Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
Vom Netzwerk:
eine heftige Erwiderung auf den Lippen, doch er erinnerte sich offenbar an das Versprechen, das er Denise gegeben hatte.
    „Entschuldige bitte“, sagte er mit bemühter Sachlichkeit. „Wie lautet also deine freie Entscheidung?“
    Gregor wirkte angespannt, als er sagte: „Eines deiner Argumente, an der Sendung Vitellis teilzunehmen, war, dass Öffentlichkeit Schutz bietet. Warum sollte es bei dem Hühnergott anders sein? Keiner könnte nach einer solchen Sendung behaupten, er wäre nicht gefunden worden.“
    Ben schluckte. „Du bist also dafür, den Hühnergott, in der Sendung zu präsentieren?“
    Gregor nickte tapfer.
    „Gut, wie du willst …“ So gelassen Ben auch tat, sein Kopf rötete sich verräterisch. „Und du, Nabil?“
    Der Hüne ließ sich nicht einschüchtern.
    „Ich bin für Öffentlichkeit, das sagte ich schon.“
    „Dann steht es zwei gegen zwei“, konstatierte Ben. „Hat jemand einen Vorschlag, wie wir aus der Sackgasse wieder herauskommen?“
    „Wir können ja würfeln“, schlug Nabil nicht ohne Sarkasmus vor.
    Sando lachte angespannt.
    „Oder einer ändert seine Meinung“, sagte Gregor leise.
    Ben sah ihn forschend an. „Wer sollte das sein? Du vielleicht?“
    Gregor schüttelte den Kopf und schaute Sando an.
    Ben fuhr herum.
    „Sando?“
    Die Frage ließ Sando zusammenzucken.
    „Ich?“
    „Änderst du deine Meinung?“
    „Nein … na ja …“ Sando wand sich. „Was Gregor sagt, ist auch nicht von der Hand zu weisen.“
    Bens Gesicht erstarrte zu Eis.
    „Also bitte, dann teilt Herrn Vitelli den Fund mit.“
    Die Stimmung war auf dem Nullpunkt.
    Ben erhob sich. „Falls es noch etwas zu besprechen gibt, ich bin in meinem Zimmer. Meyer und Grieseke lassen ausrichten, dass keiner ohne Geleitschutz das Haus verlassen soll. Ihr findet die beiden Herren im Zimmer am Ende des Ganges.“
    Er verließ den Konferenzraum. Sando, Gregor und Nabil atmeten auf.
    „Er ist nicht auszuhalten, wenn ihm etwas gegen den Strich geht“, brummte Nabil.
    Sando hatte nicht vor, wegen des unseligen Streites in seinem Zimmer zu versauern. Noch stand die Sonne hoch über der Stadt und ganz in der Nähe lockte der Zwinger mit der Madonna. „Kommt ihr mit in die Galerie?“, fragte er Gregor und Nabil.
    Der Entschluss war schnell gefasst. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg, Meyer und Grieseke im Schlepptau. Ben hatte den Wachleuten versichert, das Haus nicht zu verlassen.
    Den kurzen Weg zum Zwinger hätte Sando mit geschlossenen Augen gefunden, so vertraut erschien er ihm. Der alte Wehrgraben, die schlichte Holzbrücke hinüber zum Kronentor. Alles war so, wie er es von der Erde kannte.
    Staunend durchquerte er den prächtigen Innenhof des barocken Ensembles, das ihm von Kindheit an vertraut war. Und zum ersten Mal auf seiner langen Reise hatte er das Gefühl, zu Hause zu sein. Mit Stolz registrierte er die bewundernden Blicke seiner Gefährten, die sich nicht sattsehen konnten an den reich geschmückten Pavillons, den Balustraden mit den Putten aus Sandstein, den Springbrunnen, deren hoch aufschießende Fontänen kühlende Gischt in die erhitzten Gesichter der Besucher sprühten. Doch ihn zog es zur anderen Seite des Hofes, dorthin, wo ein wuchtiger Bau das spielerische Ensemble abschloss. Er beherbergte die Galerie. So jedenfalls war es auf der Erde …
    Mit wenigen Schritten nahm er die Freitreppe, die vom Zwingerhof zum Galeriegebäude hinaufführte, und erreichte nach wenigen Metern die Tür, hinter der sich eine eigene Welt auftat. „Galerie Alte Meister“ stand dort in metallenen Lettern auf Sandstein. Darunter ein Schild „Eintritt frei“ .
    Das war neu. Ohne aufgehalten zu werden, tauchte Sando ein in die Welt der Bilder. Die Wände waren übersät mit Meisterwerken früherer Jahrhunderte, mit Kreuzigungsszenen und düsteren Landschaften, mit muskulösen Leibern, die sich im Kampfgetümmel oder im Liebesspiel ineinander verschlangen. Aus den Rahmen blickten ausdrucksstarke Gesichter von Menschen aller Hautfarben, Gesichter von Kindern und Greisen, von Edelleuten und Aussätzigen.
    Waren es die gleichen Werke wie im irdischen Dresden?
    Sando konnte es nicht sagen, denn so genau kannte er die Sammlung nicht. Einige Bilder allerdings kamen ihm vertraut vor – und auch wieder nicht. Eines erinnerte ihn stark an die „Schlummernde Venus“ von Giorgione, auch glaubte er, in einem Gemälde Rembrandts „Saskia“ zu erkennen. Er wusste nicht, dass es sich bei den ausgestellten Werken um

Weitere Kostenlose Bücher