Katharina von Medici (German Edition)
er hat eine peinliche Frage erleiden müssen.«
»Armes Kind!« hauchte der Biedermann, die Augen gen Himmel richtend.
»Knie und Knöchel sind ein bißchen zerstoßen; aber er hat einen königlichen Schutz erworben, der sich über sein ganzes Leben erstrecken wird«, erklärte der Florentiner lebhaft, als er des Vaters Entsetzen sah. »Euer kleiner Christoph hat unserer großen Königin Katharina einen Dienst geleistet. Wenn wir Euren Sohn den Fängen der Lothringer entreißen, werdet Ihr ihn eines schönen Tages als Parlamentsrat begrüßen. Dreimal läßt man sich die Knochen zerbrechen, um bei unserer lieben Herrscherin in hohen Gnaden zu stehen! Sie ist eine geniale Frau, die über alle Hindernisse obsiegen wird. Ich habe das Horoskop des Herzogs von Guise gestellt: in spätestens einem Jahre wird er getötet werden. Also, Christoph hat den Prinzen von Condé gesehen ...«
»Ihr, der Ihr die Zukunft wißt, solltet die Vergangenheit nicht kennen?« sagte der Kürschner.
»Ich frage Euch nicht, Biedermann, ich belehre Euch. Wenn nun Euer Sohn, der morgen dem Prinzen in den Weg gestellt werden wird, ihn erkennt, oder, wenn der Prinz Euren Sohn erkennt, dann wird Herrn von Condés Kopf herunterfliegen. Gott weiß, was mit seinem Mitschuldigen geschehen wird! Nun, beruhigt Euch. Weder Euer Sohn noch der Prinz werden den Tod erleiden, ich habe ihre Horoskope gestellt, sie müssen leben; doch weiß ich noch nicht, auf welche Weise sie sich aus der Affäre ziehen werden. Ohne uns auf die Sicherheit meiner Berechnungen zu verlassen, wollen wir Ordnung da hineinbringen. Morgen wird der Prinz aus sicheren Händen ein Gebetbuch empfangen, in das wir eine Benachrichtigung hineinlegen werden. Wolle Gott, daß Euer Sohn verschwiegen ist, denn er kann nicht benachrichtigt werden. Ein einziger Blick, der auf Bekanntschaft hinweist, wird dem Prinzen das Leben kosten. Wiewohl die Königin-Mutter allen Grund hat, auf Christophs Treue zu rechnen ...«
»Man hat sie auf harte Proben gestellt!« schrie der Kürschner.
»Sprecht nicht so! Meint Ihr, die Königin sei auf Rosen gebettet? Auch wird sie Maßnahmen treffen, wie wenn die Guisen des Prinzen Tod beschlossen hätten. Und gut tut sie daran, die weise und vorsichtige Königin! Sie rechnet nun damit, in jeder Weise von Euch unterstützt zu werden. Ihr habt einigen Einfluß auf den dritten Stand, in dem Ihr die Pariser Gewerbe repräsentiert. Wenn die Guisenfreunde Euch auch versprechen sollten, Euren Sohn in Freiheit zu setzen, versucht ihnen ein Schnippchen zu schlagen und wiegelt Eure Klasse wider die Lothringer auf. Verlangt die Königin-Mutter als Regentin; morgen in der Ständesitzung wird der König von Navarra öffentlich seine Zustimmung dazu geben.«
»Aber der König?«
»Der König wird sterben,« antwortete Ruggieri, »ich habe sein Horoskop gestellt. Was die Königin Euch bittet, für sie vor den Ständen zu tun, ist ganz einfach; doch erwartet sie noch einen größeren Dienst von Euch. Ihr habt den großen Ambrosius Paré beim Studium unterstützt, seid sein Freund ...«
»Heute liebt Ambrosius den Herzog von Guise mehr als mich; und er hat recht, ihm verdankt er Amt und Würden. Doch ist er dem Könige treu. Wiewohl er der Reformation zuneigt, wird er nichts wider seine Pflicht tun.«
»Die Pest möge über all die honetten Leute kommen«, schrie der Florentiner. »Ambrosius hat sich heute abend gerühmt, den kleinen König aus der Affäre ziehen zu können. Wenn der König die Gesundheit wiedererlangt, triumphieren die Guisen, sterben die Prinzen, wird das Haus Bourbon zu Ende sein, werden wir nach Florenz zurückkehren, wird Euer Sohn gehängt und die Lothringer werden die anderen Kinder Frankreichs zu billigem Preise haben ...«
»Großer Gott!« schrie Lecamus.
»Schreit nicht so verwundert auf, das tut kein Bürger, der etwas von Hofdingen weiß, sondern geht sofort zu Ambrosius und kriegt aus ihm heraus, was er zu tun beabsichtigt, um den König zu retten. Wenn Ihr was Sicheres wißt, kommt zu mir und sagt mir, auf was für eine Operation er so fest vertraut.«
»Aber ...« sagte Lecamus.
»Gehorcht blindlings, mein Lieber, anderenfalls werdet Ihr geblendet.«
›Er hat recht‹, dachte der Kürschner.
Und eilte zu des Königs erstem Chirurgen, welcher in einem Gasthofe auf dem Martroiplatze wohnte.
In diesem Augenblick befand sich Katharina von Medici in einer politisch verzweifelten Lage, die der ähnelte, worin Christoph sie zu Blois
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