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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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gewünscht hatte, vor allem immer dann, wenn Mike Lemmings Clique ihm besonders zusetzte. Verwirrt ließ er den Spiegel sinken. Er brauchte Zeit, das zu verdauen. Ein neues Gesicht bekam man schließlich nicht alle Tage.
    Fatima trat mit einem kleinen Fläschchen in der Hand an ihn heran. „Junger Herr, das wird Ihnen helfen.“ Sie träufelte sich ein wenig von dessen Inhalt auf die Fingerspitzen und bestrich sanft Sandos Schläfen damit. Ein angenehmer Duft stieg ihm in die Nase und er begann, sich so leicht zu fühlen, als ob er schwebte.
    „Was ist das?“
    „Hexengeheimnis“, sagte Fatima mit einem Augenzwinkern, griff nach einem Glöckchen und läutete.
    Kazim tauchte auf.
    „Ich führe Sie jetzt in den Salon, junger Herr. Doktor Fasin erwartet Sie.“
    Als Sando den Salon betrat, fühlte er sich trotz der Strapazen des Tages auf wunderbare Weise erfrischt. Nach dem prächtigen Badeparadies fand er sich nun in einem kleinen, gemütlichen Raum wieder. Boden und Wände waren dekoriert mit weichen Teppichen. In den Ecken standen Leuchter mit brennenden Kerzen. Sie warfen ihren flackernden Schein auf die sparsame Einrichtung, die vor allem aus Lederkissen, niedrigen Tischchen und etlichen Wasserpfeifen bestand. Nahezu riesig wirkte dagegen der Tisch mit den beiden hochlehnigen Stühlen in der Mitte des Raumes. Er war gedeckt für zwei Personen.
    Kazim bat Sando, sich bis zum Erscheinen des Hausherrn auf einem der Kissen am Boden niederzulassen. „Der Herr wird gleich hier sein“, sagte er.
    Sando setzte sich und befühlte unwillkürlich seinen Mund. War da wirklich keine Narbe? Er war noch aufgewühlt von dieser Entdeckung. Ein Junge mit einem sehr schönen Gesicht, wie Fatima behauptet hatte! Dazu diese edle, fremdartige Kleidung, die zu seiner Überraschung sehr bequem war, sich gut anfühlte auf der Haut. Ihm war, als stünde er neben sich. Äußerlich verändert, fühlte er sich innerlich jedoch noch als der, der er immer war. Oder stimmte selbst das nicht mehr nach all dem, was geschehen war?
    „Na, Sando? Hast du dich frisch gemacht?“
    Doktor Fasin kam herein.
    „Ich hoffe, Fatima hat passende Kleidung für dich gefunden. Aber ich sehe schon, das Mädchen hat Geschmack. Du siehst großartig aus.“
    Sando stand von seinem Kissen auf, sah an sich herunter und sagte: „Ich habe so etwas noch nie getragen.“
    „Das dachte ich mir schon, aber es wird dir gefallen, da bin ich mir sicher.“
    Sando sah verlegen an Doktor Fasin vorbei. Der lachte, legte seinen Arm um Sandos Schultern und ging mit ihm zum Esstisch. „Wird Zeit, dass du etwas in den Magen bekommst. Setz dich!“ Er ging um den Tisch herum und nahm Sando gegenüber Platz. „Kazim, wir wären so weit.“
    Mit hochgezogener Braue eine knappe Verbeugung andeutend, eilte Kazim herbei, schenkte Doktor Fasin Wein ein und warf Sando einen fragenden Blick zu.
    „Trinkst du Wein?“, übersetzte der Doktor den Blick.
    Sando schüttelte den Kopf. „Ich trinke lieber Wasser.“
    Kazim gab ihm das Gewünschte, eilte dann zur Tür und öffnete sie. Ein schwarzhäutiger Mann mit weißer Kochmütze schob einen Servierwagen herein, auf dem ein blaues Feuer loderte. Es wärmte einen Kessel, der in einem Metallgestell hing. Der Weißbemützte hob den Deckel und der Duft fremdländischer Gewürze drang in Sandos Nase.
    Die Suppe war scharf. Der Geschmack erinnerte ihn an Speisen, die er durch Marias Zureden in marokkanischen Restaurants probiert hatte, etwas ungewohnt zwar, aber war es die Schärfe, war es die Erinnerung an Maria, eine wohlige Wärme ergriff von seinem Bauch Besitz, breitete sich in seinem Körper aus. Gierig schluckte er die Suppe Löffel um Löffel. So schnell, dass er nicht einmal bemerkte, wie sie ihm über das Kinn lief und auf den Tellerrand tropfte. Erst als der Teller leer war, hielt er notgedrungen inne und wischte sich mit der Hand über das Kinn.
    Kazim zog seine rechte Augenbraue hoch und reichte Sando unaufgefordert die Serviette, die unbenutzt neben dem Teller des Jungen lag.
    „Danke“, sagte Sando peinlich berührt und schaute zu Doktor Fasin.
    Der lachte herzlich. „Keine Angst, Sando, das war noch nicht alles. Die besten Sachen kommen noch.“
    Und so war es auch. Wagen um Wagen wurde herangefahren, vollgeladen mit Fleisch, Gemüse, Fisch und Meeresfrüchten in vielen Variationen – gebacken, gebraten, gesotten, gegrillt. Dazu je nach Belieben Reis, Nudeln oder Kartoffeln. Sando stopfte und kaute, leckte und

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