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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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ersten Mal erschien ein kleines Lächeln auf dem Gesicht Vitellis. „Du kennst sie? Da fällt mir ein, ich soll Grüße von ihm ausrichten.“
    „Von Massef?“, rief Ben. „Wie geht es ihm? Hat er den Anschlag beim Presseball gut überstanden?“
    „Noch muss er das Bett hüten, aber er ist außer Gefahr. Wir arbeiten zusammen an dieser Dokumentation.“
    „Da haben sich ja die Richtigen gefunden …“, freute sich Ben. „Wann soll denn das Werk erscheinen?“
    „So bald wie möglich. Die Druckerei der ,Makala Press‘ soll sogar noch funktionieren. Leider wird es schwer, das nötige Papier aufzutreiben.“ Er schaute ein wenig gequält drein.
    „Ja, so weit ist es mit Katharsia gekommen …“
    Er richtete die Kamera auf Sando und Ben, ließ es einige Male blitzen. Dann hatte er es plötzlich eilig.
    „Ich muss weiter, ehe die Räumkolonnen hier alle Spuren beseitigt haben!“
    „Tun Sie Ihr Bestes! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben“, verabschiedete ihn Ben – und Sando fügte hinzu: „Vielleicht treffen wir uns mal wieder?“
    „Ganz bestimmt“, rief Vitelli im Davongehen. „Ihr seid schließlich die wichtigsten Zeugen. Ich melde mich!“
    Er eilte zur Stirnseite des Saales, wo letzte Rauschwaden des abgebrannten Scheiterhaufens aufstiegen. Männer in Schutzkleidung legten eben Hand an den Drehspieß mit den verkohlten Überresten Doktor Fasins.
    „Ich muss dann wieder, meine Truppe braucht mich.“ Auch Achmed verabschiedete sich nun. Er versprach, jemanden zu schicken, der sich um Gregors sterbliche Hülle kümmerte.
    Kaum aufgestanden, traten Kämpfer an ihn heran, die salutierend Meldung machten. Sie hatten offenbar nur darauf gewartet, dass sich ihr Chef aus der Trauerrunde löste. Der General nahm Informationen entgegen, erteilte Befehle. Um ihn bildete sich ein Pulk, der mal anwuchs und mal schrumpfte, wobei er sich allmählich von Sando und Ben entfernte.
    Die beiden beobachteten stumm dieses Treiben, um dann, wie auf ein geheimes Zeichen hin, einander in die Augen zu sehen. Ohne ein Wort zu sagen, wussten sie, dass sie der gleiche Gedanke bewegte. Wo waren Maria und Djamila? Die Tatsache, dass sie bisher nicht aufgetaucht waren, machte ihnen Sorgen.
    „Lass uns nach ihnen suchen, Ben“, sagte Sando und wandte sich entschlossen zum Saalausgang.
    Ben folgte ihm auf dem Fuße. Sie überholten Kämpfer der Gefahrenabwehr, die aufgesammelte Waffen hinausschleppten, wichen Entgegenkommenden aus, Männer mit Gummihandschuhen und Mundschutz, die gekommen waren, die Leichen wegzuschaffen. Sando hastete voran, von Unruhe getrieben. So viele Menschen gingen hier bereits ein und aus. Warum hatte sich Maria noch nicht blicken lassen? Er hielt Ausschau nach dem leuchtenden Weiß des Kleides, das sie getragen hatte. Er war so fixiert darauf, dass er das freundliche Grün übersah, das ihm entgegenkam.
    „Sando?“, sprach ihn eine Frauenstimme an. „Du lebst!“
    Vor ihm stand Djamila.
    Dem Jungen blieb vor Überraschung die Luft weg.
    „Ja“, krächzte er nur.
    „Was ist mit Ben?“, fragte sie, erschrocken auf Sandos blutverkrustetes Äußeres schauend.
    Sando drehte sich wortlos nach seinem Gefährten um, hörte den Aufschrei Djamilas, sah, wie sich die beiden in die Arme flogen.
    „Ben, ich hatte solche Angst um dich!“ Djamilas Stimme bebte. „Es hieß, dass niemand im Saal überlebt hätte …“
    Sie schluchzte und lachte gleichzeitig.
    „Entschuldige, Djamila“, murmelte Ben betroffen. „Ich hätte eher nach dir suchen sollen.“
    „Aber Ben“, wehrte sie ab, „du kannst doch nichts dafür, wenn sie solche Gerüchte in die Welt setzen.“
    Langsam gewann sie ihre Fassung wieder. In ihren Augen blitzte bereits der Schalk, als sie sagte: „Da hab ich dich also wieder, mein kleiner Spielgefährte von einst.“
    Verschmitzt zog sie ihn am Ohr, kniff ihn in die Wangen. Ben, nun ganz der Lausbub, der er gewesen war, lachte vergnügt, umtanzte Djamila übermütig. Er bemerkte nicht die verständnislosen und teils vorwurfsvollen Blicke derer, die vorbeikamen, Waffenbündel oder gefüllte Leichensäcke schleppend. Er hatte nur Augen für sie, Djamila, und sie war ganz bei ihm und teilte seine Freude. Und auf einmal, als käme sie aus dem Nichts, war auch Gregors Seele zur Stelle. Sie umschwirrte die beiden, als wäre sie betört von deren Glück. Und auch Sando war aufgewühlt, fühlte mit ihnen. Ihre Wiedersehensfreude war für ihn wie eine Verheißung auf seine

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