Kates Geheimnis
ließ ihre Liebe zu ihm nur noch größer werden. »Ich mache mir aber Sorgen um Anne. Sie ist in dich verliebt, Edward - wie könnte ich es ihr auch verdenken? Ich muss Anne die Wahrheit sagen. Bevor sie sich noch mehr falsche Hoffnungen macht - bevor sie dich am Ende so sehr liebt wie ich. Ich will nicht, dass ihr das Herz gebrochen wird, Edward.«
»Nein. Das darfst du nicht tun«, sagte Edward barsch. »Ich verbiete es dir, Kate, ihr von uns zu erzählen. Hast du verstanden?«
Er hatte noch nie in so einem Ton mit ihr gesprochen. Kate war erschrocken. Schließlich sagte sie: »Ja. Ich habe dich verstanden, Edward. Du warst schließlich kaum zu überhören.«
»Ich entschuldige mich für meinen Tonfall. Aber diese Sache ist schon so kompliziert.« Er runzelte besorgt die Stirn. »Es ist nicht einfach, sich fast täglich mit Collinsworth zu streiten. Aber« - er lächelte grimmig »er kann mich nicht vor den Traualtar zwingen.«
»Oh doch, das kann er. Ist dir das immer noch nicht klar?« Kate schaute zu ihm auf.
Er verharrte reglos. »Nein. Das kann er nicht. Das wird er nicht. Eher würde ich alles aufgeben - wenn 632
also Collinsworth noch einmal versucht, mich zu erpressen, wird er auf Granit beißen. Ich werde gehen
- hör gut zu, Kate - und zwar für immer.«
»Was habe ich nur angerichtet«, klagte Kate. »Der Vater erpresst den Sohn. Drohungen und Wut und sogar Hass zwischen euch ... ich sehe es in deinen Augen! Du hasst ihn!« Sie war mehr als entsetzt. Wie hatte ihre Liebe nur zu so etwas führen können?
Er drückte sie fest an sich. »Ich würde nichts davon ändern wollen, denn ich habe dich.«
Das beruhigte Kate keineswegs. Das ganze Ausmaß ihres Dilemmas wurde ihr auf einmal erschreckend deutlich. Und plötzlich war ihr, als sähe sie die Welt zum ersten Mal so, wie sie wirklich war - ein Ort voll Täuschung und Manipulation, voll Verrat und Tücke, wo die eiserne Faust der Macht über Güte und Liebe herrschte, und sie bekam panische Angst. Seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, hatte sie an das Gute geglaubt. Sie hatte an die wahre Liebe geglaubt. Nun, plötzlich, schockierte sie die sehr realistische Möglichkeit, dass Tragik und nicht Triumph, Macht und nicht Liebe über ihre Zukunft, über ihrer beider Leben entscheiden könnten.
Kate war starr vor Angst.
Jill riss die Schaltung in den Leerlauf und das Lenkrad nach rechts, um nicht auf die beiden stehen gebliebenen Autos aufzufahren. Reifen quietschten, 633
und ihr vorderer Kotflügel streifte die hintere Stoßstange des roten Wagens, so dass der Toyota einen unsanften Sprung machte und Funken flogen.
Als der Toyota an den beiden Autos vorbeiraste, schräg auf die Gegenfahrbahn hinüber, sah Jill das bleiche, geschockte Gesicht der Fahrerin in ihrem Spiegel.
Ein blauer Wagen bog von rechts in die Kreuzung ein; Jill riss das Lenkrad heftig nach rechts, um nicht frontal in ihn hineinzufahren.
Der Toyota wirbelte um die eigene Achse. Lucinda schrie.
Alles verschwamm - der blaue Wagen, Bäume, Straßenrand und Ampel, während der Toyota sie herumschleuderte. Vor ihr ragte plötzlich ein Telefonmast auf. Dunkles, fast schwarzes Holz kam immer näher und näher. Und Jill dachte, Oh nein, lieber Gott, nicht noch einmal.
Der linke vordere Kotflügel des Toyota krachte gegen den Mast, und das Auto wurde in das metallene Geländer auf der anderen Straßenseite geschleudert.
Jills Kopf wurde von dem Aufprall zurückgerissen, während sich
der Airbag augenblicklich vor ihr aufblähte. Und plötzlich war alles still.
Jill starrte durch die Windschutzscheibe, die heil geblieben war, auf das verbogene graue Metallgeländer und dahinter auf einen 634
grasbewachsenen Hügel, eine Ziegelmauer und ein reizendes kleines Haus mit hölzernen Dachschindeln.
Ihr Herz begann wieder zu schlagen. Sie schnappte nach Luft. Der Toyota war vorne schwer beschädigt, wo er direkt gegen das Geländer geprallt war. Der vordere Teil war ein klaffendes V, die Motorhaube aufgesprungen. Jill umklammerte immer noch das Lenkrad so heftig, dass ihre schweißnassen Hände sich zu verkrampfen begannen. Sie begann zu zittern.
Es fiel ihr immer noch schwer zu atmen. Sie konnte einfach nicht genug Luft bekommen.
Alles, was sie denken konnte, war: Es ist schon wieder passiert, Hals blutüberströmter Körper, als er ihr sagte, dass er sie liebte, als er sie »Kate« nannte, als er in ihren Armen starb, stand ihr mit einem Mal deutlich vor Augen.
Sie hörte
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