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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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Begegnung mit Maria. Vorfreude durchströmte ihn, prickelnd bis in die Haarwurzeln.
    Plötzlich spürte er einen derben Stoß in die Seite. Ein Uniformierter, der schweißgebadet einen überquellenden Seelensauger schleppte, schimpfte: „Müsst ihr hier im Weg herumstehen?!“
    Sando wollte ungehalten etwas erwidern, doch Djamila hielt ihn zurück.
    „Lass ihn! Er hat ja Recht.“
    Sie hakte ihn und Ben unter und sagte fröhlich: „Lasst uns einen ruhigeren Platz suchen!“
    Und sie gingen gemeinsam, gefolgt von Gregors Seele, hinaus, weg von dem grausigen Geschäft der Räumkommandos. Sie kamen an den Büros mit den großen Glasfenstern vorbei, auch hier maskierte Männer mit Schutzhandschuhen, die sich um die Opfer des Dämons bemühten.
    Erst in der verwaisten Kommandozentrale fanden sie Ruhe. Auf einigen der Monitore flimmerten rauchende Stadtsilhouetten. Andere waren blind. Sando zog es zu dem Tisch, an dem Maria gesessen hatte. Djamila und Ben gesellten sich zu ihm. Ihre Gesichter strahlten. Sie konnten die Augen nicht voneinander wenden, wirkten seltsam entrückt. Wie in einer anderen Welt. Sie schienen nicht mehr wahrzunehmen, was um sie herum geschah. Und Gregor schwebte über ihnen als ihr treuer Begleiter und wirkte ebenso fern.
    Was ist mit ihnen , fragte sich Sando verwundert. Er fühlte sich einsam in ihrer Gegenwart.
    „Djamila“, sagte er zaghaft.
    Sie horchte auf, unterbrach den Blickkontakt zu Ben, kam wie auf Besuch zurück in diese Welt.
    „Du suchst Maria, nicht wahr?“
    Ein heller Schein lag in ihren dunklen Augen. Der Widerschein des Glücks?
    „Ja. Bitte sag mir, wo sie ist.“
    Sie lächelte still vor sich hin. Hatte sie ihn gehört?
    Endlich sagte sie: „Ich weiß es nicht, Sando. Sie wollte hinaus aus der Festung. Nichts hat sie mehr hier halten können.“
    „Nichts?“, fragte Sando tonlos.
    Er krampfte die Finger um das Medaillon in seiner Hosentasche und nickte bitter enttäuscht.
    Nichts.
    Sie schwiegen gemeinsam. Worte wollten nicht kommen.
    Irgendwann nahm Ben die Hand Djamilas. Er tat es behutsam. Sando sah, wie sich ihre Blicke trafen, wie sie sich ineinander versenkten. Und je länger ihre stumme Zwiesprache dauerte, desto weicher wurden ihre Züge. Und auch Gregor, reglos zwischen ihnen schwebend, schien angesteckt von ihrem Frieden. Sein Körper irisierte zart, ein leichtes Schimmern, das von innen kam.
    Sando senkte den Blick. Er ertrug die Ruhe nicht, die über seine Gefährten gekommen war, während seine Brust zu zerspringen drohte vor Sehnsucht nach Maria.
    Nichts hatte sie mehr hier halten können. Nichts!
    Umständlich holte er das Bildnis der Madonna hervor, betrachtete es lange. Als er es nicht mehr aushielt, klappte er das Medaillon auf. Es gab ein leises Klicken.
    „Hat sie gesagt, wohin sie will?“
    Er flüsterte es fast.
    Djamila nahm sich Zeit mit der Antwort. Vielleicht war es auch der Schall, der so lange brauchte, hin zu ihr und von ihr zurück, denn ihre Erwiderung wehte aus weiter Ferne heran.
    „Nein … sie hat nichts gesagt … jedenfalls nichts Genaues …“
    Verwundert schaute Sando auf. Wie zuvor saß sie ihm gegenüber, Hand in Hand mit Ben. Und zwischen ihnen Gregors glimmende Seele.
    „Nichts Genaues?“, flüsterte Sando. „Was heißt das?“
    Jedes einzelne Wort Marias wollte er wissen, denn vielleicht enthielten sie einen kleinen Wink, einen versteckten Hinweis darauf, wo er sie würde finden können.
    Ungeduldig wartete er auf Djamilas Antwort. Aus welcher Ferne mochte sie diesmal erfolgen? Angestrengt lauschte er, damit ihm nichts entging. Doch Djamila und Ben regten sich nicht, als hätte seine Frage sie noch nicht erreicht. Stattdessen liefen der Seele Gregors die Augen über. Und ehe sich Sando fragen konnte, was sie so aus der Fassung brachte, erkannte er es selbst: Aus den reglosen Körpern Djamilas und Bens wuchsen irisierende, durchscheinende Wesen, deren zarter Schimmer rasch zu einem Strahlen wurde. Leicht und beschwingt stiegen sie auf, einander umkreisend, als tanzten sie einen Reigen. Und plötzlich begann auch Gregor, von innen zu leuchten. Freudig nahmen sie ihn auf in ihren Kreis. Sando sah, dass sie miteinander lachten. Noch aber drang kein Laut an sein Ohr. Doch allein schon dieses Bild, der unbeschwerte Reigen, die Anmut ihres Tanzes, fesselte seinen Blick. Und endlich wehten auch ihre Stimmen heran, ein silberhelles Wispern von solcher Heiterkeit, dass es Sando leichter ums Herz wurde. Und er verstand, dass

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