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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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interessierten Blick bemerkt hatte. „Die Lagepläne für die Zellen und die Belegungslisten.“
    Er drückte eine Taste und auf dem Monitor erschien ein Stern mit fünf Strahlen, der Grundriss des Hades.
    „Siehst du, Sando, es ist sehr übersichtlich angeordnet. Fünf Gänge, jeder Gang zehn Etagen hoch. Das ist alles. Das kleine Fünfeck hier im Zentrum des Sterns ist das Gebäude, in dem wir uns gerade befinden. Du kannst diese Darstellung beliebig vergrößern, dir jeden Punkt des Hades genauer anschauen. Sogar die beiden verlängerten Stollen werden im gegenwärtigen Zustand gezeigt.“
    Das Bild fuhr auf das Ende eines der längeren Strahlen des Hadessterns zu. Ein hohes Gewölbe mit nackten Felswänden wurde sichtbar.
    „Leider kommen wir mit dem Ausbau nur sehr langsam voran, dabei sind wir dringend angewiesen auf neue Zellen. Längst sehen wir uns gezwungen, die maximale Belegungszahl von zwanzig Seelen pro Zelle zu überschreiten. Kein schöner Zustand, wie du bald mit eigenen Augen sehen wirst, Sando. Leider zeigt der Präsident bisher wenig Neigung, unsere Mittel aufzustocken, damit wir den Ausbau endlich abschließen können.“
    Kamlan sah Sando verschmitzt an.
    „Vielleicht ließe sich der Herr Wanderer aber erweichen, wenn sein Auvisor ihm die Verhältnisse anschaulich beschriebe …“
    Er erwartete keine Antwort auf diesen eindeutigen Wink. Rasch redete er weiter: „Kurz und gut, Präsident Wanderer hat gebeten, dir alles zugänglich zu machen. Er möchte, dass du stichprobenartig prüfst, ob die Belegungslisten noch den Tatsachen entsprechen. Außerdem sollst du, wenn ich es recht verstanden habe, nach einer ganz bestimmten Seele suchen.“
    Wolfenhagen , dachte Sando und nickte seufzend.
    „Na, dann ist ja alles bestens“, sagte Kamlan. „Dann werde ich mal wieder … Die Arbeit ruft. Alles Weitere regelt Doktor Fasin mit dir. Wir dürfen gespannt sein, was ein Auvisor so alles ans Licht bringt, nicht wahr, Herr Doktor?“
    „Er wird uns ohne Zweifel vonnutzen sein“, pflichtete ihm Doktor Fasin bei. Dann war Direktor Kamlan aus der Tür.
    „Er ist immer schwer beschäftigt“, sagte Doktor Fasin und ließ im Unklaren, ob er das als Lob oder als Kritik verstanden wissen wollte. Er blickte sich in dem Kabuff um.
    „Na, Sando? Wie findest du es?“
    „Ein bisschen eng.“
    „Wenn du willst, zeige ich dir mein Sprechzimmer. Es ist gleich nebenan.“
    „Sprechzimmer?“, fragte Sando.
    „Na, ja, ich bezeichne es aus alter Gewohnheit so, weil ich ja Arzt bin. Leider kann ich nicht direkt mit den Seelen sprechen, aber es gibt gewisse Hilfsmittel.“
    Er hatte Sandos Zimmerchen wieder verlassen. Jetzt erst bemerkte der Junge, dass in diesem Gebäude nicht nur die Türen, sondern auch die Korridorwände aus Glas bestanden, sodass jeder jeden im Blick hatte. Doktor Fasin steuerte auf eine Tür auf der anderen Seite des Gangs zu und stolperte beinahe über einen Seelensauger, der herrenlos herumstand.
    „Wer lässt denn hier seinen Sauger stehen?!“, schimpfte er ungehalten.
    Sando nahm das Gerät und stellte es wortlos zu Seite. Dabei fiel sein Blick auf das Rohrende und er erschauerte. Einem milchigen Tropfen gleich quoll das Auge einer Seele daraus hervor, baumelte dann willenlos herab, den Blick verschleiert. Langsam folgte der Rest des Körpers. Wie zäher Schleim glitt die Seele aus dem Rohr, blieb kraftlos neben dem Sauger liegen gleich einer Qualle, die es an den Strand gespült hatte.
    Sando wurde übel. Er wich zurück, lehnte sich gegen eine Glaswand. Seine feuchten Finger hinterließen Spuren darauf.
    „Doktor … Fa… Fasin …“, stammelte er.
    Der Doktor wurde auf den Jungen aufmerksam. „Ist etwas nicht in Ordnung, Sando?“
    Er eilte auf ihn zu, kam an dem Sauger vorbei und trat unversehens mit seinen Kokonstiefeln in die Seele. Sando schrie auf.
    „Um Himmels willen, Junge! Was ist mit dir?“
    Der Doktor war bei ihm, doch Sando sah ihn nicht an. Entsetzt starrte er auf die frischen Fußstapfen am Boden, weißlich schimmernde Stiefelspuren aus Seelenbrei.
    Der Doktor fühlte den Puls des Jungen und sah ihn besorgt an. „Komm, Sando, in meinem Sprechzimmer kannst du dich setzen.“
    Behutsam versuchte er, ihn mit sich zu ziehen, doch Sando widersetzte sich.
    „Bitte nicht …“, keuchte er.
    Den Blick auf den Boden geheftet, drückte er sich an der Wand entlang, um Doktor Fasins Tür zu erreichen, ohne in die Reste der Seele zu treten. Der Doktor ließ ihn

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