Katharina von Medici (German Edition)
nun, mein Sohn, seid wie die Schildwache verpflichtet, auf Eurem Posten zu sterben. Wisset: wenn Ihr überrumpelt werdet, lassen wir alle Euch im Stich; wenn es sein muß, wollen wir Schimpf und Schande auf Euch werfen. Im Notfalle werden wir sagen, Ihr wäret eine Kreatur der Guisen, welche Euch diese Rolle spielen ließen, um uns zu verderben. Also fordern wir ein gänzliches Opfer.«
»Wenn Ihr umkommen solltet,« sagte der Prinz von Condé, »wird Eure Familie – dafür verpfände ich Euch mein Edelmannswort – dem Hause Navarra heilig sein, ich werde sie in meinem Herzen tragen und ihr in jeder Sache dienen.«
»Dies Wort, mein Prinz, genügt bereits«, antwortete Christoph, ohne daran zu denken, daß dieser Aufwiegler ein Gaskogner war. »Wir leben in Zeiten, wo jedweder, Fürst oder Bürgersmann, seine Schuldigkeit tun muß.«
»So spricht ein echter Hugenott. Wenn alle unsere Männer so wären,« sagte la Renaudie, ein Hand auf Christophs Schulter legend, »würden wir morgen die Herren sein.«
»Junger Mann,« fuhr der Prinz fort, »ich hab' Euch zeigen wollen, daß, wenn Chaudieu predigt, wenn der Edelmann sich waffnet, der Fürst losschlägt. Alle Einsätze sind also bei dieser heißen Partie gleich.«
»Hört,« sagte la Renaudie, »ich werd' Euch die Papiere erst in Beaugency geben, man darf sie während der ganzen Reise nicht gefährden. Finden sollt Ihr mich am Hafen: mein Gesicht, meine Stimme, meine Kleider werden so verändert sein, daß Ihr mich nicht wiedererkennen sollt. Doch werd' ich zu Euch sagen: Seid Ihr ein flinker Mensch? Und Ihr sollt mir antworten: Zu dienen bereit. Was die Ausführung anlangt, so sind hier die Mittel und Wege. Im ›schäumenden Schoppen‹, nahe bei Saint-Germain l'Auxerrois, werdet Ihr ein Pferd finden. Dort sollt Ihr nach Johann dem Bretonen fragen, der Euch in den Stall führen und Euch einen meiner Klepper geben wird, die dafür bekannt sind, daß sie ihre dreißig Meilen in acht Stunden machen. Geht durch das Bussytor hinaus, der Bretone hat einen Paß für mich, nehmt ihn für Euch und macht zu und beseht Euch die Städte von allen Seiten. In der Dämmerung könnt Ihr so nach Orleans kommen.«
»Und das Pferd?« fragte der junge Lecamus. »Vor Orleans wird es nicht krepieren«, antwortete la Renaudie. »Laßt es beim Eingang in die Vorstadt Bannier zurück, denn die Tore sind gut bewacht, man soll keinen Argwohn erwecken. Euch, mein Freund, liegt's ob, Eure Rolle gut zu spielen. Ihr werdet eine Fabel erfinden, welche Euch am tauglichsten zu sein scheint, um nach dem dritten Hause linker Hand, wenn man Orleans betritt, zu gelangen. Es gehört einem gewissen Tourillon, einem Handschuhmacher. Dreimal sollt Ihr an die Tür pochen mit dem Rufe: Dienst der Herrn von Guise! Dem Anscheine nach ist der Mann ein wütender Guisenanhänger, doch nur wir vier wissen, daß er einer der Unsrigen ist. Er wird Euch einen ergebenen Fährmann bringen, einen anderen Guisenfreund, von seinem Schlage, wohl verstanden. Geht sofort zum Hafen hinunter. Dort sollt Ihr Euch in einem grüngestrichenen und weißbordierten Fahrzeuge einschiffen. Morgen früh, so um die Mittagszeit, werdet Ihr zweifelsohne in Beaugency anlegen. Dort will ich Euch eine Barke vorfinden lassen, in welcher Ihr ohne Gefahr zu laufen nach Blois fahrt. Unsere Feinde, die Guisen, bewachen nicht die Loire, sondern nur die Tore. Also werdet Ihr die Königin noch an dem Tage oder am anderen Morgen sehen können.«
»Eure Worte sind hier eingemeißelt«, sagte Christoph, auf seine Stirn weisend.
Chaudieu umarmte sein Kind, auf das er stolz war, mit einer merkwürdigen religiösen Wärme.
»Gott wache über dir!« sagte er, auf den Sonnenuntergang hindeutend, welcher die alten schindelbedeckten Dächer rot färbte und seine Strahlen durch den Wald von Pfahlwerk schickte, wo die Gewässer glucksten.
»Ihr seid vom Stamme des alten Jacques Bonhomme, der die aufrührerischen Bauern führte«, sagte la Renaudie zu Christoph. Er drückte ihm fest die Hand.
»Wir werden uns wiedersehen, mein Herr«, sagte der Prinz zu ihm. Er machte eine unendlich anmutige Handbewegung, worin etwas fast Freundschaftliches lag.
Ein Ruderstoß und la Renaudie setzte den jungen Verschwörer bei einer Treppenstufe, die ins Haus führte ab. Die Barke verschwand sofort unter den Bögen der Wechslerbrücke.
Christoph rüttelte an dem Eisengitter, welches die Treppe nach der Flußseite hin absperrte, und rief. Mademoiselle Lecamus hörte
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