Katharina von Medici (German Edition)
ihn, öffnete eines der Fenster im Hinterladen und fragte ihn, wie er dorthin käme. Christoph erwiderte, ihn fröre und man solle ihn zuerst einmal einlassen.
»Herr,« sagte die Burgundermagd, »durch die Straßentüre seid Ihr fortgegangen und kehrt durch die Wasserpforte zurück? Euer Vater wird sich schön ärgern.«
Betäubt durch eine vertrauliche Beratung, die ihn mit dem Prinzen Condé, la Renaudie und Chaudieu in Beziehung gebracht hatte, und noch mehr bewegt von dem Schauspiel des bevorstehenden Bürgerkrieges, antwortete Christoph nichts. Schnell ging er aus der Küche in den Hinterladen hinauf. Als aber seine Mutter, eine alteingefleischte Katholikin, ihn sah, konnte sie ihren Zorn nicht zurückhalten.
»Ich wette, die drei Männer, mit denen du plaudertest, waren Ref ...?« fragte sie.
»Schweig doch still, Frau«, sagte der kluge Greis mit weißen Haaren, welcher in einem dicken Buche blätterte .... »Ihr großen Nichtstuer,« fuhr er fort, sich an drei junge Burschen wendend, die schon lange mit dem Abendessen fertig waren, »was wartet ihr noch, um schlafen zu gehen? Es ist acht Uhr, ihr müßt um fünf in der Frühe aufstehn. Übrigens habt ihr dem Präsidenten von Thou noch Mütze und Mantel hinzubringen. Geht alle drei hin und nehmt eure Stöcke und eure Rapiere mit. Wenn ihr Windbeuteln gleich euch begegnet, seid ihr wenigstens in der Übermacht.«
»Muß nicht auch die Hermelinschaube fortgebracht werden, welche die junge Königin heischte? Sie soll im Hotel de Soissons abgegeben werden, von wo aus ein Expreß nach Blois an die Königin-Mutter geht!« fragte der Gehilfen einer.
»Nein«, sagte der Syndikus. »Die Rechnung der Königin Katharina beläuft sich auf dreitausend Taler; schließlich müßte man sie doch kriegen; ich gedenke nach Blois zu reisen.«
»Lieber Vater, ich werd' nicht leiden, daß Ihr bei Eurem Alter und bei dem jetzt herrschenden Wetter Euch den Fährnissen der Wege aussetzt. Ich bin zweiundzwanzig Jahre alt, Ihr könnt mich dazu gebrauchen«; sagte Christoph, die Schachtel beäugend, worinnen die Schaube sein mußte.
»Seid ihr an der Bank festgelötet«, rief der Alte den Lehrlingen zu, die schnell nach ihren Rapieren, ihren Mänteln und Herrn von Thous Pelzwerk griffen.
Folgenden Morgens erhielt nämlich im Palais das Parlament diesen berühmten Mann als seinen Präsidenten, der, nachdem er das Todesurteil des Rates du Bourg unterzeichnet hatte, ehe das Jahr zur Neige ging, dem Prinzen von Condé das Urteil sprechen sollte.
»Burgunderin, geht,« sagte der Alte, »und fragt meinen Gevatter Lallier, ob er mit uns zu Abend essen will. Er mag für den Wein sorgen, wir wollen die Speisen liefern. Sagt ihm vor allen Dingen, er solle seine Tochter mitbringen.«
Der Syndikus der Kürschnerzunft war ein schöner sechzigjähriger Greis mit weißen Haaren und breiter offener Stirn. Da er seit vierzig Jahren Hofkürschner war, hatte er alle Revolutionen der Regierung Franz' des Ersten erlebt und sich trotz der Weiberrivalitäten in seinem königlichen Patente gehalten. Zeuge war er gewesen von der Ankunft der jungen Katharina von Medici bei Hofe, kaum fünfzehnjährig war die damals gewesen. Gesehen hatte er, wie sie hinter der Herzogin von Éstampes, ihres Schwiegervaters Geliebten, zurückstehen mußte; zurückstehen mußte sie hinter der Herzogin von Valentinois, ihres Gatten, des verstorbenen Königs, Geliebten. Mit Anstand aber hatte der Kürschner sich aus den verschiedenen Phasen herausgezogen, in welchen die Kaufleute des Hofes so häufig die Ungnade der Geliebten auf sich luden. Seine Klugheit glich seinem Glück. Er verharrte in einer grenzenlosen Demut. Niemals hatte die Hoffart ihn in ihren Schlingen verstrickt. Dieser Kaufherr machte sich so klein, so sanftmütig, so gefällig, so arm bei Hofe, vor den Prinzessinnen, den Königinnen und den Favoritinnen, daß seine Bescheidenheit und Biederkeit ihm das Schild seines Hauses bewahrt hatten. Eine derartige Politik bewies zur Genüge den schlauen und scharfsinnigen Mann. So bescheiden er draußen schien, so despotisch war er zu Hause; bei sich war er absolut. Sehr verehrt wurde er von seinen Berufsgenossen, und da er seit langem den ersten Platz in seinem Handelszweige einnahm, war er natürlich sehr angesehen. Übrigens leistete er gern gute Dienste, und unter denen, die er geleistet, ist unstreitig einer der auffälligsten die Unterstützung, die er lange Zeit über dem berühmtesten Chirurgen des
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