir fällt auf, dass wir in den letzten Minuten kein Wort gewechselt haben. Ich weiß gerade nicht, über wen ich mich am meisten ärgern soll. Über den Gin, der mein Gedächtnis ohne Vorwarnung ausgeschaltet hat. Über mich, der ich vermutlich ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer Außerirdischen hatte. Über Lenny, der in seinem Smartphone gleich vielleicht eine weitere übersehene Reiseroute findet. Über Wilhelm, der auf die absurde Idee mit dem Präventivflug nach Valencia kam. Über das Rheinland, das seinen Töchtern diese überbordende Feierlaune vererbt, die im heutigen Fall zu Glaschaos vor dem Gepäckband geführt hat. Oder über Ana, die uns das alles erspart hätte, wenn sie einfach ein bisschen länger liegen geblieben wäre, statt mit einer Geheimbotschaft diese Schnitzeljagd auszulösen.
    «Ich hab keinen Plan», antworte ich ernüchtert.
    «Lass uns doch heute ein paar Studenten-Bars abklappern. Entweder wir finden sie zufällig, oder wir haben einen lustigen Abend. Und morgen fliegen wir zurück», schaltet sich Wilhelm ein. Auch wenn ich bei seinen Vorschlägen inzwischen etwas vorsichtiger bin, klingt das vernünftig. «Die da vorne mit dem schwarzen Oberteil

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