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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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Deckung.
    Unter die Tafel!
    Auf dem Weg dorthin kroch er durch Scherben und Pfützen aus Blut. Widerlich süßlicher Geruch stieg ihm in die Nase. Trotz aufsteigender Übelkeit arbeitete er sich voran. Etwas abseits bemerkte er Denise. Sie lag auf dem Bauch. Einer ihrer Flügel zuckte leicht. Sando kroch zu ihr hin, drehte sie vorsichtig um. Ihr Gesicht war entstellt von Platzwunden.
    „Denise!“
    Sie stöhnte. Entschlossen packte er sie und zerrte sie hinter sich her. Innerlich betete er um Beistand und Schutz für das Stück, das er bis zur Tafel noch bewältigen musste. Und während er Denise unter Aufbietung all seiner Kraft, bäuchlings an den Boden geschmiegt, durch die Schmiere aus Blut und Dreck zog, hörte er, wie sich schweres Stiefelgetrappel näherte. In Erwartung schmerzhafter Tritte spannte er krampfhaft seine Muskeln an, verharrte reglos in der Hoffnung, man würde ihn für tot halten.
    Dann brach es wie ein Trommelfeuer über ihn herein: Absätze malträtierten seinen Rücken, die Arme und Beine, Stiefelspitzen hackten ihm in die Lenden. Sando biss sich auf die Lippen, bis er es nicht mehr aushielt und laut aufstöhnte, sicher, dass sein Schicksal nun besiegelt war. Doch die blindwütige Horde Kämpfender und Fliehender trampelte über ihn hinweg, ohne ihm Beachtung zu schenken. Sando sog tief die Luft ein, wartete, bis der Schmerz in den Rippen ein wenig erträglicher war, packte dann Denise und zog sie weiter. Es war Schwerstarbeit. Ein kleines Stück nur und er brauchte eine Pause. Das Herz hämmerte ihm in den Ohren, sein Atem ging keuchend. Er schaute auf, um zu sehen, wie weit er sich noch würde schinden müssen – und da entfuhr ihm ein leiser Freudenschrei. Er hatte Gregor und Ben entdeckt! Sie spähten unter dem herabhängenden Tafeltuch hervor, als wollten sie einen Fluchtweg erkunden.
    „He!“, rief Sando heiser, um seine Gefährten auf sich aufmerksam zu machen.
    Sie bemerkten ihn nicht.
    Als er ein zweites Mal nach ihnen rufen wollte, gab es einen dumpfen Schlag. Vor seinen Augen steckte ein Henkersbeil im Dielenholz. Um Haaresbreite hatte es ihn verfehlt. Und noch ehe er sich fragen konnte, ob der Hieb ihm gegolten hatte, fiel der Mann hinterdrein, dem das Beil gehörte. Halb nackt und in roter Maske lag er da, mausetot, ein Fels, der Sando die Sicht auf seine Gefährten nahm und den Weg zur schützenden Tafel blockierte.
    Was nun? Sollte er Denise um das Hindernis herumzerren? Allein die Vorstellung ging über seine Kraft. Enttäuscht und erschöpft legte er den Kopf auf seine Arme, entschlossen, sich nicht mehr von der Stelle zu rühren. Er atmete den feuchten Dunst, der vom Boden aufstieg, und lauschte verzweifelt auf das mörderische Toben.
    Und dann kam der Moment, da das brachiale Krachen und Klirren in sich zusammenfiel, weil der Vorrat an Kämpfern aufgebraucht war. Hier und da tauschten Streithähne noch eine Salve aus, dann gab es niemanden mehr, der noch fähig gewesen wäre, seinem Nebenmann den Garaus zu machen.
    Es hob eine gespenstische Stille an. Das Holz vom Scheiterhaufen knackte leise. Hin und wieder stöhnte ein Verwundeter. Die Gefahr schien vorüber. Am liebsten wäre Sando sofort aufgesprungen, um Denise zu helfen und nach Maria zu suchen, doch er beherrschte sich, blieb liegen und stellte sich tot, denn ein leises Geräusch, das sich in das Prasseln des Feuers mischte, machte ihm klar, dass die Apokalypse noch nicht vorüber war. Sie hatte nur eine Atempause eingelegt.
    Er spitzte die Ohren. Leises Zirpen und Wispern kündigte das nächste Unheil an. Verstohlen lugte er zur Decke hinauf. Die Seelen der Kämpfer, die sich eben noch gegenseitig abgeschlachtet hatten, formierten sich zu einem Schwarm. Wolfenhagen hatte wieder das Kommando übernommen! Seine Seelen parierten exakt und präzise.
    Sandos Zähne begannen zu klappern bei der Vorstellung dessen, was ihm und seinen Gefährten nun blühte. Der Dämon würde es nicht zulassen, dass sie den Saal als Sieger verließen. Wie es aussah, hatten sie das Massaker nur glimpflich überstanden, weil ihnen das Schicksal etwas Schlimmeres zugedacht hatte, als durch eine Waffe niedergestreckt zu werden. Auf ein Zeichen des Dämons hin würden die Geister über sie herfallen, ihnen das Hirn zermartern, ihre Erinnerungen und Träume zerfetzen, bis sie nicht mehr sie selbst waren. Ihre Körper würden nur noch als geistlose Hülle durch Katharsia wandeln.
    Mach’s gut, Maria , dachte Sando. Du hast vergessen, wer ich

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