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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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leblos am Boden lag. Als das vollbracht war, ließ sie den Dolch fallen, fasste Maria bei der Hand und führte sie müde aus dem Saal. Niemand hielt sie auf. Die Wachen waren so perplex, dass sie unfähig waren, zu handeln. Erst der Knall der zuschlagenden Saaltür brachte Bewegung in ihre Reihen.

KATHARSIS
    Pepe und Jussuf fassten sich als Erste und hasteten den beiden Frauen nach. „Maria!“, brüllte Sando. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen die Arme, die ihn umklammert hielten, doch es gelang ihm nicht, sich loszureißen.
    Auch Ben und Denise konnten nichts ausrichten gegen ihre Bewacher, die sie mit Messer und Spieß bedrohten. Und Gregor war wie vom Erdboden verschwunden.
    Plötzlich flog, als hätte jemand dagegengetreten, die Tür des Saales auf und die abstrusesten Gestalten drängten herein: Ritter in Kettenhemd und gespornten Stiefeln, bluttriefende Schwerter in den Fäusten, langbärtige Gotteskrieger in weißem Kaftan, die Maschinenpistolen schussbereit in der Hüfte, Soldaten in Felduniform, die blinkenden Sturmgewehre drohend auf einen imaginären Feind gerichtet, vermummte Terroristen, großkalibrige Revolver im Gürtel, rot maskierte Henker mit erhobenem Beil, Geheimbündler in weißen Kapuzen, Netz und Dreizack schwingende Gladiatoren, dazwischen Cowboys, römische Legionäre und japanische Samurai, schwarzhäutige Krieger mit Nasenpflock und tomahawkschwingende Indianer mit zerzaustem Federschmuck. Die Nachricht vom Tod ihres Gebieters musste sich in der Festung wie ein Lauffeuer verbreitet haben. Überall im Saal rotteten sie sich zusammen, führten erregte Debatten. Ratlosigkeit sprach aus ihren Gesichtern, Unsicherheit und Misstrauen.
    Es dauerte nicht lange, da flackerte hier und da Streit auf, wurden Waffen gegeneinander gezückt. Sando entdeckte den Dämon im wabernden Rauch zwischen den Kronleuchtern. Mit wutverzerrtem Gesicht schwebte er über der Truppe, die er in Jahren harter Arbeit im Hades heimlich zusammengeschweißt hatte, und verfolgte ohnmächtig deren fortschreitende Auflösung. Ohne harte Führungshand tat bald ein jeder, was ihm gerade passte.
    Während sich die einen stritten und zu wütenden Schlägereien übergingen, eröffneten andere kurzerhand das Siegesmahl und schnitten sich mit einem Schwert Fleisch vom Spieß. Einige bedienten sich ausgiebig vom Wein, der in Schläuchen bereitlag. Zwei Cowboys gefiel es, Porzellanteller in die Luft zu werfen und mit dem Revolver danach zu schießen. Von Splittern Getroffene feuerten wütend zurück. Die Lage wurde unübersichtlich, irrational und gefährlich. Aus einem Winkel des Saales kam lachendes Hohngeschrei. Drei Kreuzfahrer machten sich einen Spaß daraus, Denise das Fliegen zu lehren: Sie warfen sie zu den Kronleuchtern empor und johlten, wenn sie, verzweifelt mit ihren Stummelflügeln zappelnd, zu Boden stürzte. Zornig kämpfte Sando gegen den Zangengriff seines Bewachers an, doch vergebens. Er kam nicht los, konnte dem kleinen Engel nicht helfen. Der Lärm schwoll an, wurde immer aggressiver. Die Raufereien weiteten sich aus, erfassten den ganzen Saal. Blut begann zu fließen. Auch jene, die eben noch genüsslich miteinander gespeist hatten, hieben nun fetttriefenden Mundes aufeinander ein. Die Schwerter sprühten Funken. Revolverschüsse krachten, schließlich ratterten Salven, Lichtblitze aus Lasergewehren zuckten. Spiegel zersprangen, Kronleuchter stürzten ab. Die Apokalypse hatte begonnen.
    Mit schreckgeweiteten Augen sah Sando Bäche von Blut über die scherbenübersäten Dielen fließen, während darüber im Höllenhimmel die Seelen Gefallener wirr durcheinanderwuselten.
    Ein zufälliger Schwerthieb zweier Streithähne traf Karim Bin Dschamal. Als der Chef der „Makala Press“ mit gespaltenem Schädel zu Boden sackte, schien endlich auch Sandos Aufseher das Bedürfnis zu verspüren, in Deckung zu gehen. Er hob den Jungen an und schleppte ihn mit sich. Doch er hatte zu lange gezögert. Sando spürte einen Schlag an seiner Schläfe. Ein Projektil hatte ihn gestreift und war dann dem Wachmann in die Brust gedrungen. Und während es warm über Sandos Wange rann, ließ allmählich der Druck der Eisenarme nach. Der massige Aufseher kippte vornüber, seinen schmächtigen Gefangenen unter sich begrabend.
    Sando japste nach Luft. Mit Mühen gelang es ihm, sich unter der Leiche hervorzuarbeiten. Geschosse, Glasscherben und Laserstrahlen pfiffen ihm um die Ohren. Er presste sich auf den Boden, hielt Ausschau nach einer

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