Katharsia (German Edition)
ist in der Tat merkwürdig. Die Namen der heldenhaften Toten tauchen nirgendwo in der Presse auf“, bemerkte Denise.
„Also was ist, habt ihr irgendwelche Hinweise auf die Identität der beiden?“
Denise schüttelte den Kopf. „Sie sahen völlig gleich aus.“
„Doch, da war etwas“, erinnerte sich Sando. „Sie hatten Zahlen auf den Helmen. Der eine die Fünf und der andere die Neunzehn.“
„Na bitte, das könnte ein Ansatzpunkt sein!“, sagte Ben Hakim zufrieden und notierte sich die Zahlen auf einem Zettel, indem er lächelnd kommentierte: „Ich kann mir nichts mehr merken. Vor allem Zahlen nicht …“
Nachdem er seine Notiz beendet hatte, fragte er: „Haben die KORE-Leute gesagt, wohin sie euch bringen wollen?“
„Nicht direkt, aber dem Autopiloten haben sie ,Festung Makala‘ befohlen“, sagte Sando.
„Festung Makala?“
„Ja, sie haben es immer wieder gerufen, weil das Navigationssystem nicht ansprang.“
„Kennst du eine Festung Makala, Denise?“
Der kleine Engel verneinte.
„Merkwürdig!“, brummte der Alte und während er „Festung Makala“ auf den Merkzettel kritzelte, eröffnete er Denise und Sando: „Ich habe etwas erfahren, das mir große Sorgen bereitet.“
Er strich mit dem Mittelfinger über seine rechte Augenbraue, wobei er seine Stirn kraus zog, eine Geste des Nachdenkens, die Sando immer wieder bei dem Alten beobachtete.
„Was ist es denn?“, drängte Denise. „Spann uns doch nicht so auf die Folter, Ben!“
„Nun, es gibt Hinweise darauf, dass eine geheime Organisation hinter allem steckt. Deren Mitglieder bezeichnen sich als ,Seelenretter‘. Sorge macht mir, dass es sich dabei nicht um den Zusammenschluss kleiner, krimineller Retaminschmuggler handeln soll, sondern um ein weit verbreitetes Netz, dessen Fäden hochrangige Persönlichkeiten ziehen.“
Denise schob nervös die Zeitungen auseinander, die der Alte eben erst sorgfältig zusammengelegt hatte. „Das würde so manches erklären: die Angst meines Chefs, der mich lieber fallen lässt, als sich um Aufklärung zu bemühen, den Mord an Stadlmeyr, der das Retamin für eine Monsterechse nie allein hätte beschaffen können, den Versuch des KORE, uns alles in die Schuhe zu schieben, und nicht zuletzt die einhellige Vorverurteilung durch die Journaille.“ Verächtlich schob sie die Zeitungen von sich.
Ben Hakim seufzte.
„Jeder, den ich in meine Nachforschungen einbeziehe, kann in euren Fall verwickelt sein. Offen gestanden, ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, euch bei mir im Haus zu haben. Spricht sich erst einmal herum, dass da jemand unbequeme Fragen stellt, kann es gefährlich für euch werden.“
„Und wo sollen wir hin?“, fragte Denise ratlos. „Wir existieren doch gar nicht mehr?“
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Ihr braucht eine neue Identität. Ich werde versuchen, neue Pässe für euch zu bekommen. Aber es wird schwierig …“
Sie schwiegen betreten.
„Seelenretter?“, fragte Sando schließlich. „Warum nennen sie sich Seelenretter?“
„Angeblich wollen sie, dass jede Seele ohne Vorbedingungen in Katharsia aufgenommen wird.“
„Was ist daran schlecht?“, wollte Sando wissen. „Das klingt doch human.“
„Es würde das Prinzip, dass die Opfer über die Aufnahme entscheiden, außer Kraft setzen. Ein Prinzip, mit dem Katharsia bisher sehr gut gefahren ist.“
Denise hatte Sando bereits von diesem Prinzip erzählt und es hatte ihn beeindruckt, doch jetzt kamen ihm leise Zweifel. „Aber Opfer sinnen doch meist auf Rache …“, sagte er. „Sie entscheiden bestimmt nicht immer gerecht.“
„Du stellst kluge Fragen, Junge.“ Ben Hakim strich sich wieder mit dem Mittelfinger über die rechte Augenbraue, wobei seine Hand zitterte. „Wer vermag bei einer Strafe schon genau zu unterscheiden, wo die Gerechtigkeit aufhört und die Rache beginnt. Du solltest der Einwanderungskommission aber zugute halten, dass alles öffentlich geschieht. Jeder kann unseren Entscheidungen widersprechen. Übrigens halte ich auch eine Diskussion darüber für möglich, ob das strenge Einbürgerungsverfahren noch zeitgemäß ist, wenn sie denn öffentlich geführt wird. Diese Geheimorganisation aber scheint ihr Süppchen im Dunkeln zu kochen, Sando. Sie nimmt, wie wir gesehen haben, Morde in Kauf. Kann ich da an edle Ziele glauben?“
„Was geschieht denn mit den Seelen, die Katharsia nicht aufnehmen will?“
„Sie kommen in ein Gefängnis, das wir ,Hades‘ nennen. Der Hades
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