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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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Gregor und Nabil. Es gab keine Zeitung, die nicht ihre Gesichter auf Seite eins veröffentlicht, keine Fernsehstation, die ungeachtet erheblicher Lizenzforderungen der „Katharsia TIMES“ nicht Szenen aus Vitellis Sendung wiederholt hätte. Das ungebrochene Interesse der Zuschauer rechtfertigte jede finanzielle Ausgabe. Die Geschichte von Verfolgung und Flucht, von Todesgefahr und mutigem Widerstand garantierte Rekordquoten. Die Popularität der vier wuchs mit jedem Tag. Vor allem Sando Wendelin, der Auvisor, und Nabil Rachid, der Held, der unter Lebensgefahr ein Blutbad verhindert hatte, wurden in allen Medien gefeiert. Ihre Namen waren in aller Munde. Jeder wollte sie sehen, mit ihnen sprechen, sie kennenlernen.
    Doch nach der Sendung waren sie spurlos verschwunden. Tagelang rätselte Katharsia, wohin es die Helden verschlagen haben könnte. Wilde Spekulationen über Entführung, ja, sogar Mord schossen ins Kraut, bis die „Katharsia TIMES“ mitteilte, dass sich die Gesuchten wegen akuter Anschlagsgefahr in ihrer Obhut befänden. Kontaktaufnahme sei nur über die Redaktion möglich.
    Daraufhin brachen schwere Zeiten für die New Yorker Geschäftsstelle des Blattes an. Die Mitarbeiter erstickten fast in Interviewanfragen, Fanbriefen, Hilfsangeboten und Autogrammwünschen.
    Derweil saßen die vier Helden irgendwo in Deutschland auf einer mittelalterlichen Burg, die die „Katharsia TIMES“ als diskretes Feriendomizil für hochrangige Mitarbeiter betrieb. Malerisch auf einem bewaldeten Hügel gelegen, bot sie den Gefährten die Gelegenheit, Luft zu holen, ein wenig zu sich zu kommen. Nach dem vereitelten Attentat hatte sie Vitelli mit dem Kontinentalgleiter aus Dresden ausgeflogen und hierher gebracht. Sie lebten wie in einem goldenen Käfig, umsorgt mit allem, was das Herz begehrte. Der eigens für sie abgestellte Steward gab sich Mühe, ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Er schleppte Speisen und Getränke herbei, spannte Sonnenschirme über ihren Liegen auf der Burgterrasse auf. Er legte Tücher bereit, damit sie sich nach dem Bad im burgeigenen Schwimmbecken trocken reiben konnten. Natürlich versorgte er sie auch stapelweise mit Zeitungen, sodass sie verfolgen konnten, wie sich die Situation in Katharsia nach ihren Enthüllungen entwickelte.
    „Es sieht nicht gut aus für den Präsidenten“, sagte Ben kopfschüttelnd, als er die neueste Ausgabe der „Katharsia TIMES“ durchblätterte.
    Sando, Gregor und Nabil, die sich in den Liegestühlen neben ihm sonnten, reagierten nicht.
    „Die Journaille bläst zum Aufruhr. Was meint ihr, wie lange wird sich Wanderer noch halten können?“
    Selbst auf die direkte Ansprache hin kam nur ein müdes Achselzucken. Ben raschelte weiter mit der Zeitung.
    „Strondheim“, sagte er plötzlich. Er warf das Wort hin wie einen Köder, von dem er sicher sein konnte, dass er gefressen würde.
    Gregor war der erste, der anbiss. „Professor Strondheim? Was ist mit ihm?“
    „Er muss sich tatsächlich vor Gericht verantworten“, teilte Ben mit.
    „Wieso das? Er ist doch unschuldig“, stieg nun Sando in das Gespräch ein.
    „Die Richter sehen das offenbar anders“, sagte Ben und blickte mit zusammengekniffenen Augen in die Zeitung. „Hier steht es: Er hätte nicht mit den Unterlagen fliehen dürfen, sondern seinen Verdacht anzeigen müssen.“
    „Das ist doch lächerlich!“ Nabil setzt sich auf seiner Liege auf. „Auf den bloßen Verdacht hin hätte keine Behörde etwas unternommen.“
    „Oder erst viel zu spät“, ergänzte Gregor.
    „Egal.“ Ben klopfte auf den Artikel in der Zeitung. „Eine Anzeige wäre der richtige Weg gewesen.“
    „Vom Schreibtisch aus lässt sich das leicht sagen.“
    Nabil hielt es nicht mehr auf der Liege. Er sprang auf und stützte sich auf die Burgmauer. „Aber Katharsia kann es sich offenbar leisten, einen Wissenschaftler wie ihn wegzusperren.“
    Über den Burghof glitt plötzlich ein Schatten, als zöge eine Wolke vor der Sonne entlang.
    „Vitelli kommt!“
    Sando wies auf den Kontinentalgleiter, der majestätisch wie ein Luftschiff auf die Burg zuschwebte. Sie eilten zum Landeplatz hinter dem Hauptgebäude der Burganlage.
    „Ich hoffe, Sie haben sich gut erholt in diesem schönen Anwesen“, begrüßte sie der Moderator gut gelaunt.
    „Schön langweilig“, knurrte Nabil.
    Ben grinste breit. „Ich hätte es nicht diplomatischer formulieren können.“
    Vitelli lachte. „Kommen Sie, es gibt Neuigkeiten!“
    Sie

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