Katharina von Medici (German Edition)
verknüpft ist, angeklagt, verhört und verurteilt nur von dem Parlament werden kann, das aus allen Pairs, allen versammelten Kammern zusammengesetzt ist, in welchem der König großen Gerichtstag hält.
Ihr müßtet das besser wissen als jeder andere, meine Herren. Das ist alles, was Ihr bei mir erlangen werdet. Im übrigen vertraue ich auf mein Recht und auf Gott.«
Die Richter machten dem Prinzen ungeachtet seines hartnäckigen Schweigens den Prozeß. Der König von Navarra war in Freiheit, wurde aber überwacht; sein Gefängnis war größer als das des Prinzen; das war der ganze Unterschied zwischen seiner und seines Bruders Lage; denn des Prinzen von Condé und sein Haupt mußten mit demselben Hiebe fallen.
Christoph war also auf die Anordnungen des Kardinals und des Reichsverwesers hin insgeheim so streng bewacht, um den Richtern einen Beweis der Straffälligkeit des Prinzen zu liefern. Die bei La Sagne, des Prinzen Sekretär, beschlagnahmten Briefe konnten nur Staatsmänner verstehen, sie waren für die Richter nicht deutlich genug. Der Kardinal dachte daran, den Prinzen und Christoph zufällig zu konfrontieren; nicht ohne Absicht hatte man diesen in einem Parterreraum des Saint-Aignanturme untergebracht, dessen Fenster sich nach dem Gefängnishofe hin öffneten. Bei jedem Verhör, welchem die Richter Christoph unterwarfen, beschränkte er sich auf ein System absoluten Leugnens, was den Prozeß natürlich bis zur Eröffnung der Ständeversammlung hinzog.
Lecamus hatte es nicht versäumt, sich von der Pariser Bourgeoisie zum Deputierten des dritten Standes ernennen zu lassen. Einige Tage nach des Prinzen Verhaftung langte er in Orleans an. Diese Nachricht, die ihm in Estampes zu Ohren kam, verdoppelte seine Unruhe, denn er begriff, da er um das einzige Zusammentreffen des Prinzen und seines Sohnes unter der Wechslerbrücke wußte, daß Christophs Los eng mit dem des kühnen Oberhauptes der Reformationszeit verquickt war. So entschloß er sich denn, die finsteren Machenschaften zu studieren, die seit der Eröffnung der Stände sich am Hofe kreuzten, um ein Mittel zu seines Sohnes Errettung zu finden. Er durfte nicht an die Königin Katharina denken, die sich weigerte, ihren Kürschner zu empfangen. Keiner der Hofleute, die er zu sehen vermochte, gab ihm befriedigende Nachrichten über seinen Sohn, und er war darob einem solchen Übermaße der Verzweiflung verfallen, daß er sich an den Kardinal selber wenden wollte, als er hörte, daß Herr von Thou, was ein Fleck auf seinem Leben ist, eingewilligt hatte, einer der Richter des Prinzen von Gonde zu sein. Der Syndikus besuchte seines Sohnes Beschützer und erfuhr, daß Christoph noch am Leben, aber Gefangener sei.
Der Handschuhmacher Tourillon, zu dem la Renaudie Christoph geschickt, hatte Ehren Lecamus für die ganze Dauer der Generalstände ein Zimmer in seinem Hause angeboten. Der Handschuhmacher meinte, der Kürschner hinge wie er selber heimlich der reformierten Religion an, sah aber bald, daß ein Vater, der für seines Sohnes Leben fürchtet, religiöse Nuancen nicht mehr begreift und sich Hals über Kopf an Gottes Busen wirft, ohne sich um die Flitter zu kümmern, die ihm die Menschen anlegen. Mit all seinen Versuchen scheiternd, ging der Greis wie ein Trunkener durch die Straßen. Wider alle Erwartung war ihm all sein Gold zu nichts nütze. Herr von Thou hatte ihm erklärt, daß, wenn er irgendeinen Diener des Guiseschen Hauses besteche, das zu Nichts führen würde, denn der Herzog wie der Kardinal ließen nichts von dem, was Christoph anlangte, durchblicken. Dieser Justizbeamte, dessen Ruhm ein wenig befleckt ist durch die Rolle, die er damals spielte, hatte dem verzweifelten Vater etwas Hoffnung zu machen versucht, zitterte selber aber dermaßen für seines Patenkindes Tage, daß seine tröstenden Worte den Kürschner nur noch mehr beunruhigten. Der Greis umschlich das Haus. In drei Monden war er ganz mager geworden. Seine einzige Hoffnung setzte er auf die innige Freundschaft, die ihn seit langem mit dem Hippokrates des sechzehnten Jahrhunderts verknüpfte. Als er des Königs Gemach verließ, versuchte Ambrosius der Königin Maria ein Wort zu sagen, sobald er aber Christophs Namen geäußert hatte, antwortete die Stuarttochter, erregt über das ihrer harrende Schicksal, wenn dem Könige, den sie auf Grund der Plötzlichkeit seiner Erkrankung für vergiftet durch die Reformierten hielt, ein Unglück zustieße:
»Wenn meine Ohme auf mich hörten,
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