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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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des nahen Kronentors ins Zimmer geworfen wurden.
    Es ist bitter , dachte Sando. Noch vor wenigen Augenblicken hatten er und seine Freunde gestritten, was mit dem Hühnergott geschehen sollte. Einig waren sie sich nur in einem: Er durfte nicht in die falschen Hände geraten. Und was tat er? Er präsentierte das Medaillon in aller Öffentlichkeit! Mike Lemming, sein alter Feind, hatte nur zuzugreifen brauchen.
    Sando krümmte sich in seinem Bett vor Wut und Scham.
    „Heute Abend am Schwarzen See! Und komm allein, Hasenscharte!“ Lemmings Worte tauchten wieder in Sandos Erinnerung auf. Sollte er dieser Aufforderung nachkommen? Vielleicht wusste Lemming nichts von dem Hühnergott und er bekam das Medaillon wieder? Es klang aberwitzig, aber was sollte er tun? Er konnte doch Ben, Nabil und Gregor nicht gegenübertreten und sagen: Entschuldigt, Leute, das Medaillon ist weg .
    Sando setzte sich in seinem Bett auf. Wohl oder übel musste er hin zum Schwarzen See. Wie es schien, hatte Mike Lemming das Gewässer, in dem er auf der Erde ertrunken war, wiedergefunden in Katharsia.
    Sando schaute hinaus. Die Sonne hing dicht über den Dächern. Bald würde ihre Farbe übergehen ins Abendrot. Wenn er Mike Lemming treffen wollte, musste er jetzt aufbrechen.
    Er warf sich den Rucksack über. Darin steckten neben ein paar Sachen, die ihm nützlich sein konnten, auch ein paar Kat.
    Die müssten reichen für ein Schwebemobil , dachte Sando.
    Leise öffnete er die Tür und lugte hinaus. Auf dem Gang war niemand. Unbehelligt erreichte er den Fahrstuhl. Er fuhr hinab und verließ das Gebäude.
    Er musste nicht weit gehen. Vor dem Haus der Medien standen immer einige Schwebemobile bereit. Enttäuscht bemerkte Sando jedoch, dass sie alle mit einem Fahrer besetzt waren. Er hatte gehofft, anonym mit einem automatischen Gleiter ans Ziel zu kommen.
    „Wo soll es denn hingehen?“, sprach ihn einer der Fahrer an.
    „Gibt es hier keine unbemannten Gleiter?“, fragte Sando.
    Der Mann reagierte mit Skepsis.
    „Wieso? Störe ich dich?“
    „Das nicht, aber Gleiter mit Fahrer sind anderswo nicht üblich.“
    „So? Wo denn?“
    „In Paris zum Beispiel.“
    „Ach, der junge Herr kennt sich aus in der Welt!“ In der Stimme des Fahrers lag eine Mischung aus Bewunderung und Spott. „Hier ist man abgekommen von den Selbstfahrern. Ist zu viel passiert. Die teuren Gleiter wurden immer wieder demoliert.“
    Sando stieg ein und setzte sich neben den Fahrer. Hinter den getönten Scheiben des Mobils konnte er vom Haus der Medien aus nicht gesehen werden.
    „Wer macht denn so was?“
    „Junge Burschen. Eine organisierte Bande. Sie fahren die Gleiter aus der Stadt, dorthin, wo sie keiner stören kann, und zerlegen sie in aller Ruhe.“
    „Und wie kommen sie wieder in die Stadt zurück, wenn das Mobil kaputt ist?“
    „Man hat Motorradspuren gefunden. Es sind immer Burschen mit Motorrädern beteiligt.“ Der Fahrer schaltete das Navigationsgerät ein. „Wo soll’s denn hingehen?“
    „Zum Schwarzen See.“
    Der Fahrer stutze. „Das ist auch so ein Ort, wo wir immer wieder kaputte Gleiter gefunden haben. Was willst du denn dort? Sag nicht, dass du in dem See baden willst. Er ist berüchtigt für seine Schlingpflanzen.“
    „Eine Verabredung“, sagte Sando knapp.
    „Oje, die Gegend hat keinen guten Ruf!“
    „Warum denn das?“
    „Ich sagte ja schon, die Wracks der Gleiter, die Motorradbande …“ Der Fahrer sah ihn misstrauisch an. „Und du bist sicher, dass du dort hinwillst?“
    „Ich fürchte ja. Es ist eine Verabredung, die sich nicht verschieben lässt.“
    Der Fahrer runzelte die Stirn und sagte gedehnt: „Ich hab dich gewarnt, Junge!“ Dann gab er dem Mobil mit kräftiger Stimme die Anweisung: „Schwarzer See!“
    Während der Gleiter das Ziel selbstständig ansteuerte, schaute sich der Fahrer auf dem Monitor eine Quiz-Show an. Jedes Mal, wenn der Mann eine richtige Antwort wusste, brach er in Freudenrufe aus. Sando hätte gern über das bevorstehende Treffen mit Mike Lemming nachgedacht, doch er kam nicht dazu. Der Fahrer erwartete, dass Sando seine Geistesblitze gehörig würdigte. „Na, Junge? Das hättest du nicht gewusst, kannst es ruhig zugeben!“, schwadronierte er ein ums andere Mal lautstark. „Auf die Bildung kommt es an.“
    Doch unversehens machte er einen Laut, der aus dem üblichen Rahmen fiel. Ein kurzes „Oh!“, das nach Verblüffung klang.
    Sando horchte auf.
    „Das bist du doch, Junge!“
    Der Fahrer

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