Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
Regentschaft behalten, wird der Reformierten Blut in Strömen dahinfließen. Sei größer als Bürger denn als Chirurg und schlaf morgen bis in den hellen, lichten Tag hinein, indem du des Königs Schlafgemach den Ärzten freigibst, die, wenn sie den König nicht retten, doch Frankreich retten werden!«
    »Ich«, schrie Paré, »soll einen Menschen umkommen lassen, wenn ich ihn zu retten vermag? Nein, nein! Und sollte ich als Calvins Begünstiger gehängt werden, ich geh' morgen frühzeitig zu Hofe. Weißt du nicht, daß ich mir als einzige Gunst, wenn ich den König gerettet habe, deines Christophs Leben erbitten will? Einen Augenblick wirds ganz gewißlich geben, wo die Königin Maria mir nichts verweigern wird.«
    »Ach, mein Freund,« erwiderte Lecamus, »hat der kleine König nicht des Prinzen von Condé Begnadigung der Prinzessin verweigert? Töte deine Religion nicht, indem du dem zu weiteren Leben verhilfst, der sterben muß.«
    »Suchst du dich darein zu mengen, wie Gott die Zukunft bestimmen will?« schrie Paré. »Honette Leute haben nur diese eine Devise: Tu, was du mußt, komme, was kommen mag! Das hab ich bei der Belagerung von Calais getan, als ich meinen Fuß auf des Großmeisters Antlitz setzte; da lief ich Gefahr, von allen seinen Freunden, allen seinen Dienern zerrissen zu werden; und heute bin ich des Königs Chirurg. Kurz, ich bin Reformierter und habe doch die Herren von Guise zu Freunden. Ich werde den König retten!« rief der Chirurg mit dem heiligen Enthusiasmus der Überzeugung, welche das Genie verleiht, »und Gott wird Frankreich retten.«
    Es ward an die Türe geklopft und einige Minuten später händigte einer von Ambrosius Dienern Lecamus ein Papier ein. Mit lauter Stimme las er folgende finstere Worte:
    »Man errichtet das Blutgerüst im Rekollektenkloster, um dem Prinzen von Condé morgen den Kopf herunterzuschlagen.«
    Ambrosius und Lecamus blickten einander an; beide wurden sie von dem tiefsten Entsetzen gepackt.
    »Davon will ich mich überzeugen«, sagte der Kürschner.
    Auf dem Platze packte Ruggieri Lecamus beim Arme und fragte ihn nach Ambrosius' Geheimnis, um den König zu retten. Der Greis aber fürchtete irgendeine List und gab vor, zuvor das Schafott sehen zu wollen. Astrolog und Kürschner gingen also gemeinsam bis zu den Rekollekten und fanden dort tatsächlich Zimmerleute vor, die bei Fackellicht arbeiteten.
    »Heda, mein Freund,« sagte Lecamus zu einem Zimmermann, »was tut Ihr denn da?«
    »Wir bereiten das Henken der Ketzer vor, da der Amboiser Aderlaß sie nicht heilte,« sagte ein junger Rekollekt, welcher die Arbeiter überwachte.
    »Der hochwürdige Herr Kardinal tut sehr recht daran,« erklärte der vorsichtige Ruggieri, »in unserer Heimat aber besorgen wir das viel besser.«
    »Und was tut Ihr?« fragte der Rekollekt.
    »Man verbrennt sie, mein Bruder.«
    Lecamus sah sich genötigt, sich auf den Astrologen zu stützen, seine Beine versagten ihren Dienst; denn er dachte, sein Sohn könne morgen an einem dieser Galgen hängen. Der arme Greis stand zwischen zwei Wissenschaften, zwischen der Astrologie und der Chirurgie, die ihm alle beide das Heil seines Sohnes versprachen, für den das Blutgerüst augenscheinlich aufgeführt ward. Im Trubel der Vorstellungen ließ er sich von dem Florentiner wie weiches Wachs kneten.
    »Nun, mein respektabler Kaufherr in Grauwerk, was sagt Ihr zu diesen lothringischen Scherzen?« fragte Ruggieri.
    »Ach, Ihr wißt ja, daß ich meine Haut hingeben würde, um meinen Sohn gesund und munter zu sehen.«
    »Das heißt wie ein Hermelinhändler gesprochen«, erwiderte der Italiener; »setzt mir also klipp und klar die Operation auseinander, die Ambrosius an dem Könige vornehmen will, und ich stehe Euch für Eures Sohnes Leben ein ...«
    »Wirklich?« schrie der alte Kürschner.
    »Was soll ich Euch alles schwören?« erklärte Ruggieri.
    Auf diese Worte hin erzählte der arme Greis seine Unterhaltung mit Ambrosius dem Florentiner, der den verzweifelten Vater auf der Straße stehen ließ, sobald ihm des großen Chirurgen Geheimnis offenbart worden war.
    »Welchem Teufel will er zu Leibe, dieser schreckliche Ungläubige?« schrie der Greis, als er Ruggieri sich leichtfüßig nach dem Estapeplatze hin entfernen sah.

Lecamus ahnte nichts von der furchtbaren Szene, die sich am königlichen Bette abspielte und den Befehl zur Folge hatte, des Prinzen Blutgerüst zu errichten, dessen Verurteilung durch ein Kontumazurteil sozusagen

Weitere Kostenlose Bücher